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Polnische Ärzte in Radebeul

Die Mediziner aus dem Nachbarland lernen bei Eingriffen in der Gefäßchirurgie.

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© Norbert Millauer

Von Nina Schirmer

Radebeul. Der Patient liegt schon vorbereitet auf dem Tisch. Im Nebenzimmer hinter der Glasscheibe wirft sich Dr. Torsten Fuß noch eine Röntgenschürze um. Sie soll den Chefarzt der Klinik für Innere Medizin vor der Strahlung schützen. Auch ein spezielles Halstuch gehört dazu. Zum Schutz der Schilddrüse. Vier Männer und eine Frau tun es ihm gleich. Zu sechst betreten sie den Behandlungsraum. Fuß redet mit dem Patienten, der zwar örtlich betäubt, aber ansprechbar ist. Dann nimmt er seine Instrumente in die Hand. Die anderen schauen ihm über die Schulter.

Die Szene hat etwas von Uniklinik. Erinnert an Studenten, die dem erfahrenen Arzt bei der Arbeit zu sehen, um zu lernen. Doch die Zuschauer sind keine Berufsanfänger, sondern gestandene Ärzte. Lernen wollen sie trotzdem. Die Mediziner kommen aus Polen, unter anderem aus Krakau. In der Radebeuler Klinik wollen sie sehen, welche Techniken in der Gefäßchirurgie hier angewendet werden.

Der Patient leidet an der sogenannten Schaufensterkrankheit, welche bedingt wird durch einen Verschluss in der Oberschenkelschlagader. Das führt zu einem Durchblutungsmangel im Unterschenkel. Wenn der Patient das Bein stärker belastet, bekommt er Schmerzen, die ihm zum Stehenbleiben zwingen. Viele Betroffene tun das vor Schaufenstern, damit ihr Leiden nicht auffällt.

Seinen Kollegen aus Polen zeigt Chefarzt Fuß, wie die verschlossene Oberschenkelschlagader mithilfe der sogenannten Cross-Over-Methode wieder freigemacht werden kann. Zu deutsch bedeutet das, dass die Leiste des gegenüberliegenden Beines punktiert wird und man eine Sonde über die Gefäßkreuzung im Bereich der Hauptschlagader auf die Gegenseite einführt. Anschließend passiert der Arzt den Verschluss mit einem feinen Draht und einem Führungskatheter. Danach wird der Verschluss mit einem Ballonkatheter erweitert. Zum Schluss implantiert Fuß noch sogenannte Stents – Gefäßstützen – um den Verschluss dauerhaft offenzuhalten.

Die Mediziner aus Polen lernen während ihrer Hospitation in Radebeul neue Methoden, um Patienten mit dieser Erkrankung besser behandeln zu können. Es gehe darum, den Kollegen verschiedene Techniken zu zeigen, sagt Fuß. Der Chefarzt ist im Mai letzten Jahres ans Radebeuler Krankenhaus gewechselt. Seitdem seien viele Eingriffe erfolgreich durchgeführt worden, sagt er. Das Wissen soll jetzt an andere Mediziner weitergegeben werden. Auch aus Litauen waren schon Kollegen da und aus anderen deutschen Kliniken.

Ob die Elblandkliniken so auch versuchen, Ärzte abzuwerben und für sich zu gewinnen? Nein, sagt Mediziner Fuß. Es gehe allein um den Wissenstransfer. Das Niveau, mit dem in Radebeul gearbeitet wird, solle auch anderen zugute kommen.

Neben Erkrankungen der Arterien werden im Gefäßzentrum der Elblandkliniken auch Behandlungen im Bereich der Venen- und Lymphgefäße und der großen Bauchschlagader durchgeführt sowie auch gefäßverschließende Maßnahmen bei Blutungen oder der Behandlung gut- und bösartiger Tumoren.

Das Einzugsgebiet der Elblandkliniken ist sehr groß, sagt Fuß. Der überwiegende Anteil der Patienten leide unter der sogenannten arteriellen Verschlusskrankheit, ein Teil davon unter der bereits genannten Schaufensterkrankheit. Oft seien die Durchblutungsstörungen derart kritisch, dass das ganze Bein in Gefahr ist und die Ärzte gefragt sind, um die Gliedmaße überhaupt noch zu retten.

„Mit den neuen Methoden ist es möglich, den Patienten in den allermeisten Fällen sehr gut zu helfen und dies mit einer minimalinvasiven Methode, die den Patienten wenig belastet“, sagt Fuß. Insbesondere bei den hochbetagten Patienten biete das einen großen Vorteil im Vergleich zur offenen chirurgischen Behandlung .