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Planen für den Ernstfall

Bahn, Feuerwehr, Polizei und DRK trafen sich am Donnerstag, um über Rettungswege an der neuen ICE-Strecke zu reden.

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© Kristin Richter

Von Jörg Richter

Großenhain. Hoffentlich muss diese Stahltür nie geöffnet werden. Zumindest nicht im Notfall. Da sind sich alle Anwesenden bei der gestrigen Lagebesprechung an der Bahnbaustelle einig gewesen. Hier, in der Nähe der Parkstraße, befindet sich einer von zwei Zugängen in der Schallschutzwand entlang der neuen ICE-Trasse. Eine Betontreppe führt steil hinauf zu der Tür. Rund sieben Meter Höhenunterschied sind an dieser Stelle zu überwinden.

„Wenn man hier dreimal hoch und runter muss, ist man schnell fix und alle“, sagt Großenhains Oberbürgermeister Sven Mißbach, der selbst in der Freiwilligen Feuerwehr ist. Neben der psychischen Belastung, die ein Bahnunglück mit sich bringen würde, sei in diesem Bereich der neuen ICE-Strecke die körperliche Anstrengung für alle Rettungskräfte enorm hoch. Um sich darüber und über andere wichtige Dinge vorab ein Bild zu machen, hatten sich der Oberbürgermeister und sein Baubürgermeister Tilo Hönicke bereits vor Monaten eine Rettungsübung auf dem Baudamm unter realistischen Bedingungen gewünscht. Diese Gelegenheit würde nie wiederkommen.

Leider wurde nichts daraus. Nur eine weitere Baustellenbegehung. Mißbach war dennoch zufrieden. „Wir sind froh, dass wir hier noch mal gucken können, bevor hier der erste Zug fährt. Das ist wichtig, sollte mal ein Notfall eintreten, was wir nicht hoffen“, sagte er zu Beginn des Treffens, an dem neben Vertretern der Deutschen Bahn AG auch Feuerwehr, Polizei, DRK und Stadtverwaltung teilnahmen.

Vor allem ging es den Rettungskräften darum, zu erfahren, wo es Zugänge zu den Gleisanlagen gibt. Diese sind laut Projektleiter Klaus Riedel etwa aller 1 000 Meter vorzusehen. Dabei handelt es sich um befestigte Rampen und um Türen in der Schallschutzwand. Neben der Tür in der Nähe der Parkstraße gibt es auch eine nahe des ehemaligen Zschieschener Gerätehauses. Die offenen Rampen befinden sich zwischen Kottewitz und der B101-Straßenbrücke (insgesamt drei Stück) sowie am Ende des Bauabschnitts an der Berliner Straße.

Für alle sechs Zugänge gilt, dass sie weniger als 100 Meter von öffentlichen Straßen entfernt sind. Ansonsten hätte die Bahn extra Zufahrten bauen lassen müssen. Das brauchte sie nicht, ebenso wenig wie besondere Stellplätze für Feuerwehren. Diese seien nicht Bestandteil des Bauvorhabens gewesen, so Riedel. „Wir sind aber verpflichtet, Rettungswege anzuordnen“, sagt der Projektleiter der DB Netz AG. Die Besonderheit der hiesigen Bahnbaustelle sei, dass es einen durchgängigen Rettungsweg entlang der gesamten Strecke gibt. Es ist circa 80 Zentimeter breit und verläuft parallel neben dem östlichen Gleis.

Auf diesem relativ schmalen Streifen entlang des Gleisschotterbettes müssen im Ernstfall Verletzte auf Tragen transportier werden. Vier Mann, vier Ecken. Das könnte eng werden. Aber immerhin gibt es diesen durchgängigen, ebenen Rettungsweg, was Feuerwehrleute und Sanitäter wohlwollend registrierten.

Dennoch hatten sie ein paar Wünsche an die Bahn. „Wir brauchen einen Rettungswegeplan“, sagte Stadtwehrleiter Maik Häßlich. Und den am besten digital, damit er ihn im Computer seines Einsatzleitwagens speichern kann. Doch auch weitere ausgedruckte Exemplare des Rettungswegeplans wären von Nutzen. „Denn im Ernstfall findet hier ein wahres Feuerwehrtreffen statt“, sagte Kreisbrandmeister Ingo Nestler. Dann sei es von Vorteil, wenn jede Ortsfeuerwehr einen solchen Plan hat. Das Gleiche wünschten sich auch Polizeirevierleiter Dieter Greß und Michael Tann, der Kreisbereitschaftsleiter des DRK Großenhain, für ihre Einsatzkräfte.

Zudem brauchen Feuerwehr, Polizei und DRK Schlüssel für die beiden Türen in der Schallschutzwand. Sie sind von außen verschlossen. „Es geht nur darum, dass hier nicht jeder rein kann“, so Riedel. Von innen, also von der Gleisseite, gibt es eine Klinke, damit man schnell aus dem Schienenbereich flüchten kann.

Kreisbrandmeister Nestler forderte für jede umliegende Großenhainer Ortsfeuerwehr einen Schlüssel. Immerhin seien sie im Rettungsfall sicherlich die ersten Einsatzkräfte vor Ort. Allerdings dürfen sie erst auf die Gleise, wenn die Bahnstrecke von der zuständigen Notfallleitstelle der Bahn in Leipzig freigegeben worden ist. Ein entsprechendes Fax muss in der Leitstelle Dresden vorliegen, bevor die Rettungskräfte loslegen können. Die Bahn muss vorher auch die Oberleitungen erden, damit sich kein Retter selbst in Gefahr begibt.