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Polizist schießt aus Notwehr

Die Ermittlungen zum Tod eines 23-Jährigen in Eckartsberg sind abgeschlossen. Die Ergebnisse entlasten die Beamten.

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© Danilo Dittrich

Von Jan Lange

Haben die Polizisten aus Notwehr geschossen oder nicht? Diese Frage schwebte seit dem tödlichen Polizeieinsatz in Eckartsberg am 3. August dieses Jahres über den Ermittlungen. Nun hat die Staatsanwaltschaft Görlitz die Untersuchungen abgeschlossen und kommt zu einem klaren Ergebnis: Der Beamte, der die tödlichen Schüsse auf den 23-Jährigen abgegeben hatte, handelte in Notwehr. Das gegen den Polizisten eingeleitete Verfahren wegen Körperverletzung mit Todesfolge ist deshalb eingestellt worden, wie Till Neumann, Sprecher der Görlitzer Staatsanwaltschaft, erklärt.

Mit einem Fleischermesser, das eine Klingenlänge von 21,5 Zentimetern hatte, griff der junge Mann die Polizisten im Eingangsbereich zum Wohnzimmer an. Er irgnorierte sowohl die Warnrufe als auch das Ziehen der Waffe. Einer der Polizisten gab dann aus reichlich zwei Metern Entfernung insgesamt drei Schüsse auf den 23-Jährigen ab, die ihn tödlich verletzten. Der junge Mann hatte sich in diesem Moment bereits dem zweiten Beamten bis auf weniger als einen Meter genähert. Es habe sich um einen unmittelbaren Angriff auf Leben und Gesundheit der Polizisten gehandelt.

Um die Gefahr, die von dem jungen Mann ausging, zu bannen und den Angriff endgültig zu beenden, ist der Einsatz der Schusswaffe gerechtfertigt gewesen, so die abschließende Einschätzung der Staatsanwaltschaft. Auch wegen der Art des Angriffs, der Verfassung des Angreifers und aufgrund des nur wenige Sekunden langen Zeitfensters sei es laut Staatsanwaltschaft verhältnismäßig und geboten gewesen, die Schusswaffe einzusetzen.

Dass der Beamte auf den Oberkörper gezielt habe, sei aufgrund der geringen Entfernung zum Angreifer gerechtfertigt gewesen, teilen Staatsanwaltschaft und Polizei in ihrer gemeinsamen Abschlusspresseinformation mit. Es seien auch mehrere Schüsse erforderlich gewesen, um den Angriff des jungen Mannes abzuwehren.

Nach dem tödlichen Einsatz ist darüber spekuliert worden, dass der 23-Jährige womöglich unter Drogen gestanden hat. Anlass dafür sind Videos im Internet gewesen, die den jungen Eckartsberger beim Drogenkonsum zeigen. Die Vermutung, dass er auch am 3. August Drogen genommen hatte, bestätigten sich aber nicht, so die Staatsanwaltschaft.

Die toxikologische Untersuchung habe aber ergeben, dass der 23-Jährige etwas Alkohol getrunken hatte. Außerdem sei er psychisch krank gewesen, so Oberstaatsanwalt Sebastian Matthieu. Das sei aus entsprechenden Patientenunterlagen ersichtlich gewesen.

Um die Ermittlungen abschließen zu können, haben zuletzt noch die Gutachten der Ballistik und Kriminalbiologie gefehlt. Sie sind wichtig gewesen, um die Aussagen der Polizeibeamten auf ihre Plausibilität hin überprüfen zu können. Nach Feststellung der Sachverständigen sind die Darstellungen der Polizisten zum Tatverlauf glaubwürdig. Dass sich, wie zwischenzeitlich Medien berichtet hatten, die Aussagen der Familienangehörigen und der Polizisten widersprochen haben, bestätigt Matthieu nicht.

Auslöser für den Polizeieinsatz ist der Notruf der Mutter des Getöteten gewesen. Sie war von ihrem Sohn tätlich angegriffen und mit dem Tode bedroht worden. Die Mutter flüchtete in das benachbarte Wohnhaus ihrer Eltern und rief von dort die Polizei. Als die vier am Einsatz beteiligten Polizisten am Ort des Geschehens eintrafen, habe sie die Mutter empfangen und ihnen den Schlüssel zum Haus gegeben, beschreibt Matthieu den Verlauf vor den Todesschüssen. Die Mutter selbst sei nur Ohren- keine Augenzeugin des Angriffs ihres Sohnes auf die Polizisten gewesen.

Auch gegen den 23-Jährigen ermittelte die Staatsanwaltschaft – wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte sowie wegen Körperverletzung und Bedrohung der Mutter. Diese Ermittlungsverfahren wurden aber schon kurz nach der Tat eingestellt, da der Beschuldigte verstorben sei.