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Pirna sehen wie Canaletto

Dutzende Schaulustige sahen und knipsten ein nachgestelltes Bild des Malers. Nur ein vierbeiniger Statist wollte nicht so recht mitspielen.

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© Daniel Förster

Von Tobias Hoeflich

Pirna. Vor dem Shooting werden Gitta und Erik hübsch gemacht. Die Hufe der beiden Pferde sind schon geschmiert und glänzen wie frisch polierte Schuhe. „Das dient der Pflege und sieht auch besser aus“, erklärt Uwe Schreiber vom Pferdefuhrbetrieb Friedrichswalde. Nun wird bei den Tieren das Haar gebürstet. Noch stehen die Pferde in der Schössergasse, doch in wenigen Minuten haben sie ihren großen Auftritt auf dem Pirnaer Marktplatz. Sonst traben sie durch Berggießhübel oder Pillnitz, wo Schreiber Kutschfahrten anbietet. An diesem Freitag aber sind sie Teil des lebendigen Canaletto-Bildes.

Uwe Schreiber (r.), hier im Gespräch mit Regisseur Reiner Bohrig, steuerte für das lebendige Bild zwei Pferde bei.
Uwe Schreiber (r.), hier im Gespräch mit Regisseur Reiner Bohrig, steuerte für das lebendige Bild zwei Pferde bei. © Daniel Förster
Janine Dorn (r.) war mit Wotan im Hundesportverein, damit er stillhält.
Janine Dorn (r.) war mit Wotan im Hundesportverein, damit er stillhält. © Daniel Förster

Zum achten Mal stellt der Pirnaer Verein Der Retter der Stadt Pirna – Theophilius Jacobäer ein Bild des großen venezianischen Malers Bernardo Bellotto, genannt Canaletto, nach. Sein bekanntestes Werk der Stadt aus den 1750er-Jahren, „Der Marktplatz zu Pirna“, zeigt das Zentrum der Altstadt vom heutigen Canaletto-Café aus bis hinauf zum Schloss Sonnenstein. Dutzende Freiwillige kleiden sich dafür in Kostüme, wie sie auf dem Gemälde zu sehen sind. Oft geschah das bei traumhaftem Wetter, zweimal jedoch auch bei Regen. Und einmal stellte der Verein nicht das Marktplatz-Bild nach, sondern ein anderes vom Sonnenstein.

Ehe sich die Darsteller um Punkt 15 Uhr positionieren, klärt Ulrike Schleicher vom Pirnaer Touristservice die Schaulustigen auf. Schon weit vor dem Termin sammeln sich Dutzende Gäste auf dem Marktplatz und sichern sich mit ihren Kameras einen Platz auf der extra aufgebauten Tribüne. „Wir reisen gleich 260 Jahre zurück in die Zeit des Barocks“, verspricht Schleicher.

Sie trägt ein typisches Bürgerinnenkleid, dazu eine weiße Kopfbedeckung. „Das ist der Ehering des Mittelalters“, sagt sie. Wer eine solche trug, war verheiratet – also „unter der Haube“. Den Besuchern erklärt sie, was den heutigen Marktplatz von dem Canalettos unterscheidet. Viel ist das gar nicht. Nur das inzwischen umgebaute Rathaus sticht sofort ins Auge. Viele Gebäude aber stehen heute wie damals, etwa die an der Südseite. „Als sie restauriert wurden, griff man für die Farbgebung das Bild Canalettos auf.“

Dann, um 15 Uhr, ist es schließlich so weit. Die kostümierten Darsteller schmücken den Marktplatz. „Sie haben nun die Möglichkeit, Canaletto zu spielen und das Bild einzufangen, wie er es einst getan hat“, sagt Schleicher zu den Schaulustigen. Neben den Pferden Gitta und Erik ist mit Hund Wotan ein weiterer Vierbeiner dabei. Auf die Kommandos seines Frauchens Janina Dorn will er aber nicht so recht hören. Statt auf dem Pflaster zu bleiben, läuft immer wieder zu ihr. Nur kurz harrt er auf dem vorgesehenen Platz aus.

Eigentlich hat der Mischling in einem Hundesportverein das Kommando gelernt, zu warten. In den vergangenen Jahren war er auch dabei und meist klappte das mit dem Stillsitzen. „Es ist schwer genug, überhaupt einen geeigneten Hund zu finden. Gerade neben den Pferden würde kaum einer ruhig sitzenbleiben“, sagt die Hundebesitzerin und lacht.

Pirnas OB Klaus-Peter Hanke (parteilos) kündigte vor Ort an, dass es auch 2018 wieder ein lebendiges Canalettobild geben wird. Dann sollen die Bürger selbst in historischem Gewand erscheinen und Teil des Kunstwerkes werden. „Ich hoffe, dass viele Pirnaer diese Gelegenheit wahrnehmen.“