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Penck war hier

Der große Maler ist am Dienstag gestorben. Vor 39 Jahren gab er als Musiker ein Konzert in der Stadt. Es gibt ein Gemälde davon.

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© Michael Werner/Repro SZ

Von Kathrin Krüger-Mlaouhia

Großenhain. Die Welt trauert um den gebürtigen Dresdner Künstler A.R. Penck, der am Dienstag mit 77 Jahren verstorben ist. Auch zu Großenhain hatte der berühmte Maler erstaunlicherweise einen Bezug. Kurz vor seiner Ausbürgerung 1980 spielte Penck, der mit bürgerlichem Namen Ralf Winkler hieß, als Musiker im damaligen Studentenclub Tonne des Lehrerbildungs-Instituts (IfL) in der Poststraße. Ein Gemälde erinnert daran.

Das Bild „Konzert in Großenhain“ wissen Kunstkenner in der ganzen Welt zu schätzen. Es war im Musée d’Art Moderne in Paris zu sehen. Vorher auch in der bekannten Schirn Kunsthalle in Frankfurt/Main. A.R. Penck hat es in dem ihm eigenen Stil gemalt. Der Mann, dessen Strichmännchen das Dach überdimensional des Dresdner art`otels gegenüber dem Haus der Presse ziert. Pencks Bild vom Konzert entstand 1978, also vor fast 40 Jahren.

Die vier Musiker, die vom Großenhainer Klub eingeladen worden waren, wurden später sehr bekannt: Ulrich Gumpert spielte Piano, Günter Baby Sommer saß am Schlagzeug und blies Saxofon, Peter Kohlwald, inzwischen auch verstorben, strich den Bass. Und Ralf Winkler spielte Gitarre und teilweise auch Drums. Penck war damals 39 Jahre alt. „Er hat die Gitarre nicht nur gespielt, er hat sie auf der Bühne sogar demoliert“, erinnerte sich der Dresdner Star-Musiker Günter Baby Sommer. Dass das 1978 war, weiß er noch, weil es ein weiteres Bild mit dieser Jahreszahl von Penck gibt, das er selbst besitzt: vom Treffen der Akteure vor besagtem Konzert im Dresdner Hotel Astoria.

Der berühmte Penck in Großenhain – daran konnte sich aber vor Jahren schon keiner mehr erinnern. SZ fragte 2008 Brigitte Zschoche, die ehemalige Institutsleiterin. Sie hielt sich 1978 gerade im Ausland auf. Auch Gudrun Reichelt aus Riesa, früher Fachgruppenleiterin Musik am Lehrerbildungsinstitut, war nicht dabei. Auch nicht im Publikum saß seinerzeit Cornelia Bindig aus Zabeltitz, einst engagierte Studentin. „Doch über dieses Konzert ist mir erzählt worden“, erinnerte sie sich. Den Musikern selbst ist Großenhain aber im Gedächtnis geblieben. „Penck hat sehr freien Jazz gespielt. Bei ihm zu Hause war schon frühzeitig neue Musik zu hören, zum Beispiel von Arno Strindberg“, sagte Pianist Ulrich Gumpert, Musiker in Berlin. Den Vollblut-Jazzer Günter Baby Sommer hat Penck damals, wie er erzählte, mit seiner chaotischen Gitarrenaktion beim Spielen sehr gestört – obwohl das ganze Konzert improvisiert war, eben Free Jazz, ein „energetisches Erlebnis“, ein „Gefühl von Freiheit“.

Den von A.R. Penck hervorgerufenen Schock mit der Gitarre habe das junge Publikum rasch überwunden. „Wir Künstler wurden trotzdem verehrt“, sagte Sommer. Doch Penck, der dazugekommene Maler, hätte dilettantisch gespielt. Andreas Platthaus von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung beschrieb Pencks malerische Konzerterinnerung als „eklektizistische (zusammengestückelte - d.R.) Großtat: Der Bassist links könnte von Beckmann stammen, der Saxofonist daneben ist kubistisch angelegt, der Pianist erscheint als Karikatur, der Gitarrist als bloße Umrisszeichnung ähnelt am ehesten Pencks Manier, während der Künstler selbst am Schlagzeug in eine rasende Bewegung aufgelöst ist, die den rechten Bildrand mit rot-schwarzem Formenwirbel zu sprengen scheint.“