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Pirnaer wollen Barock-Fassade zurück

Die Breite Straße 2 soll eine detailreiche Farbgestaltung bekommen. Das ist eine Absage an Canaletto.

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© Repro: SZ

Von Christian Eissner

Pirna. Es war die wohl ungewöhnlichste „Volksabstimmung“, die das Pirnaer Rathaus je gestartet hat: Vier Wochen lang konnten die Einwohner im Rathaus per Stimmzettel darüber befinden, wie das Haus Breite Straße 2 künftig aussehen soll. Die Stadtentwicklungsgesellschaft Pirna lässt das markante Gebäude am Eingang zur Innenstadt gerade sanieren, und ausgerechnet über die Fassadengestaltung waren sich die Fachleute nicht ganz einig.

© Katja Frohberg

Am Donnerstag zum Richtfest präsentierte Oberbürgermeister Klaus-Peter Hanke (parteilos) das Ergebnis der Varianten-Diskussion. Zur Abstimmung stand einerseits eine Fassung angelehnt an jene Farbgebung, die Canaletto 1753 auf seinem Gemälde „Die Breite Gasse zu Pirna“ festhielt – die Fassade präsentiert sich hier in einem flächig aufgetragenen Rot-Ocker-Ton. Dem gegenüber stand eine Variante zur Wahl, die Bauforscher bei der Untersuchung des alten Haus-Putzes entdeckten: eine illusionistische Fassaden-Malerei, die wahrscheinlich nur wenige Jahre nach Canaletto, um 1760, bei einem Umbau des Hauses aufgetragen wurde.

Von knapp 200 Pirnaern, die ihre Meinung äußerten, favorisieren mehr als drei Viertel die spätbarocke Fassadengestaltung, verkündete der Oberbürgermeister, nachdem er am Donnerstagnachmittag mit zwei Dutzend Schlägen den Richtnagel ins Dachgebälk gehämmert hatte. Der Wunsch der Pirnaer nach dem künftigen Aussehen des Hauses deckt sich mit der Expertenmeinung, man solle auf die gesicherten Bauforschungs-Befunde zurückgreifen und die Fassade üppig mit Lisenen, Spiegeln und Scheingesimsen in Rosé und Hellgrau gestalten – so, wie sie Ende des 18. Jahrhunderts schon einmal aussah. Die abschließende Entscheidung soll nun eine Expertenrunde treffen.

Der Baufortschritt am Haus ist unterdessen unverkennbar. Das Dach auf dem Altbau ist fast komplett gedeckt, im Innenhof wächst der Neubau heran, der künftig dem Depot des Stadtmuseums dienen soll. Christian Schmidt-Doll, Chef der städtischen Kultur- und Tourismusgesellschaft, sehnt das neue Museumsdepot herbei, denn am alten Standort im Klosterhof herrscht Platzmangel. Im Neubau unterbringen will man unter anderem die umfangreiche Sammlung an Grafiken, die das Museum hütet. Das Archivgebäude werde auch für die Öffentlichkeit zugänglich sein, kündigte Christian Schmidt-Doll an. Für Besucher werden ein historisches Klassenzimmer und ein kleines Grafik-Kabinett eingerichtet.

Der Altbau wird nach der Sanierung die Büros der Stadtentwicklungsgesellschaft beherbergen. Geschäftsführer Christian Flörke peilt einen Einzug am 1. Januar 2017 an. Zudem kündigt er an, dass an den benachbarten Gebäuden Breite Straße 4 bis 8 die Sanierungsarbeiten beginnen sollen, ebenfalls unter Regie der Stadtentwicklungsgesellschaft. Ins Erdgeschoss soll hier ein Bio-Supermarkt einziehen, darüber entstehen Sozialwohnungen. Die Fertigstellung ist für Ende 2018 geplant.