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Pils aus Sachsen reif für den Export

Nach der Wende brach die Bierproduktion ein, jetzt beliefern sächsische Brauer China.

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© Thomas Kretschel

Von Georg Moeritz

Dresden. Ausgerechnet im Jubiläumsjahr ist die sächsische Bierproduktion zurückgegangen. 500 Jahre Reinheitsgebot mit Wasser und Malz, Hopfen und Hefe – das feierten Sachsens Brauer dieses Jahr gemeinsam und vergaßen dabei auch beinahe alte Streitigkeiten wie den Ärger mit den unterschiedlichen Flaschen. Doch statt 850 Millionen Liter Bier wie im vorigen Jahr flossen dieses Jahr nur 820 Millionen Liter aus den 62 sächsischen Braustätten.

Dennoch wurde beinahe wieder die Größenordnung aus dem Vorwendejahr 1989 erreicht: Damals waren es 870 Millionen Liter. Doch 1991 brach die Nachfrage auf 370 Millionen Liter ein. Sachsens Brauerbund-Präsident Steffen Dittmar von der Bergquell-Brauerei Löbau zeigte sich bei der Bilanz am Donnerstag „hoffnungsvoll“. Schließlich gebe es neue Chancen im Export – und Interesse an neuen Sorten. Dittmars Brauerei in Löbau hat dieses Jahr 170 Jahre Bestehen gefeiert und vier neue Produkte auf den Markt gebracht – darunter ein Biermischgetränk „mit Limetten-Chardonnaygeschmack“.

Neuer Markt: Chinesen vertrauen

deutschen Brauern mehr als eigenen

Fast ein Viertel des sächsischen Bieres dürfte aus Sachsens größter Brauerei in Radeberg kommen. Seit einigen Jahren veröffentlicht die Brauerei des Oetker-Konzerns allerdings keine Zahlen mehr, wie die Oetker-Marken Freiberger, Sternburg in Leipzig und Krostitzer. Zu Sachsens größten Braustätten gehört auch die Feldschlößchen AG in Dresden, die auch Wunschmarken für Supermärkte liefert. Die Dresdner Brauerei hat zum größten Erfolg beigetragen, über den sich Präsident Dittmar freute: Der Bierexport aus Sachsen ist dieses Jahr um mehr als ein Viertel gestiegen, auf 80 Millionen Liter. Vor allem in China seien sächsische Spezialitäten „eine Nummer“, sagte Dittmar. Feldschlößchen-Vorstand Karsten Uhlmann wollte die genaue Menge seiner China-Exporte zwar nicht nennen. Doch nach seinen Angaben ist das Dresdner Pils die größte Bier-Importmarke in China, dank eines starken Partners. Uhlmanns Firma TCB, die auch in Frankfurt (Oder) und Hannover braut, liefert an den chinesischen Lebensmittelkonzern Cofco. In China gibt es laut Uhlmann „großes Vertrauen in deutsche Brauwirtschaft, nicht ganz so großes in die einheimische“. Das Wachstum im Export werde weitergehen. Auch die Eibauer Brauerei exportiert nach China, Japan und Südkorea – sie liefert vor allem Schwarzbier nach Asien.

Lust auf Handwerk: Junge Sachsen erfinden eigene Biermarken

Während die Chinesen deutsches Bier entdecken, gibt es in Deutschland nach Ansicht der Brauer eine „Rückbesinnung“. Der Bamberger Historiker und Biersommelier Markus Raupach berichtete beim Pressegespräch über den Trend zum „Craft-Beer“. Gemeint ist handwerklich gebrautes Bier, allerdings gibt es laut Raupach keine scharfe Abgrenzung zur Ware aus Großbetrieben. Doch während vor wenigen Jahren noch kaum junge Leute in einer „feuchten und warmen“ Brauerei arbeiten wollten, machen sich zunehmend Nachwuchsbrauer selbstständig und verlangen auch schon mal ein paar Euro für ihre Flasche mit originellem Etikett. Der Trend komme aus den USA, wo aus ein paar Dutzend wieder 5 000 Braustätten wurden. Unter den 62 Braustätten in Sachsen sind Gasthausbrauereien, und manche entwickeln sich: Tobias Frenzel aus Bautzen hat „Braumanufaktur“ auf seine Visitenkarte geschrieben. Voriges Jahr hat sein Familienbetrieb zusätzlich zum Fass fürs Gasthaus die ersten 50 000 Flaschen abgefüllt – per Hand. Inzwischen gebe es die in 40 Läden. Der Bamberger Raupach hat ein Buch mit dem Titel „Bierland Sachsen und Thüringen“ verfasst, in dem er solche Firmengeschichten und Trends beschreibt. Für Thüringen alleine hätte sich kein Buch gelohnt, über Berlin und Franken hat er schon geschrieben.

Ärger mit Flaschen: Immer mehr Konkurrenz-Formen zu sortieren

Sachsens Brauer haben laut Verbandspräsident Dittmar im Jubiläumsjahr einen „Schulterschluss bewiesen“ und gemeinsam den Eibauer Bierzug und ein Gemeinschaftszelt zum Tag der deutschen Einheit bestritten.

Erst auf Nachfrage berichteten die Brauer, dass sie weiterhin hohe Kosten fürs Sortieren der Konkurrenz-Flaschen haben. Die Vielfalt nehme noch zu. Rainer Otto, Geschäftsführer der Mauritius Brauerei Zwickau, sprach von mindestens 30 Prozent Fremdflaschen in den Kästen; in Großstädten sind es laut Uhlemann noch mehr. Radeberger-Chef Axel Frech allerdings verteidigte die eigenen Flaschen mit der Namensprägung: Zu viele der alten Mehrwegflaschen seien unansehnlich gewesen. Feldschlößchen-Chef Uhlmann berichtete unterdessen von starkem Wachstum bei Dosenbier. Doch der Kasten zu 20 Flaschen bleibe „das typische sächsische Gebinde“.