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Polizei verhindert Nazi-Aufmarsch

Nach einer angeblichen Schlägerei wird auf Facebook offenbar zur Gewalt gegen Asylbewerber in Zeithain aufgerufen.

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© Sebastian Schultz

Von Stefan Lehmann

Im Internet ist an diesem Wochenende zum spontanen Aufmarsch gegen die in Zeithain untergebrachten Asylbewerber aufgerufen worden. Anlass war ein Bericht im sozialen Netzwerk Facebook über einen Streit zwischen Anwohnern und Asylbewerbern. In der Gruppe „Stahlwerker-Jungs“ berichtete ein Nutzer, einer seiner Freunde sei von den „neuen Nachbarn“ aus dem Asylbewerberheim zusammengeschlagen worden. Der Mann rief aus diesem Grund in der Gruppe zu einem Treffen auf dem Netto-Parkplatz am Nikopol auf. „Kommt und steht uns zur Seite“, heißt es dort, und „Rafft euch auf, wenn ihr ’nen Arsch in der Hose habt.“ Was genau am Treffpunkt geplant war, das blieb in dem Aufruf unklar. Das Facebook-Profil des Initiators und Aussagen wie „Wir haben die Schnauze voll von den Niggern“ in seinem Aufruf deuten zumindest eine Nähe zum rechtsextremen Milieu an.

Platzverweis am Bahnhof

Die Polizeidirektion Dresden bestätigte gestern auf Anfrage der Sächsischen Zeitung, dass es am Freitagabend eine Auseinandersetzung gegeben hatte. Von einer Schlägerei ist in dem Bericht allerdings nicht die Rede. Polizeisprecher Wolfgang Kießling spricht von einer „nicht mehr genau nachvollziehbaren Konfliktsituation.“ Demnach gerieten mehrere Besucher eines Sportlerheims auf dem Heimweg mit einer anderen Gruppe aneinander. „Nach dem Eintreffen der Polizei wurde sieben Ausländern im Bereich des Bahnhofes ein Platzverweis erteilt“, sagt Polizeisprecher Kießling. Hintergrund für den Platzverweis sei, dass die Gruppe alkoholisiert gewesen sei. Eine Straftat habe aber nicht vorgelegen. Die Nationalität der sieben Männer sei noch nicht eindeutig bestimmt.

Was genau zwischen den beiden Gruppen vorgefallen war, konnten die Beamten also nicht nachvollziehen. Sie vermuten eine rein verbale Auseinandersetzung. Eine Anzeige hätten die Besucher des Sportlerheims jedenfalls nicht gestellt, betont Wolfgang Kießling. Auch von Verletzungen ist seitens der Polizei keine Rede. Ein Geschädigter sei nicht auszumachen gewesen, auf keiner der beiden Seiten. „Hätten die Beamten Verletzungen bemerkt, würde jetzt auch ermittelt werden“, betonte ein Sprecher der Polizeidirektion.

Was den Riesaer allerdings nicht davon abhielt, am Samstag den eingangs erwähnten Aufruf auf Facebook zu veröffentlichen. Tatsächlich trafen sich am frühen Nachmittag zwei Männer, die zumindest optisch der rechten Szene zuzuordnen waren, am vereinbarten Treffpunkt – und wurden bereits von der Polizei begrüßt. Die Beamten nahmen die Personalien der beiden auf. Weitere Demonstranten stellten sie nicht mehr fest – möglicherweise hatte die Polizeipräsenz vor Ort sie bereits abgeschreckt. „Wir nehmen solche Hinweise aus den Sozialen Netzwerken jedenfalls sehr ernst“, sagte Riesas Polizeichef Hermann Braunger.

Hänsel warnt vor Selbstjustiz

Zeithains Bürgermeister Ralf Hänsel reagierte erleichtert, dass dem Facebook-Aufruf offenbar nur eine kleine Minderheit gefolgt war. Er warnte davor, zu verallgemeinern und alle Asylbewerber für das Fehlverhalten Einzelner in Gruppenhaft zu nehmen. „Ich kenne nicht alle Details des Falls.“ Deshalb könne er auch nicht beurteilen, was am Freitagabend vorgefallen ist, sagte der Bürgermeister. „Aber die Antwort auf eine Provokation kann nicht Selbstjustiz sein.“