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Parlamentarier im Großmarkt-Fieber

Das Büro von Klaus Brähmig versorgt Bundestagsabgeordnete mit Metro-Kundenkarten. Der Andrang ist groß, der Ärger auch.

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© dpa

Von Christian Eissner und Katharina Klemm

Ob der Königsteiner CDU-Bundestagsabgeordnete Klaus Brähmig regelmäßig „Spiegel“ liest, ist nicht bekannt. Ein Beitrag in der aktuellen Ausgabe des Nachrichtenmagazins jedenfalls dürfte ihn schnell erreicht und kaum gefreut haben. Unter der Überschrift „Kleingehackter Knoblauch“ deckt das Magazin darin eine muntere Verteil-Aktion von Metro-Kundenkarten auf – organisiert vom Büroleiter des Parlamentariers.

Gregor Strabel, Büroleiter.
Gregor Strabel, Büroleiter. © Daniel Förster
Klaus Brähmig, CDU-Abgeordneter.
Klaus Brähmig, CDU-Abgeordneter. © Daniel Förster

Einkaufen bei Metro, das dürfen Unternehmer, Freiberufler, Restaurants und Vereine. Laut der Philosophie der Handelskette ist die oft in XXL-Gebinden angebotene Ware zum Weiterverkauf bestimmt, nicht für den gemeinen Endverbraucher – weshalb der Besitz einer Metro-Kundenkarte als Privileg gilt. Wirklich strikt legt das Unternehmen seine eigenen Regeln aber offenbar nicht aus, wie das Beispiel CDU/CSU-Bundestagsfraktion zeigt. Über das Büro von Klaus Brähmig bietet Metro allen Fraktionsmitgliedern und auch deren Mitarbeitern Kundenkarten an. Eine Tätigkeit als selbstständiger Unternehmer müssen sie nicht nachweisen.

Das Interesse ist beachtlich. Aus rund 100 der 311 Abgeordnetenbüros seien seit dem 1. April Anträge eingegangen, bestätigt Brähmigs Büroleiter Gregor Strabel der SZ. Der Spiegel schreibt dazu: „Dass die Vorzugsbehandlung von Abgeordneten und ihren Mitarbeitern gerade in diesen Zeiten heikel sein könnte, scheint niemanden zu stören. […] In der Union scheint man besonders heiß auf Rabatte zu sein.“

Gregor Strabel ist die Sache unangenehm. Er versucht nach Kräften, seinen Chef herauszuhalten. Für die Initiative sei ausschließlich er selbst verantwortlich, betont Strabel gegenüber der SZ. „Klaus Brähmig hat damit nicht das Geringste zu tun.“ Er wirft dem Spiegel vor, wissentlich ein falsches Bild gezeichnet zu haben: „Eigentlich ist das doch gar keine Geschichte wert.“ Strabel erklärt die Metro-Sonderbehandlung so: Ein Konzernvertreter habe im lockeren Gespräch Kundenkarten für Abgeordnete und deren Mitarbeiter angeboten, und er habe dieses Angebot einfach weitergegeben – in seiner Funktion als Sprecher der fraktionseigenen Mitarbeitervertretung. Ein Privileg oder gar eine unzulässige Vorteilsnahme sieht Strabel nicht. Die Abgeordneten dürften zwar jetzt im Großhandel einkaufen, aber „sie erhalten dort doch keine Sonderrabatte.“ Außerdem, eine Metro-Kundenkarte bekomme doch heute fast jeder. Strabel bezeichnet den Vorwurf, die Parlamentarier würden sich ungerechtfertigte Vorteile verschaffen, als „lächerlich“ und spielt den Ball an die Journalisten zurück. Sie würden auch gern alle Privilegien nutzen, die ihr Beruf ihnen biete.

Selbstverständlich transparent

So locker sieht man das nicht überall im Parlament. Laut Spiegel gab es innerhalb der CDU/CSU-Fraktion zumindest einen, der sich beschwerte. Und bei den anderen Fraktionen im Bundestag erntet die Aktion eher Kopfschütteln. „Wir Bundestagsabgeordneten sind ausreichend ausgestattet“, sagt die sächsische Grünen-Abgeordnete Monika Lazar auf SZ-Anfrage. Die Parlamentarier würden mit solchen Aktionen Lobbyisten auf den Leim gehen, das hätten sie nicht nötig. „Solche Beispiele verstärken leider die Vorurteile uns PolitikerInnen gegenüber.“

Auch den Metro-Konzern beschäftigt der Spiegel-Bericht. Schriftlich teilt eine Sprecherin gegenüber der SZ mit, das Unternehmen setze sich für Transparenz ein und sei „selbstverständlich im EU-Transparenzregister gelistet“. Die Zugangsregelungen für Kundenkarten seien „für alle gleich und es gibt keine Sonderregelungen für einzelne Gruppen, wie dies der Spiegel andeutet.“ Wie es dennoch zu der offensichtlichen Sonderbehandlung für die Unions-Abgeordneten kommen konnte, dazu wollte sich der Konzern nicht äußern. Der Fall werde derzeit intern geprüft, erklärte die Sprecherin auf telefonische Nachfrage.

Er wollte den Fraktionsmitarbeitern etwas Gutes tun und werde dafür nun so gescholten – Gregor Strabel findet das nicht fair. „Ich Depp habe Metro die Arbeit vereinfacht, indem ich die Kundenkarten verteilt habe. Jetzt stehe ich dafür am Pranger.“ Die Journalisten sollten doch etwas weniger mit Neid und Missgunst arbeiten.