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Sorge um Görlitzer Peterskirche

Pfarrer Hans-Wilhelm Pietz hofft auf finanzielle Unterstützung zur Sanierung der Türme. Helfen kann jeder.

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© nikolaischmidt.de

Von Matthias Klaus

Görlitz. Hans-Wilhelm Pietz ist zu einem Architektur-Experten geworden. Ein bisschen jedenfalls. Und auf jeden Fall ungewollt. Der Pfarrer der evangelischen Innenstadtgemeinde macht sich Sorgen um die Peterskirche. Zwar steht jetzt fest, wie der Schaden an den Kreuzblumen und Türmchen zustande kam. Ein Architekturbüro aus Dresden hatte die Risse am Bauwerk untersucht und das Ergebnis jetzt vorgelegt. Für eine Reparatur fehlt aber noch das Geld. „Schuld sind Minerale, die sich gebildet haben“, sagt Hans-Wilhelm Pietz. Und er setzt auch gleich zu einer Erklärung über eine „sekundäre Ettringitbildung“ an. Die Risse in der Peterskirche sind spätestens seit vergangenem Jahr offiziell bekannt.

Hinter einem großen Stahlgerüst verbergen sich die beiden Türme der 1230 erbauten Peterskirche – ein Bild aus dem Jahr 2001. Etwa 3,5 Millionen Mark kostete die Sanierung der Fassaden.
Hinter einem großen Stahlgerüst verbergen sich die beiden Türme der 1230 erbauten Peterskirche – ein Bild aus dem Jahr 2001. Etwa 3,5 Millionen Mark kostete die Sanierung der Fassaden. © SZ/Archiv

Eine akute Gefahr geht von dem Bauwerk derzeit nicht aus, nichts bröckelt oder fällt gen Boden. Im Frühjahr dieses Jahres machten sich Industriebergsteiger auf den Weg, kletterten an beiden Türmen empor. Diese Untersuchung kostete rund 9 000 Euro. Sie wurde von der Altstadtstiftung und von der Landeskirche bezahlt. Dabei war die Peterskirche erst um die Jahrtausendwende aufwendig saniert worden. Die Sanierung der Betontürme kostete 3,5 Millionen Mark, vermeldete die SZ. Ein Großteil des Geldes schoss damals der Freistaat zu. Aber eben diese Sanierung ist jetzt der Grund für die Schäden an dem Bauwerk.

Schmuck muss erneuert werden

Vor allem die sogenannten Wimpergkreuzblumen, die als Schmuck der Peterskirche dienen, haben gelitten. 16 davon gibt es an dem Bauwerk. Eine der beschädigten Blumen wurde bereits abgebaut und analysiert. Ergebnis: Alle 16 müssen erneuert werden, außerdem drei der kleinen Türmchen, genannt Fialtürmchen. Davon gibt es insgesamt 64 an der Peterskirche. „Glücklicherweise wurden vor 15 Jahren nur drei erneuert“, seufzt Pfarrer Hans-Wilhelm Pietz. Denn mit der Sanierung vor knapp 15 Jahren begann die heutige Misere. Die Idee damals war eigentlich gut. Die Verankerung der Blumen und der Türmchen sollte erneuert werden. Statt maroder Eisenstäbe wurde Edelstahl verwendet. Die Schäden kamen dann durch das Bindemittel zwischen Edelstahl und dem alten Beton. Um den Stahl mit dem alten Material zu verbinden, wurde ein spezieller Mörtel verwendet. „Der hatte einen kleinen Anteil Zement, dieser wiederum enthielt Aluminiumanteile“, schildert Pfarrer Hans Wilhelm Pietz. Der Alu-Anteil verträgt sich aber nicht mit dem ursprünglichen Beton. Denn der enthält Schwefel, Aluminium und Sulfate reagieren miteinander. „Wenn dann noch Wasser hinzukommt, bilden sich Minerale“, sagt Hans-Wilhelm Pietz. Diese würden sich aufblähen, das gesamte Konstrukt unter einen großen Druck setzen. Die Risse sind ein Ergebnis. „Erst gab es nur ganz feine davon, Haarrisse“, sagt der Pfarrer.

Finanzielle Hilfe wird dringend benötigt

Über die Jahre hinweg nahm der Druck jedoch immer mehr zu, die Risse verbreiterten sich. „Und je mehr Wasser dann hinzukommt, umso größer wird das Problem“, sagt Hans-Wilhelm Pietz.

Er ist froh, dass vor 15 Jahren nur drei der 64 Türmchen saniert worden sind. „Ansonsten wäre der Schaden heute noch viel größer“, sagt Hans-Wilhelm Pietz. Die Sanierung sei nach dem damaligen Stand des Wissens ausgeführt worden. „Der eingesetzte Pressmörtel war geprüft, galt als sulfatresistent“, sagt der Pfarrer. Erst 2005 sei bei einer Experten-Tagung zur Sprache gekommen, dass es zu einer Mineralbildung wie an der Peterskirche kommen kann. Fachleute waren in Thüringen nach der Sanierung von Denkmalen und Schlössern darauf aufmerksam geworden. Aber: Bis heute ist die Erneuerung von Denkmalen mittels Pressmörtel gang und gäbe.

16 Blumen und drei Türmchen an der Peterskirche müssen nun saniert werden. Wann das geschieht, ist noch offen. Auch was das Ganze kosten wird, ist unklar. Pfarrer Hans-Wilhelm Pietz hat aber schon eine genaue Vorstellung davon, wie die Arbeiten ablaufen werden. „Zunächst müssen wir uns Unterstützer suchen. Egal ob das Vereine, Unternehmen oder Privatpersonen sind. Wir brauchen einfach finanzielle Hilfe“, sagt er. Auf über 500 000 Euro schätzt Hans-Wilhelm Pietz allein das Gerüst, dass an der Peterskirche angebracht werden muss. Das soll dabei erst ab der Aussichtsplattform angebracht werden. Vom Erdboden müsste dann ein Aufzug fahren, so der Pfarrer. Anfang des kommenden Jahres sollen noch einmal Industriekletterer die Türme erklimmen. Dann geht es darum, den Zustand nach dem Winter zu erkunden. Wenn danach gebaut wird, sollen auch gleich Schäden beseitigt werden, die durch Wasser verursacht wurden, außerdem Algen.