Weihnachten wie gemalt – mit dieser Ansage geht Pirna in die Adventszeit. Für den Weihnachtsmarkt steht zum dritten Mal der berühmte Stadtporträtist Canaletto Pate. Die Macher des Canalettomarktes von der Werbeagentur Zastrow + Zastrow haben angekündigt, sich noch einmal auf ganzer Linie steigern zu wollen. So meldeten sie stolz, dass die Budenstadt erstmals mehr als fünfzig Teilnehmer habe. Außerdem werde der schmerzlich vermisste Weihnachtsmann nun täglich einen Auftritt auf der Bühne haben.
Wie kommt er an, der Canalettomarkt?
Kuschelstimmung im Nieselregen Scheinwerfer malen eine Schnörkeltapete ans Rathaus und alle paar Augenblicke ein neues Canaletto-Bild. Man kommt sich vor wie in einem großen, gemütlichen Wohnzimmer. An den Holztischen mit Dach können wir trotz Nieselregens gelassen Glühwein schlürfen und das Treiben betrachten. Die Buden sind luftig angeordnet und formen vor dem Canalettohaus ein gefälliges Rondell. Mit 10 000 Lichtlein strahlt die Coloradotanne, gespendet von Pirnaer Bürgern. Eine wahre Glanztat. Fazit: Das Ambiente könnte kaum besser sein.
Wiedersehen mit Knecht Ruprecht Gegen fünf Uhr kreuzt der Weihnachtsmann auf. Neuerdings hat er täglich seinen Auftritt beim Canalettomarkt. Sofort scharen sich Kinder am Bühnenrand und Ruprecht teilt aus. Der kleine Anton greift sich ungeniert Schokolade, die große Helene ehrfürchtig einen gestreiften Lolli. Der alte Mann sinkt in einen herrlichen Großvaterstuhl und liest allen von der Weihnachtsmaus Ottilie vor. Später gibt es festliche Blasmusik von den Silberbergmusikanten. Fazit: Ohne Weihnachtsmann geht es eben nicht.
Niedliche Boofen machen Dampf Räucherhaus mal anders: Am Stand der Kleinen Sächsischen Schweiz aus Dorf Wehlen gibt es Weihnachtsdeko aus heimischem Sandstein – Pyramiden, Kerzenhalter und ein raffiniertes Räucherkerzenabbrenngerät, das „Elbnebel“ heißt. Auch andere Stände bieten Spezielles aus der Region an, zum Beispiel die „Pirnaer Unikate“ – kleine, in der Stadt produzierte Einmaligkeiten. Wer eine Mütze, ein Nachthemd oder Socken haben will, bekommt auch das. Fazit: Die Mischung kann sich sehen lassen.
Viel Spaß im Piratenschiff Am Karussell vorm Canalettohaus kriegen wir Anton (2) und Helene (5) nicht vorbei. Eine Fahrkarte kostet 2 Euro. Aber einmal ist keinmal. Und am anderen Marktende blinkert noch ein Karussell. In kürzester Zeit sind wir mehr als zwanzig Euro los. Eine Fahrt dauert auf beiden Kreiseln rund eine Minute und 45 Sekunden. Das ist ein eher kurzer Spaß, finden wir. Den Kindern gefällt’s. Uns wäre es lieber, wenn statt fast identischer Karussells zwei verschiedene Fahrgeschäfte in Betrieb wären. Fazit: Mit genug Kleingeld macht’s Kindern Spaß.
Süße Teigrolle vom Kohlegrill Was ist Trdelnik? Den tschechischen Köchen fehlt das Deutsch, es zu erklären. Ein Schild besagt: Teig, auf einen Stecken gerollt, über Holzkohle gebacken und mit einer Mischung aus Nüssen, Mandeln, Vanille, Zucker und Zimt bestreut. Etwa zehn Zentimeter Gebäck kosten 3,50 Euro. Alternativen? Natürlich Bratwurst (ab 2,50 Euro), Lángos (ab 3 Euro), heiße Brote (ab 3,50 Euro) oder auch Kesselgulasch (4,50 Euro). Glühwein und ähnliches ab 2 Euro. Fazit: Eine große Auswahl zu fairen Preisen.
Frust auf dem Lokus Anton muss mal. Klar, Helene auch. Im Gegensatz zu den Unglücklichen, die keine 50-Cent-Münze auf Lager haben, schaffen wir es fix bis in die Gästetoilette im Stadthaus. Überall Edelstahl, wie im Pullerpavillon an der Autobahn. Die Klobrillen passen nicht für Kinderpopos. Auf die betröpfelten Lokusse will man sich auch als Erwachsener nicht setzen. Da ist der Klo-Container hinterm Rathaus fast die bessere Wahl: weniger abstoßend und außerdem gratis. Fazit: Dieser Ort blamiert den ganzen Markt.
Mehr Buden, mehr Angebote, mehr Bühnenshow, mehr Glanz. Ist das Versprechen eingelöst? SZ-Reporter Jörg Stock wollte es wissen und bummelte vergangenen Sonnabend mit der Familie über den Canalettomarkt. (SZ/jös)
