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Personalnot im Krankenhaus?

Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt fehlen rund 10 000 Klinikmitarbeiter. Eine Nachfrage vor Ort überrascht.

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© André Braun

Von Maria Fricke

Döbeln. Die Gesundheitsbranche hat ein Problem. Es fehlt an Pflegekräften. Allein 10 000 besagen Berechnungen der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft Verdi für die drei Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Pflegekräfte, die allein Nachtschichten abarbeiten müssen und kaum mehr Zeit für ihre Patienten haben. Ist das auch das Bild in den Kliniken der Region Döbeln? Der DA hat einmal nachgefragt. Das Ergebnis überrascht.

Von personellem Notstand ist an keinem Krankenhaus die Rede. In Leisnig werden derzeit Stellen aufgebaut, wie Geschäftsführerin Peggy Kaufmann sagt. Grund sei die Tatsache, dass immer mehr Patienten behandelt werden. So waren 2016 rund 9 400 zur stationären Behandlung in der Helios-Klinik, im Jahr zuvor waren es 500 weniger. „Deshalb stellen wir allein im laufenden Jahr sieben neue Pflegekräfte zusätzlich ein“, erklärt die Geschäftsführerin. Beim Großteil der Stellen, die die Klinik im Bereich Pflege ausgeschrieben hat, handele es sich um Nachbesetzungen, die mittel- bis frühzeitig angegangen werden. Gleiches gelte für die Stellengesuche im ärztlichen Bereich.

Zu wenig Pflegekräfte auf dem Markt

Kaum anders ist die Situation am Klinikum Döbeln sowie in Mittweida. „Zwar stehen die Leute auch bei uns nicht Schlange, aber von Notstand kann keine Rede sein“, sagt der Verwaltungsleiter des Döbelner Klinikums Martin Preißer. Um den Bedarf an Pflegekräften immer erfüllen so können, ist das Klinikum ständig auf der Suche nach Personal. „Damit wollen wir uns vor einem Notstand schützen“, so Preißer.

Etwas aus dem Rahmen fällt die Landkreis Mittweida Krankenhaus (LMK) gGmbH. Pflegepersonal wird dort überhaupt nicht gesucht. „Personalbedarf im pflegerischen, medizinisch-technischen oder Verwaltungsbereich besteht innerhalb der LMK gGmbH nicht“, teilte Yvonne Hellwig, Assistentin der Geschäftsführung, mit. Gesucht wird momentan lediglich im ärztlichen sowie psychologischen Bereich.

Doch auch wenn es aktuell keine Engpässe in den Krankenhäusern gibt, vorsorgen müssen die Einrichtungen trotzdem. Denn: „Es gibt generell zu wenige medizinische Fachkräfte in Deutschland“, betont Yvonne Hellwig. Alle drei Kliniken bilden für den eigenen Bedarf im Haus aus. Zwischen zwölf und 21 angehende Pflegekräfte lernen in den Krankenhäusern. Um dafür auch genügend Interessenten zu finden, sind die Kliniken unter anderem auf Ausbildungsmessen aktiv.

„Um junge Nachwuchskräfte werben wir bereits in der Schule“, sagt Peggy Kaufmann aus Leisnig. Es gibt eine Kooperation mit der dortigen Peter-Apian-Oberschule. Die Klinik sowie das Döbelner Krankenhaus beteiligen sich an der Woche der offenen Unternehmen und arbeiten eng mit der Agentur für Arbeit zusammen. In Döbeln können Schüler bei Praktika erste Erfahrungen in der Klinik sammeln. Darüber hinaus bietet das Klinikum ein Freiwilliges Soziales Jahr an.

Über ein solches ist Sandra Sperling, Krankenschwester in der Helios-Klinik in Leisnig, zum Pflegeberuf gekommen. Absolviert hat sie das an der LMK. „Dadurch wusste ich, was auf mich zukommt.“ Die Arbeit mit kranken Menschen, die Konfrontation mit dem Tod, dazu drei Schichten, mit Wochenend- und Feiertagsdiensten, und oftmals eine unangemessene Bezahlung: Viele Jugendliche schrecken daher vor dem Beruf zurück. Sperling, die inzwischen zwei Kinder hat, nicht. Sie zeigt, dass auch Mütter in der Branche Fuß fassen können. Obwohl die Harthaerin das nach der Geburt ihres zweiten Kindes auch anders gesehen hat.

Sperling kam bereits 2009, nach der ersten Elternzeit, an die Helios-Klinik nach Leisnig. Nach der Geburt ihrer Tochter wechselte sie in eine Gesundheitseinrichtung, in der sie nur in Tagschichten bis 16 Uhr gearbeitet hat. Doch das passte nicht. Sie kehrte nach Leisnig und damit ins Drei-Schicht-System zurück. Und ist heute froh darüber.

Pflegekräfte brauchen Flexibilität

Mit den Schichten wechselt sie sich mit ihrem Mann ab. Auch er geht in Nacht-, Früh- und Spätschichten arbeiten. Muss die 35-Jährige früh ihre Kinder wegbringen, darf sie 30 Minuten später beginnen. Hat sie einen Termin mit dem Nachwuchs, kann sie es sich in Absprache mit dem Stationsleiter einrichten. Ohne die Flexibilität des Arbeitgebers würde es nicht gehen. Dass sie auch am Wochenende arbeiten muss, wenn ihre Kinder zu Hause sind, macht der Mutter wenig aus. „Wenn ich in der Woche einen freien Tag habe, dann lasse ich die Kleine auch mal zu Hause“, sagt Sandra Sperling. Ihre Ausbildung musste die 35-Jährige damals in Frankfurt am Main absolvieren. Da die Nachfrage nach dem Beruf so groß war, habe es nicht genügend Stellen für die Auszubildenden gegeben.

Vor allem die Vereinbarkeit von Familie und Beruf spielt in den Kliniken, um für Fachkräfte attraktiv zu sein, eine immer größere Rolle. „Sie ist von großer Relevanz und hat in unserem Unternehmen hohe Priorität“, sagt Yvonne Hellwig von der LMK, die mit Teilzeitregelungen versucht, der Nachfrage gerecht zu werden. In der Helios-Klinik Leisnig gibt es diesbezüglich individuelle Lösungen, sagt Peggy Kaufmann. Das Klinikum Döbeln wirbt zudem mit Sonderurlaubstagen, regelmäßigen Gehaltsanpassungen sowie Unterstützungen bei der Gesundheitsförderung der Mitarbeiter. Darauf legt auch die Helios-Klinik mit Zusatzversicherungen und verschiedenen Aktionen wie Rückenschule, Gesundheitstagen oder Laufveranstaltungen wert.