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Pilotenstreik kommt die Lufthansa teuer zu stehen

Der Ausstand kostet die Fluglinie täglich bis zu 40 Millionen Euro und Vertrauen. Die Konkurrenz kann davon profitieren.

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© Reuters

Von Christian Ebner und Stefan Weyer

Der Pilotenstreik bei der Lufthansa hat bereits vor seinem offiziellen Beginn heute am frühen Morgen die Reisepläne Tausender Fluggäste durchkreuzt. Europas größter Luftverkehrskonzern musste wegen des bis Freitag angekündigten Ausstands nahezu das komplette Flugprogramm absagen. Bereits gestern waren knapp 70 Fernflüge gestrichen worden, die heute an den Drehkreuzen Frankfurt oder München gelandet wären. Insgesamt mussten bislang 425.000 Reisende auf andere Verkehrsmittel umgebucht oder auf spätere Termine vertröstet werden. Auch die ebenfalls bestreikte Fracht-Tochter Lufthansa Cargo hat ihren Betrieb deutlich reduziert. Der Konzern spricht „vom größten Streik seiner Geschichte“. Die SZ beantwortet die wichtigsten Fragen zum Ausstand.

Welcher Schaden entsteht der Lufthansa durch den Streik?

Das Unternehmen selbst spricht von einem hohen zweistelligen Millionenverlust. Das deckt sich mit der Einschätzung des Commerzbank-Analysten Frank Skodzik, der bei einem Vollstreik von einem täglichen Schaden zwischen 30 und 40 Millionen Euro ausgeht. Darin sei der drohende Imageverlust noch nicht enthalten – für eine Fluggesellschaft ist Zuverlässigkeit eine elementare Eigenschaft.

Welche volkswirtschaftlichen Folgen sind zu befürchten?

Volkswirte erwarten keinen messbaren Schaden für die deutsche Volkswirtschaft. „In den Kategorien, in denen wir Makroökonomen normalerweise denken, werden diese dreitägigen Streiks ganz sicher keine Rolle spielen“, sagt Ökonom Christian Schulz vom Bankhaus Berenberg. Aus Sicht von Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank, ist es auch kaum möglich, die genauen Kosten des Streiks zu beziffern. Kurzfristig müssten Firmen Pläne und Projekte zwar verschieben. „Die Ausfälle werden aber meist im Nachhinein aufgearbeitet. Im Jahresverlauf ist der Schaden damit nicht messbar.“

Um wie viel Geld geht es in dem Tarifkonflikt?

Die Piloten-Gewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) geht von einem Streitwert von rund einer Milliarde Euro aus. So groß seien die Rückstellungen für die Übergangsrenten, die das Lufthansa-Management auflösen wolle. Die möglichen Gehaltssteigerungen fallen kaum ins Gewicht, weil die Rentenzusagen langfristiger wirken. Lufthansa bezifferte ihre zuletzt stark gestiegenen Pensionsverpflichtungen zum Jahresende 2012 im Inland auf gut elf Milliarden Euro. Rund ein Zehntel davon geht in die Übergangsversorgung, weitere 30 Prozent in die Betriebsrenten der Flugzeugführer, die zehn Prozent der Belegschaft ausmachen.

Wer profitiert eigentlich vom Streik der Lufthansa-Piloten?

Ganz sicher die Konkurrenz – mit Air Berlin an der Spitze. Air France setzt ebenfalls größere Flugzeuge von Paris nach Frankfurt, München und Düsseldorf ein. „Die anderen Airlines wittern die Nachfrage und können ihre Preise hochfahren“, sagt Julia Eckert vom Geschäftsreiseverband VDR. Wenn die Verbindungen passen, bucht sogar die Lufthansa ihre Passagiere auf Maschinen der Konkurrenz um und muss die Kosten dafür übernehmen.

Und was geschieht nun mit der Luftfracht?

Es geht um Medikamente, Ersatzteile, lebende Tiere und tonnenweise Obst: Für rund 4.500 Tonnen Luftfracht müssen Kunden der Lufthansa Cargo alternative Transportmittel finden. „Fracht wird grundsätzlich sehr kurzfristig gebucht“, sagt Cargo-Sprecher Michael Göntgens. Nach der Streikankündigung habe das Unternehmen zunächst alle Flüge geschlossen – „damit keine Tiere und keine verderblichen Waren bei uns in den Lagern stranden.“ Von geplanten 32 Frachtflügen ab Frankfurt sollen nun 14 stattfinden.

Wie trifft der Streik die Reisebranche ?

Für Passagiere und Reisebüros bedeutet der Streik Hektik und zusätzliche Arbeit mit Umbuchungen und Stornierungen. „Dies führt zu Mehrkosten, die von niemandem erstattet werden“, schimpft der Deutsche Reiseverband DRV. Blieben Geschäftsreisende zu Hause, blieben gebuchte Hotelzimmer und Mietwagen ungenutzt. Der Geschäftsreiseverband VDR sieht dennoch Glück im Unglück: „Der Streik war so früh angekündigt, dass Geschäftsreisende rechtzeitig umbuchen konnten“, sagt Julia Eckert.

Ist die Bahn auf die zusätzlichen Passagiere vorbereitet?

Lufthansa und Germanwings werden statt Flugtickets oft Bahn-Gutscheine ausgeben. Für die zusätzlichen Fahrgäste halte die Bahn Reservezüge samt Personal an wichtigen Bahnhöfen bereit – je nach Wochentag ein bis zwei Dutzend IC- und ICE-Züge. „Wir sind zuversichtlich, dass wir alle Leute an ihr Ziel bringen“, sagte ein Sprecher.

Wie wirkt sich der Streik in Sachsen aus?

Laut Flugplan fallen heute am Airport Leipzig/Halle insgesamt acht Flüge von und nach Stuttgart, München und Frankfurt/Main aus. In Dresden sind insgesamt 20 Verbindungen von und nach Stuttgart, Frankfurt/Main, Köln-Bonn, Düsseldorf und München betroffen. (dpa)

Die Lufthansa hat eine Service-Hotline eingerichtet. Die Nummer: 0800 / 850 60 70.