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Polditzer Störche auf Hiddensee

Der Nachwuchs im Horst ist beringt. Diesmal lief das für Kai Schaarschmidt, den Beringer, überraschend schmutzig ab.

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© André Braun

Von Heike Heisig

Leisnig/Polditz. Seit in Polditz Storchenpaare ihren Nachwuchs aufziehen, kommt Kai Schaarschmidt aus Claußnitz bei Mittweida zum Beringen der Jungvögel in den kleinen Ort. Das spricht sich schnell herum. Kinder wie Erwachsene schwingen sich auf Fahrräder, die Nachbarn wuseln in den Gärten und suchen sich einen guten Standort, um das kleine Spektakel zu verfolgen. So ist es auch diesmal wieder, als der 44-Jährige nach Feierabend in Polditz sein Ehrenamt erledigt. Tagsüber ist Schaarschmidt als Zimmermann unterwegs, seinen Einsatz für den Naturschutz sieht er schon als sein Hobby – das einzige, denn auch für die Familie möchte der Handwerker noch Zeit haben. Doch manchmal lässt sich beides auch verbinden. So bringt er Sohn und Tochter zu Beringung nach Polditz mit. Die beiden sind gespannt, was sich gleich da oben im Horst abspielt.

So sehen die Ringe aus, die die Beringungszentrale Hiddensee in diesem Jahr an die ehrenamtlichen Helfer verschickt hat.
So sehen die Ringe aus, die die Beringungszentrale Hiddensee in diesem Jahr an die ehrenamtlichen Helfer verschickt hat. © André Braun
Mit einer speziellen Zange wird der Metallring am schon kräftigen Bein des jungen Storches angebracht.
Mit einer speziellen Zange wird der Metallring am schon kräftigen Bein des jungen Storches angebracht. © André Braun

Doch davon bekommt der Zuschauer am Boden wenig mit. Den besten Blick hat Stadtwehrleiter Bernd Starke. Er steuert den Drehleiterkorb der Feuerwehr, in dem Kai Schaarschmidt und DA-Fotograf André Braun zum Nest der Störche hinaufgelassen werden. Zwei Junge sollen sich darin befinden. Naturschutzbeauftragter Siegfried Reimer hat sie bereits beobachtet. Einer der beiden Altstörche kommt just in dem Moment angeflogen, als sich der Drehleiterkorb dem Horst nähert. Doch genau, wie Schaarschmidt vorausgesagt hat, begibt er sich rasch in sichere Entfernung. „Die Elterntiere sehen im Menschen keine Bedrohung für ihren Nachwuchs“, so der 44-Jährige.

Oben angekommen, geht alles ziemlich schnell. Kai Schaarschmidt schnappt sich einen Jungvogel nach dem anderen. Die liegen zusammengekauert am Rande des Nestes. Mit einer großen Zange bringt er die auf den ersten Blick groß erscheinenden Ringe an. Bei einem der beiden Störche passiert ein Missgeschick. Der Jungvogel hat seine gute Kinderstube vergessen, Angst und Aufregung lassen ihn die letzte Mahlzeit hervorwürgen. Auch bekackt wird Kai Schaarschmidt noch. Damit hat er nicht gerecht. Für gewöhnlich geht das Beringen stresslos und ohne Hinterlassenschaften an dem Ehrenamtlichen über die Bühne. „Normalerweise fallen die Jungvögel in eine Schockstarre, wenn sich ein vermeintlicher Feind nähert“, erklärt er.

Mit dem Anbringen der Ringnummern BG 02 und BG 03 in Polditz geht für den Claußnitzer das Storchenjahr jetzt sozusagen zu Ende. Zehn Jungtiere hat er in diesem Sommer in Mittelsachsen beringt. Fünf Paare haben erfolgreich gebrütet. In einem Horst hat Schaarschmidt drei kleine Störche gefunden. Einen musste er mit lädiertem Bein aber in die Pflegestation für Störche nach Brand-Erbisdorf schaffen.

Sämtliche Daten, also Ringnummern und Standort der Horste, übermittelt der 44-Jährige an die Beringungszentrale. Drei gibt es in Deutschland. Die für die Region zuständige ist auf Hiddensee. Von dort bekommt Schaarschmidt auch die Ringe. Diese sind 2017 erstmals aus Metall, weil die Beschriftung auf Plastik im Laufe der Jahre verblasst. Mit den Ringnummern und aufgrund der Datensammlungen der Beringungszentralen lässt sich das Zugverhalten der Störche nachvollziehen, können Angaben über Population und Alter gemacht werden. „So 20 bis 30 Jahre alt können Störche durchaus werden“, beantwortet der Claußnitzer eine Frage schon einmal.

Zu seinem Ehrenamt ist er durch einen älteren Beringer in seinem Ort gekommen. Um allein auf Tour gehen zu können, hat Kai Schaarschmidt einen Lehrgang auf der Greifswalder Oie besucht. Seit 2012 beringt er die Jungstörche in Mittelsachsen, also auch sämtlichen Polditzer Storchennachwuchs, den es seit 2013 gibt. Daher ist der 44-Jährige in dem kleinen Ort kein Unbekannter. Ein Rentner, der einen guten Blick auf den Horst hat, ruft Schaarschmidt zum Abschied zu: „Wir bleiben in Kontakt.“ Er will wieder beobachten, wann die Jungstörche flügge werden, ihre ersten Flugversuche absolvieren. „Das sieht immer wunderbar aus“, ruft er im Weggehen.