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Pirna verabschiedet sich von Straßenkehr-Gebühren

Vor Jahren als tolle Geldquelle entdeckt, will die Stadt den Kehrzins jetzt streichen. Kassiert wurde er ohnehin nie.

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© Archiv: Marko Förster

Von Christian Eissner

Pirna. Wer in Pirna an einer Straße wohnt, auf der die städtische Kehrmaschine von Zeit zu Zeit ihre Runden dreht, muss für diesen Service zahlen. Theoretisch. Im September 2013 hatte der Stadtrat einstimmig eine Straßenreinigungsgebühr beschlossen, nachdem die Stadtverwaltung solch ein Modell als gute und gerechte Einnahmequelle und als Beitrag zu mehr Sauberkeit auf den Straßen gepriesen hatte. Seit April 2014 gibt es ein Gebührenmodell, das festlegt, wer wie viel zu zahlen hat.

Auf seiner Sitzung am 20. Juni soll der Stadtrat den Kehrzins nun wieder streichen. Existiert hat er die vergangenen drei Jahre ohnehin nur als Aktenleiche, die Stadt hat nach eigenen Angaben keinen einzigen Kehrgebühren-Bescheid an Hauseigentümer verschickt. Auf Nachfrage gibt man sich im Rathaus geläutert. Es habe sich herausgestellt, dass ein ungeheurer bürokratischer Aufwand nötig ist, das Geld von den Hauseigentümern einzutreiben, sagt Stadtsprecher Thomas Gockel. Die Stadt fürchtet, mit den Kehrgebühren unterm Strich Miese zu machen.

Pirna wollte, dass es ganz gerecht zugeht und hatte zur Berechnung ein sogenanntes Quadratwurzelmodell gewählt. Demnach ist die Grundstücksgröße entscheidend für die Gebühr, nicht dessen Straßenfrontlänge. So wären zum Beispiel auch Grundstücke, die nur von einem schmalen Weg von der Straße aus erschlossen werden, erfasst worden. Die Stadt hatte bereits mit den Gebühren-Einnahmen geplant. So sollten 2014 rund 70 000 Euro, im Jahr darauf rund 83 000 Euro Kehrgebühr ins Stadtsäckel fließen.

Um das zu erreichen, hätte das Rathaus rund 4 000 Grundstücke berechnen lassen und ebenso viele Gebührenbescheide verschicken müssen. Das hat die Stadtverwaltung schlicht überfordert.

„Diese Menge an Kostenbescheiden und die damit einhergehenden Aufgaben (Erfassung aller Eigentümer und Eigentümergemeinschaften, Anlegen einer Abgabenart im Haushaltsprogramm, Widerspruchsbearbeitung,…) konnten personell nicht untersetzt werden“, heißt es in einer Information an die Stadträte ganz offen. Und: „In der Fachgruppe Tiefbau steht für die Bearbeitung kein Mitarbeiter zur Verfügung.“ Eine Angestellte des Bauhofs hat sich bisher nebenbei um das Thema Kehrgebühr gekümmert.

Im Rathaus sieht man das Aus für den Fegegroschen pragmatisch. Eine eigene Planstelle nur für die Kehrgebühr zu schaffen, dazu die Wahrscheinlichkeit vieler Widersprüche, verbunden mit Vor-Ort-Begehungen und möglichen Rechtsstreitigkeiten – angesichts dieser Risiken will die Stadt nun doch die Finger von der vermeintlich guten Einnahmequelle lassen. „Nüchtern betrachtet, lohnt sich die Gebühr angesichts des riesigen Verwaltungsaufwands nicht“, fasst Stadtsprecher Thomas Gockel die Erfahrungen mit dem Geldbeschaffungsversuch zusammen. Sehen das die Pirnaer Stadträte am 20. Juni genauso, dann ist der Kehrzins endgültig vom Tisch.

Öffentliche Stadtratssitzung, 20. Juni, 18 Uhr, Rathaus