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Pillnitzer Nachbarn streiten weiter

Thomas Wenzel müsste bald über Zäune klettern, um in sein Haus zu kommen. Denn sein neuer Nachbar lässt nicht mit sich reden.

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Von Simone Burig

Ein blauer Tisch und vier Klappstühle stehen in dem Garten vor Thomas Wenzels Haus. Aber die Dinge gehören gar nicht ihm. Aufgestellt hat sie Uwe Ulrich, dem der schmale Streifen Garten gehört. „Damit hat Herr Ulrich sein Revier markiert“, sagt Thomas Wenzel. Ein schaler Unterton schwingt in seiner Stimme mit. Die beiden Herren liegen seit mehreren Monaten wegen der komplizierten Grundstücksverhältnisse im Clinch. Nun hat Uwe Ulrich weitere Tatsachen geschaffen.

Rückblick: 1984 hatte Thomas Wenzel das verfallene Ziegelmeisterhaus samt Stützmauern und Bauerngarten an der August-Böckstiegel-Straße 7 gekauft und liebevoll wiederaufgebaut – nach denkmalschutzrechtlichen Bestimmungen. Der Knackpunkt: Quer durch den Garten und entlang der Hauseingangstür bis zum Gartenzaun verläuft ein fremdes Grundstück. Immer konnte sich Wenzel mit den Eigentümern über die Nutzung einigen. Nie gab es Probleme. Nie musste er fürchten, sein Haus nicht mehr betreten zu können. Bis 2013. Da kaufte Uwe Ulrich das benachbarte Restaurant „Pillnitzer Elbblick“ samt des besagten Grundstücks. Der Unternehmer verbot Wenzel die Nutzung. Einigen konnten sich die Männer nicht. Im Februar urteilte eine Gericht: Wenzel muss das Grundstück von Uwe Ulrich räumen und herausgeben.

Wo Garten war, ist jetzt Brache

Seitdem hat Ulrich Tatsachen geschaffen: Er hat die ihm gehörenden Bereiche mit Zäunen abgetrennt, den Teil des Bauerngartens, der sich auf seinem Stück Land befunden hat, mit einem Bagger platt gemacht. Eine graue, staubige Fläche ist von dem blühenden Idyll geblieben. Außerdem hat er auf der Nordwestlichen Seite des Grundstücks einige Teile der denkmalgeschützten Stützmauern samt Beeten abgerissen. „Ich habe nur die Mauer entfernt, die ursprünglich gebaut wurde, ohne die Grundstücksgrenzen zu beachten“, erklärt er. Und weiter: „Der Weg wird irgendwann grundhaft instand gesetzt, beispielsweise mit einem ordentlichen Pflasterstein über die gesamte Breite hinweg.“

Dabei habe er allerdings auch Teile beschädigt, die auf städtischem Grund liegen, erklärt Thomas Wenzel. Und: „Das betroffene Stück habe ich nämlich von der Stadt gepachtet. Soweit ich weiß, wurde Herr Ulrich aufgefordert, den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen.“ Doch davon will der nichts wissen. „Von der Stadt hat sich niemand bei mir gemeldet“, sagt er. Wenzel vermutet, dass der Unternehmer in den kommenden Tagen auch noch sein Gartentor entfernen und alles mit Zäunen abtrennen wird. „Dann komme ich ohne Weiteres nicht mehr zu meinem Hauseingang“, befürchtet er. Einen neuen Eingang an einer anderen Hausseite kann er nicht so einfach bauen: „Dagegen hat das Denkmalschutzamt etwas.“

Dann könnte er sein Grundstück theoretisch nur noch per Auto erreichen. Doch auch die Zufahrt ist ein Streitpunkt. Die liegt auf der östlichen Seite des Gartens, und Wenzel muss über Ulrichs Grundstück fahren, um schließlich seinen Stellplatz und auch das Haus zu erreichen. „Seinen Restaurantgästen erlaubt Herr Ulrich das Befahren. Mir verbietet er es“, wundert sich Wenzel. Sein Nachbar kontert: „Seit Monaten weiß Herr Wenzel, dass er mein Grundstück nicht befahren darf, und er macht es dennoch.“ Er hat in den vergangenen Tagen an der Einfahrt Pfeiler aufgestellt. „Wahrscheinlich will er die Zufahrt damit ganz dicht machen“, sagt Wenzel. „Irgendwann wird Herr Wenzel nicht mehr drauffahren können“, bestätigt Ulrich und besteht darauf, dass Wenzel von der August-Böckstiegel-Straße her eine direkte Zufahrt baut. „Dass er sich dazu weigert, kann ich nicht verstehen. Mein Anwalt hat ihm eine Frist bis Ende des Monats gesetzt.“

Die Männer reden nur über Anwälte

Doch eine neue Einfahrt zu bauen, ist problematisch: Das Gefälle an dieser Seite ist sehr stark, eine direkte Zufahrt wäre gar nicht möglich. „Irgendetwas wird man machen können, aber das wird mehrere tausend Euro kosten“, sagt Wenzel. Am Mittwoch hat sein Anwalt eine Unterlassungserklärung an Ulrich geschickt. „Mit seiner Unterschrift soll er zusagen, dass er mit sämtlichen Arbeiten sofort aufhört.“ Bis Freitagnachmittag soll die Erklärung zurück sein. „Wenn das nicht der Fall ist, wird mein Anwalt eine einstweilige Verfügung beim Gericht einreichen.“

Dass sich die Männer ohne Anwälte einigen, wird wohl nicht passieren. „Ich glaube nicht an eine gütliche Einigung“, sagt Ulrich. „Herr Wenzel hat vor Monaten den Kontakt zu mir abgebrochen. Wir sind erwachsene Menschen und können reden.“ Als ein Gesprächsangebot an Wenzel will er das aber nicht verstehen. „Es gibt Dinge, die sind für mich nicht verhandelbar. Wir können gerne über die Gestaltung der Grundstücksgrenzen reden, so wie es zwischen Nachbarn üblich ist. Zufahrts- und Wegerechte sind für mich aber nicht verhandelbar. Herr Wenzel hat seine Grundstücke. Ich habe meine.“

Wenzel ärgert sich über die Haltung seines Nachbarn – und ein wenig über sich selbst. „Ich hätte damals das Gerichtsurteil nur akzeptieren dürfen, wenn gleichzeitig auch über die Wegerechte entschieden worden wäre. Das steht nun aus.“ Er ist zwar genervt darüber, dass er wohl nicht um eine zweite Gerichtsverhandlung herumkommen wird. Aber er setzt auch alle seine Hoffnung auf ein weiteres Verfahren: „Es muss doch einen Richter geben, der hier endlich mal so entscheidet, dass es für alle Beteiligten passt.“