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Polizei stoppt Bus 308

Seit Jahren kämpfen Eltern um größere Busse für den Schülerverkehr nach Radeburg. Nun holten sie sich Hilfe.

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© Thorsten Eckert

Von Nadine Steinmann

Der Busfahrer schlägt vor Entsetzen die Arme über dem Kopf zusammen, als ihn drei Polizeibeamte am Dienstagmorgen um 7.21 Uhr in Radeburg aus dem Verkehr ziehen. „Ich muss doch nur noch bis da vor. Dann steigen alle aus“, erklärt er den Ordnungshütern. Wahrscheinlich ahnt er bereits, worum es den Beamten bei der Kontrolle geht: Um die Anzahl der Mitfahrenden. Denn oftmals ist die Linie 308, die von Radeberg über die Stadt Dresden nach Ottendorf-Okrilla und bis hin nach Radeburg führt, vor allem in den Morgenstunden völlig überfüllt. Denn dann fahren zahlreiche Ober- und Grundschüler nach Radeburg, um die dortigen Schulen zu besuchen.

Die Verkehrspolizei kontrollierte auf Bitten der Elternvertreter der Radeburger Schulen am Dienstagmorgen den Bus der Linie 308.
Die Verkehrspolizei kontrollierte auf Bitten der Elternvertreter der Radeburger Schulen am Dienstagmorgen den Bus der Linie 308. © Thorsten Eckert
An der Haltestelle „Tankstelle“ zogen die Beamten den Busfahrer aus dem Verkehr. Auch er hat gegenüber der Busgesellschaft schon oft signalisiert, dass die Linie überfüllt ist.
An der Haltestelle „Tankstelle“ zogen die Beamten den Busfahrer aus dem Verkehr. Auch er hat gegenüber der Busgesellschaft schon oft signalisiert, dass die Linie überfüllt ist. © Thorsten Eckert

Seit rund zwei Jahren kämpfen Elternvertreter deswegen dafür, dass gerade zu den Spitzenzeiten wie am Morgen oder am Nachmittag nach der Schule größere Busse für die Beförderung der Schüler eingesetzt werden. Bislang immer ohne Erfolg. Einen Höhepunkt erreichte die Diskussion um die Linie 308, als der Bus im vergangenen Sommer so voll war, dass im Radeburger Ortsteil Großdittmannsdorf Grundschüler stehengelassen werden mussten. Geändert hat sich seitdem trotzdem nichts. Es fahren weiterhin die kleineren und keine großen Gelenkbusse, wie von den Eltern gefordert.

Keine Möglichkeit zum Festhalten

Nun wussten sich die und auch die Direktoren der Grund- und Oberschule nicht anders zu helfen und kontaktierten die Verkehrspolizei. „Der Bus ist mehrfach überfüllt und die Kinder stehen bis zum Busfahrer im Einstiegsbereich. Ein Festhalten ist dort nicht möglich“, schilderte Jens Purschwitz, der Mitglied im Elternrat der Oberschule „Heinrich Zille“ ist, in einem Brief an die Polizeibeamten. Der Ottendorfer, der gemeinsam mit seiner Familie im Ortsteil Medingen lebt, hat selbst einen Sohn, der die Oberschule in Radeburg besucht. Regelmäßig berichtet auch er zu Hause von dem vollen Bus.

Und auch an jenem Dienstagmorgen, als die Polizei auf Bitten der Elternvertreter um Jens Purschwitz, den Bus kontrolliert, ist dieser rappelvoll. Kein Wunder also, dass der Fahrer über die Kontrolle entsetzt ist. Gunter Rodig lässt sich zunächst die Papiere des Mannes zeigen, bittet anschließend alle Schüler, die stehen, auszusteigen, um sie zählen zu können. Während der Busfahrer ängstlich im Gesicht wirkt, sind die Schüler eher überrascht und perplex. Spekulieren schon darauf, dass sie die Mathestunde am Morgen verpassen. Doch da haben sie sich zu früh gefreut. Denn innerhalb weniger Minuten sind alle durchgezählt. „47 haben gesessen, 28 gestanden“, resümiert Gunter Rodig. Grundsätzlich bietet der Bus Platz für 100 Personen. Dabei wird von 50 Sitz- und 50 Stehplätzen ausgegangen. Die Linie 308 war an diesem Morgen also nicht überfüllt. „Leider fehlten heute die Schüler aus zwei Klassen wegen eines Projekttages“, erklärt Elternvertreter Jens Purschwitz. Wären aber alle Schüler wie gewohnt mitgefahren, wäre der Bus tatsächlich viel zu voll gewesen. Hinzu kommt, dass die Schüler bereits an diesem Dienstagmorgen eng gedrängt aneinander standen, denn viele haben neben ihrem Schulranzen auch noch die Sporttasche umgeschnallt. Mit all dem Gepäck würden so oder so keine 100 Personen in dem Bus Platz finden.

Auch dem RVD ist das Problem bekannt

Mittlerweile hat sich die Angst des Busfahrers in leichte Wut verwandelt. Schon mehrmals habe er beim Regionalverkehr Dresden (RVD), der die Busse zur Verfügung stellt, signalisiert, dass die Linie regelmäßig überfüllt ist. Doch niemand reagiere. „Und am Ende sind wir die Deppen“, ärgert sich der Fahrer, der nach der Kontrolle aber unbesorgt weiterfahren kann.

Doch ist der RVD überhaupt berechtigt, an der Situation um die Buslinie 308 etwas zu ändern? Nein! Denn grundsätzlich sind es die Landkreise, die den Bus bezahlen und die Busgesellschaften, in diesem Fall den RVD, mit der jeweiligen Leistung beauftragen. Bei der Buslinie 308 treffen allerdings gleich drei Beteiligte aufeinander: Die Landeshauptstadt Dresden, der Landkreis Meißen und der Landkreis Bautzen. Denn der Bus fährt durch alle drei Gebiete. „Wenn der Landkreis Meißen uns signalisiert, dass Hilfe nötig ist, werden wir uns mit den Verantwortlichen aus Meißen zusammensetzen“, erklärte Frances Scholz, Sprecherin des Landratsamtes Bautzen bereits im Januar auf Nachfrage der Sächsischen Zeitung. Der Landkreis Meißen sieht dagegen aber keinen Handlungsbedarf, da nach Aussagen von Sprecherin Kerstin Thöns keine Überfüllung des Busses vorhanden ist.

Diese Argumentation wurde am Dienstagmorgen auch durch die Kontrolle der Verkehrspolizei bestätigt. Mit 75 Mitfahrenden war der Bus zwar gut gefüllt, aber eben nicht überfüllt. Doch Jens Purschwitz und seine Mitstreiter wollen nicht aufgeben und hoffen auf weitere Kontrollen durch die Polizei. Schließlich gehe es um die Sicherheit der Kinder und Jugendlichen.