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Pegida pausiert Pfingsten

Pfingstmontag kehrt Tatjana Festerling zurück auf die Bühne und wirbt für die Festung Europa. In den vergangenen Wochen strickte sie schon am großen Grenzzaun.

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© Tobias Wolf

Dresden. Nach zwei Stationen in der Prager Straße könnte sich Pegida am nächsten Montag wieder auf dem Neumarkt versammeln. Diese Prognose äußerte Lutz Bachmann am Ende des abendlichen Rundlaufs durch die Innenstadt von Dresden.

Pegida trifft sich am Dresdner Hauptbahnhof.
Pegida trifft sich am Dresdner Hauptbahnhof. © Tobias Wolf
Am vergangenen Montag lief Pegida erstmals über die Prager Straße.
Am vergangenen Montag lief Pegida erstmals über die Prager Straße. © SZ

Und einen weiteren Termin kündigten die Organisatoren an: Am 16. Mai nehmen Edwin Wagensveld und Tatjana Festerling ihren nächsten Anlauf für die „Festung Europa“. Ob die geladenen Gäste dann die EU-Reisefreiheit genießen oder sich bis dahin noch um Visa kümmern müssen und wer überhaupt alles kommt, nach der fulminanten Premiere vor vielen Wochen, das werde demnächst bekannt gegeben, hieß es.

Auf ihrer Homepage schreibt Dresdens ehemalige Oberbürgermeister-Kandidatin von 15 Uhr am Pfingstmontag und posiert dazu mit Wagensveld. Der trägt auf dem Foto ein Pegida-T-Shirt, Festerling dagegen neutrales Weiß.

Doch zurück auf die Bühne: Aus Mangel an geladenen Rednern reichte Bachmann zum Schluss einem Mann aus dem Pegida-Volke das Mikro und fragte anschließend in die Runde, ob man an der Praxis der spontanen Rede festhalten wolle - 5 Minuten offenes Mikrofon. In Ermangelung eines passenden Rufes johlt die Menge einfach, was als Zustimmung interpretiert wurde und so dürfen sich alle Beteiligten kommende Woche auf den nächsten „Ronny“ freuen.

Danach intonierte Ramona die Nationalhymne der Bundesrepublik Deutschland und fast alle Lichter gingen aus.

Gegendemonstrationen gab es diesmal keine. Die Organisatoren der Proteste gegen Pegida feierten in Freital, wo der Hamburger Verein „Laut gegen Nazis“ zu einer Veranstaltung geladen hatte. Zu den dortigen Künstlern zählten unter anderem Smudo, Leslie Clio und Irie Révoltés. Einen Ticker aus Freital finden Sie hier.

In Dresden blieb derweil alles beim Alten: Nach einer patriotischen Synthesizereinlage begrüßte Lutz Bachmann die offenbar weiter leicht geschrumpfte Schar der Pegida-Spaziergänger. Die Initiative „Durchgezählt“ schätzte die Zahl der Teilnehmer auf 2 900 bis 3 500 Demonstranten. Unbeirrt davon bedankte sich der Stimmungsmacher in eigener Sache bei der „bürgerlichen Mitte der Stadt Zwickau“, woraufhin die Pedigisten das Ständchen „Hoch soll sie leben“ anstimmten.

Getragen von der Euphorie schwadronierte Bachmann weiter über die „rotlackierten Faschisten“ und die fahnenschwingende Fangruppe intonierte „Jetzt geht´s los“. Einmal in Fahrt, teilte Bachmann wiederholt gegen Facebook aus und landete endlich den ersten Verschwörungstheorie-Treffer des Abends: Seit sich eine SPDnahe Firma um die Administration des Netzwerkes kümmere, seien verdächtig viele Seiten und Accounts von bekennenden Pedigisten gesperrt, lautete das Fazit.

Die Brandstifter aus Freital titulierte er „Dumpfbacken“ und widmete sich im Gegenzug den „Terrorgruppen der Antifa“: Deren Datenklau bei der AfD sei eine Form der Denunziation, die auch zum politischen Mord führen könne. Nach dieser steilen These landete Bachmann wieder bei den obligatorischen Feindbildern, schimpft auf die Nato und lobt das „besonnen handelnde Russland“.

Anschließend feierte er die österreichische FPÖ und kündigte an, dass 2017 die „Volksverräter“ der Einheitsparteien aus dem Parlament gejagt werden. Weil Tatjana Festerling abermals auf der Bühne fehlte, reagierte die Menge verunsichert. Ihre Anhängerschaft rief reflexartig „Ausmisten“, eine andere Gruppe favorisiert den Klassiker „Merkel muss weg“. Da diesmal offenbar weniger Landbevölkerung an der Demo teilnahm, setzten sich die Merkel-Rufer durch.

Zum Finale der ersten Halbzeit kündigte Bachmann für die Bilderberg-Konferenz Aktionen von Pegida an, sprach von der Taktik der Nadelstiche und bat um Verständnis, dass man in gepflegter Guerilla-Manier ja nicht alles im Vorfeld verraten könne. Natürlich vergaß er auch nicht, für seinen „Schauprozess“ zu werben. Am Dienstag sitzt er wieder ab 10 Uhr vor seinem Richter im Amtsgericht Dresden wegen Volksverhetzung.

Siegfried Daebritz übernahm das Mikro von Bachmann und plauderte auch noch eine Weile von der guten alten Zeit, bevor sich die Pedigisten aufmachten zum Rundgang. In der vergangenen Woche war Pegida erstmals über die Prager Straße, Dresdens größte Einkaufsmeile, marschiert. Laut der Gruppe durchgezählt nahmen bis zu 3 600 Menschen daran teil. (szo)