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Pizzeria im alten Pflegeheim

In Neugersdorf gibt es jetzt ein neues Lokal. Dabei sollte es eigentlich nur ein Lieferdienst werden.

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© Rafael Sampedro

Von Romy Kühr

Neugersdorf. Gerade noch waren die Pizzakartons leer, der Pizzaofen kalt. Doch jetzt hat Marco Giamblanco das Küchengerät angeheizt und knetet auf dem nagelneuen Pizzatisch Teig. Denn der Italiener und seine Partnerin Olga Basisty haben ihre neue Pizzeria Giambi Pizza in Neugersdorf eröffnet. Die ersten Kostproben gab es beim Feuerzauber am Freitag. Das Gebäude, das sie dafür ausgewählt haben, ist vielen Neugersdorfern gut bekannt: das ehemalige Pflegeheim an der Karl-Liebknecht-Straße. Das Haus hat das Paar von den Stadtwerken Oberland, die Eigentümer sind, per Nutzungsvertrag übernommen. Erst im Frühjahr sind der gebürtige Sizilianer und seine Frau in die Oberlausitz gekommen. „Wir wollten einen Neustart“, erklärt Giamblanco den Umzug. Ein guter Bekannter des Paares stammt aus Sachsen und machte immer kräftig Werbung für die Region. So landete das Paar, das zuvor in Bielefeld lebte, zunächst in Eibau. Im Sommer entwickelten sie die Geschäftsidee von einem Pizza-Lieferdienst und suchten nach einem passenden Objekt. Der Charme des imposanten Umgebindehauses an der Karl-Liebknecht-Straße hat das Paar beeindruckt. „Es ist gut in Schuss“, sagt Existenzgründer Giamblanco. „Wir haben viele Häuser angesehen. Bei manchen war nicht mal ein Fußboden drin.“ Im ehemaligen Pflegeheim gab es sogar noch eine große Küche. Dort wo früher das Essen für die Senioren zubereitet wurde, haben Olga Basisty und Marco Giamblanco in den vergangenen Wochen Küchenmöbel aufgestellt, neue Geräte installiert. Ursprünglich sollte nur Pizza gebacken und ausgeliefert werden. Doch direkt nebenan befindet sich der ehemalige Gemeinschafts- und Speiseraum des Heimes. „Bekannte fragten uns, warum wir das nicht gleich als Lokal nutzen“, erzählt Olga Basisty. Und so wurde der Lieferdienst um einen Gastraum erweitert.

Neu durchstarten

Darum, dass alles schön aussieht und sich die Gäste wohlfühlen, wird sie sich in Zukunft kümmern. Sie macht den Service, ihr Mann bäckt Pizza, so die Arbeitsteilung. Außer ihnen sind drei Mitarbeiter beschäftigt. Das Pizzabacken liegt Marco Giamblanco quasi im Blut. „Mein Vater hatte eine Pizzeria“, erzählt der 36-Jährige. Er selbst hat in Italien als Zauberkünstler gearbeitet. Vor neun Jahren kam er nach Deutschland. Nun will er in Neugersdorf neu durchstarten.

Allerdings gibt es in der Stadt nicht weit entfernt von seiner Pizzeria bereits ein italienisches Restaurant, es öffnete vor fast genau einem Jahr. Das ist Pizzabäcker Giamblanco bewusst, bereitet ihm aber keine Sorgen. Er habe sich auf Pizza spezialisiert und vor allem auf den Lieferdienst. Den bietet in der Tat kein echt italienisches Restaurant im Oberland an. Und er setzt auf weitere Besonderheiten: Es gibt Pizza aus Dinkelteig ohne Hefe. „Immer mehr Leute haben Unverträglichkeiten gegen Hefe oder Weizenmehl“, sagt der Sizilianer. Deswegen tüftelte er an einem speziellen Teig. Olivenöl bezieht er von der Plantage seiner Familie in Sizilien. „Da weiß ich, was drin ist.“ Außer Pizzen gibt es bei Giambi Pizza nur ein weiteres Gericht. Die gefüllten Reiskugeln sind eine Spezialität aus Marco Giamblancos Heimat.

Gestaltungsraum

Eine weitere italienische Besonderheit steht derzeit noch in der Garage. Eine originale Ape, ein dreirädriges Gefährt, soll in den italienischen Landesfarben lackiert und mit einer großen Kochmütze auf dem Dach aufgemotzt werden. Damit wird dann im Ort Pizza ausgeliefert. „Für Fahrten außerhalb müssen wir unser normales Auto nutzen“, sagt Giamblanco. Die Ape fährt maximal 50 Kilometer pro Stunde.

Über den Entschluss hier eine Existenz zu gründen, sind die Bielefelder froh. „In den Großstädten drüben gibt es schon alles. Hier kann man noch etwas gestalten“, sagt die 30-jährige Olga Basisty. Nicht nur deshalb fühlen sie sich in der Oberlausitz wohl. „Die Menschen sind sehr herzlich.“ Aber auch neugierig, hat das Paar festgestellt. Immer wieder kamen Leute auf die Baustelle und wollten wissen, was dort los ist und ob sie schon was bestellen können. Ab sofort können alle ihre Neugier stillen – und ihren Appetit auf Pizza.