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Papst und Pommes-Tüten von der Stange

Seit über zwanzig Jahren schneidert und verleiht Anke Große Kostüme in Lauba. Jetzt herrscht wieder Hochbetrieb.

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© Thomas Eichler

Von Susanne Sodan

Lauba. Der Papst befindet sich gerade in ungewohnter Gesellschaft. Direkt neben ihm: fünf Hexen. Die Schweizergarde, die auf den Papst aufpassen soll, ist zwar nirgendwo zu sehen. Dafür aber ist Sherlock Holmes nicht weit. Und auch die Queen, gut zu erkennen an ihrem Faltenrock mit passender Bluse, schwarzem Täschchen und farblich abgestimmtem Hut, ist im Raum. Eine Welt aus allen Zeiten, Kulturen, Fiktion und Realität – aneinandergereiht auf Kleiderstangen im Untergeschoss der Schneiderei in Lauba. Einmal im Jahr stellt Inhaberin Anke Große ein weiteres Schild draußen vor dem Gebäude an der Löbauer Straße auf: Kostümverleih.

Den Großteil der Kostüme in ihrem Fundus hat Anke Große selber genäht. „Etwa 90 Prozent schätze ich“, sagt sie. Angefangen hat alles vor über zwanzig Jahren. Sie nimmt einen Bügel mit einer kleinen Feuerwehruniform von der Stange. „Das ist das erste Kostüm, das ich selber genäht habe“, erzählt Anke Große. Ihr älterer Sohn war im Kindergarten. Und wie das so ist: Jedes Jahr aufs Neue beginnt mit der Faschingszeit für die Eltern die Suche nach einem neuen, möglichst originellen Kostüm fürs Kind. Damals hat Anke Große angefangen, selber zu nähen. Ein Verleih sollte daraus eigentlich nie werden. „Das war nicht geplant“, erzählt sie. „Ich dachte damals: Ach, das Kostüm hier hänge ich mal mit hoch in den Laden.“ Vielleicht konnte es ja noch jemand brauchen.

Mittlerweile ist der Fundus auf Hunderte Kostüme angewachsen, nach Themen geordnet hängen sie auf den Stangen. „Hier haben wir die historischen Kostüme“, sagt Anke Große und steuert auf den vordersten Ständer mit Kleidern, die an den Barock oder auch das Mittelalter erinnern, zu. Auf einer anderen Stange hängen länder- und regionsspezifische Kostüme: das leichte Kleid einer antiken Griechin neben dem Dirndl, Kaftan neben Schottenrock. Auf wieder einem anderen sind alle möglichen Tiere versammelt. Auf Regalen an der Wand liegen unzählige Hüte und anderes Zubehör: von der Polizistenmütze bis zum Wikingerhelm. Zu den Kunden zählen größtenteils Mitglieder der umliegenden Karnevalsvereine. „Außerhalb der Faschingszeit kommen auch Kunden, die nach einem Kostüm für eine Mottoparty suchen“, erzählt Anke Große. Oft ist dann die Kleiderstange mit den Sachen aus den vergangenen Jahrzehnten gefragt, vor allem aus den 70ern und 80ern.

Auf einer extra Stange hängen die Kostüme, die ausgeliehen und in diesen Tagen abgeholt werden. Der Papst ist dabei, die fünf Hexen, eine Pommes-Tüte. Ein deutlicher Trend, welche Themen in dieser Karnevalssaison besonders beliebt sind, lässt sich daran nicht ablesen. „Das hängt jedes Jahr sehr stark von den Mottos der Karnevalsvereine ab“, erzählt Anke Große. Kittlitz habe diesmal ein Wiesn-Thema, deshalb sind fast alle Dirndl weg. Schönbach unternimmt eine Reise durch die Zeit. „Da ist man sehr flexibel.“ Etwas politischer werden die Friedersdorfer mit dem Berliner Flughafen. „Die Cunewalder feiern dieses Jahr mit einem kulinarischen Motto. Das ist wiederum ziemlich schwierig.“ Vielleicht will ja jemand als Bierfass gehen? Das Kostüm hängt an einem extra Haken. Die Form hat Anke Große mithilfe großer, eingenähter Ringe, wie bei einem Reifrock, umgesetzt. Für gemasertes Holz hat sie verschiedenfarbigen Cordstoff genutzt. Sogar einen Plüsch-Zapfhahn hat das Fass.

Alle selbstgenähten Kostüme sind zwar Einzelstücke, trotzdem passen sie für unterschiedliche Größen. Oder besser: Sie werden passend gemacht. „Ich nähe für die Kunden auch um“, sagt die Schneiderin. Wenn sie selbst näht, achte sie ohnehin darauf, dass die Kostüme leicht zu ändern sind, also Stoff eingefasst und ausgelassen werden kann. Immer wieder kommen auch neue Kostüme dazu, wenn Anke Große eine neue Idee hat oder Kunden mit guten Vorschlägen zu ihr kommen. „Ich achte zum Beispiel darauf, dass alles waschbar ist“, erklärt sie. Und, dass das Kostüm auch in Zukunft noch gefragt ist. „Schnelllebiges versuche ich, zu umgehen.“

An einem der Kleiderstangen hängen Kinderkostüme. Prinzessin Elsa aus dem Disney-Film „Frozen“ sucht man hier aber vergeblich. Denn solche Themen seien oft nur kurze Zeit interessant. Wenn bekannte Figuren, dann solche, die sich als langlebig erwiesen haben. Superman ist bei den Kinderkostümen dabei, sein Comic-Kumpel Batman auch, Pippi Langstrumpf, Aladin. Und einen Harry Potter kann man schließlich auch aus dem Umhang eines Magiers zaubern.