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Politiker versprechen Hilfe gegen Bahnlärm

Landtagspräsident Rößler will eine Petition einbringen. Auch andere Kollegen springen aufden Lärmzug auf.

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Von Torsten Oelsner

Coswigs erste Demo seit den wilden Wendezeiten 1989 ist Geschichte. Rund 1.000 Demonstranten folgten dem Aufruf der Bürgerinitiative gegen den Bahnlärm im Elbtal und kamen gestern Abend 18 Uhr an den abgeholzten Bahndamm in Coswig.

Und auch die Landespolitik springt offenbar immer mehr auf den fahrenden Zug Kampf gegen den Bahnlärm auf. Denn als prominente Sprecher angekündigt waren vorher nur Grünen-Fraktionschefin Antje Hermenau und Landtagspräsident Matthias Rößler (CDU). Gestern standen jedoch plötzlich neben der Rednertribüne auch Landes-SPD-Chef Martin Dulig, der in Moritzburg wohnt, und CDU-Kreisgeschäftsführer und früherer Justizminister Geert Mackenroth (CDU). Die Organsisatoren hatten die Politiker vorab darauf eingestimmt, dass sie sich kurz fassen sollen und maximal fünf Minuten Redezeit bekommen. Und daran hielten sich alle, sprachen frei und locker, was der ganzen Veranstaltung eine erfrischende Note gab.

„Ich kenne keine Parteien mehr, sondern nur noch Bahnlärmgegner“, hätte als Überschrift über Mathias Rößlers Rede stehen können. Ohne lange drumherum zu reden, bot der nach dem Ministerpräsidenten immerhin zweitmächtigste Mann im Freistaat an, unverzüglich eine Petition in den Landtag einzubringen, um die Dinge am Bahndamm anzugehen. Rößlers Rede, die oft von Applaus unterbrochen wurde, kam nicht nur wegen ihrer direkten und volksnahen Art an, sondern weil der Landtagspräsident in Cossebaude wohnt und selbst Betroffener ist.

„Alle Züge, die durch Coswig rollen, sind vorher durch Cossebaude gefahren“, so Rößler. Er wisse, wovon er rede. Immerhin habe er fünf Jahre im Kombinat Lokomotivbau Hennigsdorf als Entwicklungsingenieur gearbeitet. Der Lärm steige bei Rädern mit einer Unwucht exponentiell zu den gefahrenen Geschwindigkeiten an. Auch die Grünen-Politikerin Antje Hermenau erreichte die Herzen der Zuhörer. Der Bahnlärm verursache seelische Schäden, weil die Menschen nicht mehr in den Tiefschlaf fänden. Deshalb könne es sein, dass in den Familien mehr gestritten werde, sagte Hermenau, was bei manchen Zuhörern für ein Lächeln sorgte.

Grüne fordern: Tempo runter

Applaus bekam sie jedoch für solche Sätze: Die Bahn sei immerhin kein Privatunternehmen und man dürfe sie hier nicht aus der Pflicht lassen. Auch nicht bei dem Hinweis, die lauten Züge stammten aus dem Ausland.

Oft seien das gerade ältere Waggons, die die Deutsche Bahn verleast oder verkauft habe. Die Umrüstung auf leisere Räder dauere sechs bis acht Jahre. So lange könnten die Menschen aber nicht warten. Wie bei einer schadhaften Asphaltstraße müsse daher auch für die Bahn gelten: Tempo 30.SPD-Chef Dulig traf den Nerv der Zuhörer eher nicht, als er nach Art eines Debattenredners forderte, die Coswiger sollten rot-grüne Initiativen im Bundestag unterstützen, die sich mit dieser Problematik beschäftigen.

Beifall erhielt jedoch sein Satz: „Nehmen Sie uns Politiker beim Wort und in die Pflicht.“

Geert Mackenroth bestellte Grüße vom Bundestagsabgeordneten Thomas de Maizière. Gemeinsam mit Coswigs Oberbürgermeister Frank Neupold habe man sich am Wochenende einen Eindruck von den Verhältnissen am Bahndamm verschafft. De Maizière habe bereits „zarte Bande“ zu Bahnchef Grube in dieser Sache geknüpft, verriet Mackenroth.

Zum Abschluss der Aktion machten die Teilnehmer, aufgefordert von Moderator Andre Hart, einmal so viel Lärm wie ein Güterzug und schafften mühelos 100 Dezibel.