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Per Crashkurs zum Eisenbahner

Zeitgefühl statt Bestnoten: Grundschüler lernen, worauf es bei der Parkbahn ankommt.

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© André Wirsig

Von Marcel Laskus

Im Gewirr der Tasten und Leuchten behält Melina die Übersicht. Mit konzentriertem Blick legt sie einen Hebel um, schon ist die Weiche gestellt. Kurz darauf rollt der randvoll besetzte Zug im Bahnhof Zoo ein. Für die 13-Jährige ist es ein routinierter Ablauf. Schon vier Jahre arbeitet Melina bei der Parkeisenbahn im Großen Garten, wo sie Gleise überwacht, Passagiere berät und Züge koordiniert.

Heute steht eine weitere Aufgabe auf dem Dienstplan – Melina schlüpft in die Rolle der Mentorin. Der Anlass: Die dritte Klasse der 47. Grundschule in Strehlen ist zu Gast. Neun- und Zehnjährige wollen im dreistündigen Crashkurs erfahren, was es an Geschick benötigt, um Eisenbahner zu werden. „Es ist eine Ausnahme, dass so junge Kinder bei der Parkeisenbahn mitwirken“, sagt Tilo Hüneborg. Der 37-Jährige koordiniert die Zusammenarbeit mit den Schulen. Worauf es als Jung-Eisenbahner ankommt? „Die Kinder sollten schon die vierte Klasse besuchen, verlässlich sein und eine analoge Uhr lesen können“, so Hüneborg. Musterschüler müsse man nicht sein. Der hauptberufliche Elektromonteur arbeitet wie die meisten seiner Kollegen ehrenamtlich bei der Parkeisenbahn. Auch er hat 1987 mit zehn Jahren seinen Dienst im Großen Garten als Jung-Eisenbahner begonnen, damals noch als Pionier.

Melina zeigt derweil dem neunjährigen Carl, wie er am Gleisbildpult per Knopfdruck die Weichen stellt. Die Arbeit gefalle ihm, sagt er. Jedoch weiß Carl noch nicht, ob er nächstes Jahr bei der Parkbahn anfangen wird: „Ich spiele schon Tischtennis und Schach“, sagt der Drittklässler. Für ein weiteres Hobby fehlt die Zeit. Dennoch: Über genügend Nachwuchs kann sich die Parkeisenbahn nicht beschweren. Jährlich hängen zwar etwa 50 der 200 Kinder die Eisenbahnermütze an den Nagel – genauso viele beginnen aber auch ihren Dienst. Wie lange Melina ihrem Hobby treu bleibt, macht die Siebtklässlerin vom Schulstress abhängig: „Solange ich genügend Freizeit habe, mache ich weiter.“