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Patente Paten

Der Lebensabend muss warten. Maria Weigelt und Hans-Christoph Scholtyssek haben in Tansania noch viel vor.

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© Sven Ellger

Von Nadja Laske

Die Frage steht Hans-Christoph Scholtyssek ins Gesicht geschrieben. An den Moment, als er ein gackerndes Federvieh überreicht bekam, erinnert ein Foto aus Tansania. Ein Gastgeschenk, wie in Russland Brot und Salz – und das sichere Ende jenes Hühnerlebens.

Als Gast fühlt sich Scholtyssek inzwischen nicht mehr. So oft schon hat er die Gemeinde Mbinga im Süden Tansanias besucht. Als Vorstand des Vereins Brückenschlag Sachsen-Tansania leitet er den Bau von Schulen in der afrikanischen Provinz und schaut dafür ein- bis zweimal pro Jahr nach dem Rechten. Das erste Projekt war eine Computerschule mit 120 Arbeitsplätzen. Von der Maus bis zum Mobiliar verschickte der Verein die gesamte Ausstattung per Container – ein riesiger Kraftakt.

Gerade hat sich Hans-Christoph Scholtyssek wieder auf den Weg gemacht. Genau an seinem 72. Geburtstag hob der Flieger von Berlin in Richtung Daressalam ab. In der Millionenmetropole besteigt der Senior einen Bus, der ihn, Einheimische und sicher auch das eine oder andere Huhn ans rund 1 200 Kilometer weit entfernte Ziel bringt. Etwa 18 Stunden dauert die Fahrt.

Maria Weigelt tut sich diese Strapaze nicht an. Die Vize-Vereinsvorsitzende geht einen anderen Weg, um Kindern das Lernen zu ermöglichen. Neben ihrer Arbeit im Verein zahlt die 60-Jährige das Schulgeld für ein Patenkind. „Ich war sehr lange arbeitslos und habe mir immer gesagt: Wenn ich wieder Geld verdiene, unterstütze ich ein Kind.“ Nun ist sie geringfügig beschäftigt und spendet von ihren gut 300 Euro Monatsverdienst einen Schulplatz.

Im Distrikt Mbinga erwarten Bekannte und Partner den weit Gereisten aus Dresden zu einer Grundsteinlegung. Eine neue Schule soll entstehen. Diese Aufgabe haben sich Scholtyssek und seine Vereinsfreunde gestellt: Mehr Menschen in Tansania Bildung zu ermöglichen. Dank einer Förderung der Sächsischen Jugendstiftung kommt er nun sogar mit besonders vollen Händen nach Mbinga. Seit der Vereinschef seinen Verwaltungsjob in Bonn und die Arbeit im Sächsischen Landtag niedergelegt hat, verbringt er seinen Ruhestand rastlos.

„Wir haben exakt 63 830 Euro bekommen. Die fließen in den Bau unserer neuen Einrichtung mit Latrine, Küche, Speiseraum und Schulhof für 350 Schüler“, sagt Scholtyssek. Zehn Prozent der Summe habe der Verein selbst aufbringen müssen, und 15 Prozent stellt die Kommune vor Ort in Form von Arbeitsleistung bereit. „Acht bis zehn Kilometer weit laufen die meisten Mädchen und Jungen zur Schule. Das ist normal.“ Dass sie überhaupt lernen können, ist keine Selbstverständlichkeit. Zwar habe die Regierung das Schulgeld für den Besuch staatlicher Schulen inzwischen abgeschafft. Doch Bildung für die Bevölkerung organisieren ganz entscheidend freie Initiativen wie Scholtysseks Verein. Vor allem in ländlicher Gegend sind die Klassen staatlicher Schulen überfüllt. Ihre Ausstattung ist schlecht, und Eltern müssen trotz offizieller Kostenfreiheit für Schuluniformen, Verpflegung und Unterrichtsmittel so viel Geld bezahlen, dass sie ihre Kinder lieber nicht anmelden. Für Aids-Waisen bringt gleich gar keiner Mittel auf. Für sie sucht der Verein Paten und vermittelt das Schulgeld an die jeweilige Schule. „Niemand ist so arm, dass er nichts zu geben hätte, und niemand ist so reich, als dass er nichts mehr zu empfangen bräuchte“ – diese afrikanische Weisheit begleitet die Vereinsmitglieder und Paten.

Für ihre Mühe haben sie auf jeden Fall ein Huhn verdient, finden ihre tansanischen Freunde. Scholtyssek lacht: „Man kann es aber auch bis zur Ziege bringen.“

Nächstes Benefizkonzert: 8. Oktober, 19 Uhr, in der Kirche St. Hubertus, Am Hochwald 8, mit dem Organisten Friedemann Stihler und seinen rockenden Orgelpfeifen

www.brückenschlag-sachsen-tanzania.de