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Plötzlich sind 30er-Schilder weg

Anwohner können es nicht fassen. Auch beim Ortschaftsrat meldeten sich Kritiker. Nun ist das Landratsamt gefragt.

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© Egbert Kamprath

Von Maik Brückner

Geising. Da staunte Wolfgang Schindler nicht schlecht. Über Nacht waren alle Tempo-30-Schilder in Geising verschwunden. Der Wirt des „Anno 1467“ kann das nicht verstehen. Die Geisinger Straßen sind eng und mitten im Ort steht die Oberschule. Zu der laufen viele Schüler, weil sie mit der Bahn aus Altenberg und Glashütte nach Geising kommen. Schindler glaubt nicht, dass sich die Verantwortlichen das gut überlegt haben. Zudem ärgert ihn, dass Anwohner und Bürger wieder nicht gefragt werden. So war es auch 2010, als zwei Tempo-30-Schilder an der Dresdner Straße abgebaut wurden. Diese viel befahrene Straße verbindet Altenberg und Lauenstein und führt am „Anno 1467“ vorbei. Auch hier ist die Straße schmal. Deshalb sollten die Tempo-30-Schilder die Fahrer zum Langsamfahren zwingen. Doch beim Landratsamt sah man damals keine Veranlassung dafür. Nach einer Verkehrsschau kam man zum Schluss, dass die Hinweise auf die Straßenverengung reichen müssen. Demnach muss ein Autofahrer auf einer schmalen Straße so langsam fahren, dass er im Fall des Falles rechtzeitig auf halber Höhe halten kann, erklärt Martina Fehrmann, die Abteilungsleiterin Straßenbau und Verkehr im Landratsamt, damals.

Nun gab es wieder eine Verkehrsschau, an der neben dem Landratsamt auch das Landesamt für Straßenbau und Verkehr, die Polizei und die Stadt Altenberg teilgenommen haben. Dabei wurde beschlossen, an allen Zufahrtstraßen zur Innenstadt die Tempo-30-Schilder abzunehmen. Diese seien nicht mit der Straßenverkehrsordnung konform, erklärt das Landratsamt. Denn die Schilder haben die komplette Innenstadt zu einer Tempo-30-Zone gemacht. Und das geht nicht. Denn so wie es bisher ausgeschildert war, würde im Stadtgebiet auf allen Straßen rechts vor links gelten.

Die Hauptstraße wäre demnach keine Hauptstraße mehr, sondern eine Wohngebietsstraße wie jede andere auch. Laut Straßenverkehrsordnung geht das nicht. Tempo-30-Zonen dürfen sich nicht auf eine Kreisstraße und andere Vorfahrtsstraßen erstrecken, erklärt Frau Fehrmann. Daher habe sie die Entfernung der Tempo-30-Zone angeordnet. Ein Problem sieht sie nicht. Denn auch in Geising gelten weiter die allgemeingültigen Regeln der Straßenverkehrsordnung. Demnach ist jeder Verkehrsteilnehmer zur ständigen Vorsicht, gegenseitiger Rücksichtnahme und eigenverantwortlichem Handeln angehalten. Die Sicherheit der Schüler und aller weiteren Verkehrsteilnehmer sehe sie nicht gefährdet, ergänzte sie.

Doch dieser Argumentation können viele Geisinger nicht folgen. Beim Ortschaftsrat haben sich einige Bürger gemeldet, die mit der neuen Situation nicht einverstanden sind, sagt Ortsvorsteher Silvio Nitschke (Wählervereinigung Geising). Er selbst ist auch nicht zufrieden mit dem Entfernen der Schilder. Silvio Nitschke hält sie an mindestens drei Stellen für notwenig. Zum einen auf der Hauptstraße, weil sie ein Schulweg ist und weil diese auch von vielen älteren Bürgern genutzt wird, die hier zum Einkaufen gehen. Auf der Langen Straße wiederum wäre ein Tempolimit gut, weil hier die Eishalle und der Kindergarten stehen. Und auch die schmale Stelle an der Dresdener Straße zwischen der Einmündung zur Innenstadt und der Feinwerktechnik, an der auch die 30er-Schilder abmontiert wurden, sollte eine Langsamfahrtstrecke bleiben. Denn seitdem diese Straße Teil des Autobahnzubringers zur A-17-Anschlussstelle Gottleuba geworden ist, hat sich der Verkehr verdreifacht.

Nitschke weiß, dass das Landratsamt und die Polizei nicht an allen Stellen die Überwachung der Tempolimits kontrollieren konnten, da die Straßen zu schmal und zu kurvig sind. Dennoch hätten die Schilder viele vom Rasen abgehalten. All diese Argumente wollen Nitschke und andere Ortschaftsräte am 3. November vortragen. Denn dann treffen sich die Geisinger mit dem Landratsamt und dem Altenberger Ordnungsamt, um deren Vertretern von den Sorgen der Geisinger zu berichten und um auszuloten, welche Möglichkeiten es gibt, wenigstens an den gefährlichsten Stellen wieder Tempo-30-Schilder aufstellen zu können. Sollte das geschehen, wäre nicht nur Wolfgang Schindler, sondern auch viele andere Geisinger beruhigt. Man darf also gespannt sein, wie das Landratsamt reagieren wird.