Merken

Pfötchenhilfe braucht selbst Hilfe

Bei den Tierschützern in Priestewitz werden zurzeit viele Katzen abgegeben. Auch mit fadenscheinigen Begründungen.

Teilen
Folgen
NEU!
© Anne Hübschmann

Von Catharina Karlshaus

Priestewitz. Es ist Tag eins nach ihrer vermeintlichen Rettung. Und es ist offensichtlich kein Guter. Zusammengesunken sitzt die getigerte Katze im Käfig der Quarantänestation. Unruhig blicken die gelb-grünen Augen umher, der Körper hebt und senkt sich, als hätte sie starken Schüttelfrost. „Das arme Tier muss wirklich viel Schlimmes erlebt haben. Sie ist augenscheinlich stark traumatisiert“, sagt Manja Baumgartner und schüttelt ungläubig den Kopf.

Kitty war angeblich an einer Mülltonne gefunden worden. Doch das stimmte gar nicht.
Kitty war angeblich an einer Mülltonne gefunden worden. Doch das stimmte gar nicht. © Anne Hübschmann

Die Initiatorin der „Pfötchenhilfe Priestewitz“ wollte eigentlich keine Vierbeiner mehr in ihrem Haus in Böhla-Bahnhof aufnehmen. Am Montagvormittag habe es dann allerdings geklingelt und eine Frau habe ihr die Getigerte – von ihr angeblich auf den Namen Kitty getauft – vorbeigebracht. Laut Auskunft der Großenhainerin habe sie die Katze am Mülltonnen-Stellplatz auf der Johannes-R.-Becher-Straße gefunden. Eingepfercht in eine alte, dreckige Transportbox, völlig verstört, ohne Fressen sich selbst überlassen.

Manja Baumgartner ist mittlerweile einiges gewöhnt. Mit einer derartigen Kaltschnäuzigkeit der Menschen will sie sich aber nicht abfinden. Tiere anzuschaffen und dann wegzuwerfen wie ein Stück belanglosen Abfall. „Das müsste bestraft werden! Aber leider werden die Betroffenen ja nicht ertappt“, bedauert die 41-Jährige.

Mit etwas Glück landen Katzen wie Kitty bei der 2015 gegründeten „Pfötchenhilfe“. Eng mit dem Tierschutzverein Großenhain kooperierend, finden die ungeliebten Fellnasen dort eine fürsorgliche Aufnahme. Gewissermaßen rund um die Uhr ist die gebürtige Coswigerin mit der Pflege und Versorgung der Tiere beschäftigt und daher immer wieder aufs Neue entsetzt, mit welch fadenscheinigen Begründungen ihre Schützlinge abgegeben werden. Allerdings sei es ihr lieber, die Tiere fänden bei der „Pfötchenhilfe“ ein zeitweiliges Zuhause, anstatt dass sie von ihren bisherigen Besitzern ausgesetzt würden.

Sehr traumatisierte Tiere

Schnöde ausgesetzt, wie auch Kitty. Denn ungeheuerlich, aber wahr: Seit Dienstagmittag steht fest, dass die Katze nicht wie von der Großenhainerin erzählt, an der Mülltonne gefunden worden ist. Nachdem die Pfötchenhilfe Fotos veröffentlicht hatte, meldete sich eine Facebook-Nutzerin und machte darauf aufmerksam, dass das vier Jahre alte Tier bereits vor ein paar Tagen im Netz zum Verkauf stand. „Es ist wirklich unglaublich! Eine Freundin der Eigentümerin hat uns Kitty also unter Angabe dieser erfundenen Geschichte vorbeigebracht“, empört sich Manja Baumgartner. Die Dreistigkeit im Umgang mit den wehrlosen Lebewesen kenne keine Grenzen mehr.

Eine Tatsache, die der Großenhainer Tierschutzverein so nicht auf sich sitzenlassen will. Wie der Vorsitzende Armin Krake betont, werde man selbstverständlich mit der betreffenden Frau sprechen. Immerhin verursache die Aufnahme der Tiere in Priestewitz auch Kosten und zeitlichen Betreuungsaufwand. Die ausschließlich ehrenamtlich tätige Hilfe könne nicht dazu benutzt werden, auf impertinente Weise seine Katzen zu entsorgen.

„Hinzu kommt, dass Frau Baumgartner gerade in den vergangenen drei Wochen verstärkt Katzen aus Großenhain, insbesondere des Preuskerviertels, bei sich aufnehmen musste“, so Krake. Mit dem Beginn der Sommerferien liefen die ausgewachsenen, gut zwei Jahre alten Tiere im Stadtgebiet umher. Die Suche nach den Eigentümern mit Aushängen und über Facebook sei jedoch erfolglos geblieben. „Die Leute entledigen sich völlig ungerührt ihrer Katzen, und das war es.“

Zumindest für die herzlosen Besitzer. Denn die Arbeit für die Pfötchenhilfe fängt an diesem Punkt erst an. Nicht nur, dass die teilweise sehr traumatisierten Tiere versorgt werden müssten. Kosten für Futter, Einstreu sowie den Tierarzt schlagen mittlerweile gewaltig zu Buche. Und bereiten Armin Krake und Manja Baumgartner gehörig Kopfzerbrechen. Über die Beiträge der 45 Mitglieder allein und Futterspenden ließe sich die Pfötchenhilfe auf Dauer nicht finanzieren. „Angesichts der zurzeit vermehrt ausgesetzten Tiere brauchen wir wirklich Unterstützung! Langfristig stoßen wir sowohl mit unserer Kapazität als auch der Finanzierung an unsere Grenzen.“