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Peugeot wird chinesisch

Die Gründerfamilie gibt die Macht ab, um dem Konzern eine Zukunft zu sichern.

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© Xinhua

Von Ansgar Haase und Andreas Landwehr

Es soll ein Befreiungsschlag für Europas zweitgrößten Autobauer PSA Peugeot Citroën werden. Die Erben des Gründers geben das Lenkrad aus der Hand. Eine Allianz mit dem zweitgrößten chinesischen Hersteller Dongfeng (Ostwind), neue Milliarden und ein neuer Chef sollen den Weg aus der Krise bahnen. Die Chinesen und der französische Staat übernehmen jeweils 14 Prozent der Anteile, während die Peugeot-Familie die Kontrolle abgeben muss und mit ebenfalls 14 Prozent auf dem Beifahrersitz landet.

Damit endet auch ein Stück französischer Industriegeschichte. Mit Wehmut erinnern sich viele Franzosen noch heute an die Zeit, als Citroën Kultautos wie die „Ente“ (2CV) oder die legendäre Limousine „DS“ („Göttin“) produzierte. Auch Peugeot, die Marke mit dem Löwen im Logo, machte zuletzt vor allem mit Absatzproblemen Schlagzeilen.

In die bedrohliche Schieflage haben den Konzern vor allem strategische Fehlentscheidungen gebracht. Während sein großer Rivale Volkswagen schon lange auf den boomenden und heute größten Automarkt der Welt in China setzte, konzentrierte sich PSA Peugeot Citroën viel zu lange auf Europa und wurde voll von der Krise getroffen. Trotz Sparkurs und Entlassungen summierten sich die Verluste im vergangenen Jahr weiter auf 2,3 Milliarden Euro – im Jahr davor waren es sogar rund fünf Milliarden.

Ein radikaler Kurswechsel und neue Märkte in China und Südostasien sollen das Traditionsunternehmen nun aus dem Schlamassel holen. Für den Neustart werden den Planungen zufolge mindestens drei Milliarden Euro neues Geld bereitstehen – davon jeweils 800 Millionen Euro vom französischen Staat und den Chinesen. „Der größte Fehler war, dass PSA nicht neue Märkte erkundet hat“, sagte Cui Dongshu von Chinas Vereinigung der Personenwagenhersteller. „China wird eine Art Lebensretter für sie.“

Dongfeng und PSA Peugeot Citroën wollen die Zusammenarbeit massiv ausbauen. Schon heute kooperieren beide in China in einem Joint Venture mit drei Werken. „Dongfengs Erfahrung auf dem chinesischen Markt ist eine große Hilfe für die Kooperation“, sagt Experte Cui Dongshu. Ab 2020 will das Gemeinschaftsunternehmen 1,5 Millionen Autos im Jahr verkaufen, wie die Chinesen vollmundig verkünden. Damit würde der Konzern seinen Absatz verdreifachen.

Nach der bislang erfolgreich verlaufenen Übernahme von Volvo Cars durch den chinesischen Hersteller Geely 2010 ist der Einstieg von Dongfeng bei den Franzosen die zweite große Auslandsinvestition eines chinesischen Autobauers. Der staatliche Konzern erhofft sich vor allem Zugang zu fortschrittlichem europäischen Know-how. „Sie müssen ihre Technologie und ihr Managementsystem dringend verbessern“, sagt Cui Dongshu. Für beide wäre die Kooperation somit ein Gewinn.

Der Retter aus China ist vielen Franzosen aber nicht geheuer. Die Angst, von Dongfeng geschluckt werden zu können, hat die Verhandlungen immer wieder hinausgezögert, wie in Peking vermutet wird. So will der französische Staat mit seinem eigenen Einstieg auch verhindern, dass der Autobauer – einst der Stolz der Nation – ganz in die Hände der Chinesen fällt. Eine „patriotische Entscheidung“, heißt es dazu in Paris.

Mit dem frischen Geld soll an der Wettbewerbsfähigkeit und neuen Projekten gearbeitet werden. Die als schwammig kritisierte Markenpositionierung muss verbessert werden. Auf dem europäischen Heimatmarkt hatte PSA Peugeot Citroën zuletzt nicht nur Umsatz, sondern auch Marktanteile verloren. Während sich Peugeot künftig im Qualitätssegment positionieren will, soll Citroën unter der Serienbezeichnung C Einsteigermodelle ohne großen Luxus anbieten. „Back in the Race“ – „Zurück im Rennen“, lautet somit das Startmotto des neuen Chefs Carlos Tavares, der das Ruder vom bisherigen Konzernchef Philippe Varin übernehmen wird. (dpa)