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Pappritz ist teuer

Ein Investor wollte im Dresdner Stadtteil ein Hotel bauen. Als das nicht klappt, droht er mit der NPD. Nun soll die Stadt zahlen.

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© SZ/Marion Gröning

Von Tobias Wolf

Eigentlich sollte alles toll werden – eine Tennishalle und ein Hotel waren in Pappritz geplant. Doch es kam anders. Nun droht der Stadt ein finanzielles Debakel. Laut dem Urteil des Landgerichts Dresden muss das Rathaus nun knapp 800 000 Euro an die Familie des Investors Wolfgang Jürgens überweisen. Eine erste Rate über rund 180 000 Euro sei bereits geflossen, so Jürgens. Nach jahrelangem Streit bekommt die Stadt dafür mehrere Grundstücke in Pappritz und Helfenberg. Flächen, die der Eigentümer schon an ein NPD-Mitglied aus Bayern verkauft hatte. Die verbleibenden rund 600 000 Euro will die Stadt nicht in voller Höhe zahlen und hat Berufung gegen das Urteil eingelegt. Damit ist das Ende eines Streits in weite Ferne gerückt, der in den 1990er-Jahren begann, viele Behörden im Freistaat beschäftigt hat und nun wohl nur noch gerichtlich geklärt werden kann.

Wolfgang Jürgens    Foto: / /
Wolfgang Jürgens Foto: / / © privat

Es ist das Jahr 1992, als Wolfgang Jürgens erstmals in der damals selbstständigen Gemeinde Pappritz vorstellig wird. Er plant ein „Sport- und Wellness-Ressort“ mit einer Tennishalle und einem Fünf-Sternehotel. Mindestens 100 Zimmer seien nötig, um das Ressort wirtschaftlich zu betreiben, sagt Jürgens heute. „Das war die Vorgabe der Hotelkette Kempinski.“ Die Gemeinde unterstützt ihn zunächst bei dem Projekt. Während der in München ansässige Investor seine Pläne entwickelt, geht Pappritz in der Großgemeinde Schönfeld-Weißig auf.

Jürgens erhält zunächst eine Baugenehmigung für die Tennishalle. Ohne Genehmigung darf er eine Baustellenunterkunft bauen, die er als Blockhaus errichtet und selbst zum Wohnen nutzt. 1999 wird Pappritz eingemeindet. Der Stadt gehen die Hotel-Pläne zu weit, weil das Areal am Landschaftsschutzgebiet liegt. Nur zehn Zimmer werden genehmigt. Trotz politischer Unterstützung der Staatsregierung. Die Stadt bleibt hart. „Ich hatte das Gefühl, die Behörden verkaufen mich für dumm“, sagt der 77-jährige Investor. „Man kann kein Hotel mit zehn Zimmern bauen.“

Im Februar 2005 wird bekannt, dass Jürgens mit NPD-Leuten über einen Verkauf verhandelt. Jürgens will weg aus Pappritz, weil seine Pläne nicht genehmigt werden. An die NPD habe er nicht direkt verkaufen wollen, sagt er heute. „Aber mir war am Ende jeder Käufer recht, damit ich aus dem Projekt rauskomme.“ Ebenfalls mit der NPD verhandelt er jedoch schon über eine Tennishalle im bayerischen Grafenwöhr. Jürgens hat der Gemeinde das Grundstück angeboten, die 100 000 Euro dafür bot. Zu wenig für ihn. Mit den Rechten wird er handelseinig. Die oberpfälzische Gemeinde entschließt sich dann zu einem Notkauf, blättert über eine halbe Million Euro für die Halle hin, um den Ruch des Rechtsextremismus zu vermeiden.

Der Deal ist die Blaupause für Dresden. Als Käufer der Tennishalle tritt Uwe Meenen auf, NPD-Bezirkschef in Unterfranken. In Pappritz soll ein „mitteldeutsches Veranstaltungszentrum“ entstehen. Keine Kommune will so etwas. Ein erstes Pressefest des Verlages der NPD-Postille „Deutsche Stimme“ wird 2005 durch die Stadt aus Brandschutzgründen verboten. Ein Jahr später findet es statt. Über 4 000 Rechtsextreme kommen. Die Bürgerinitiative „Pappritz ist bunt“ demonstriert dagegen. Schließlich klagt die Stadt Jürgens aus dem Blockhaus, weil es nur als Baustelleneinrichtung gebaut werden durfte. 2007 lässt das Rathaus das Gebäude abreißen, berechnet rund 70 000 Euro. Mit Zinsen inzwischen 90 000 Euro, so Jürgens. Zudem will die Stadt die Grundstücke erwerben, beruft sich auf ihr Vorkaufsrecht – allerdings zu günstigen Preisen.

Nach dem Landgerichtsurteil vom Februar dieses Jahres geht es noch um rund 600 000 Euro. Die Stadt habe ihm danach stattdessen über Anwälte 308 000 Euro angeboten, sagt Jürgens. Das hat er als nicht ausreichend abgelehnt. Das Rathaus bestreitet dies. Der SZ liegt eine eidesstattliche Versicherung vor. Anschließend sei ein weiteres Angebot über 500 000 Euro gekommen, mit der Begründung, dass eine solche Einigung ohne Information und ohne Zustimmung des Stadtrates vom OB unterzeichnet werden könne. Laut städtischer Hauptsatzung darf der amtierende OB Dirk Hilbert (FDP) Summen bis zu dieser Höhe allein genehmigen. Die Stadt spricht dagegen von Verhandlungen über den Kaufpreis für zwei weitere Grundstücke. Zur Höhe des Angebots gibt es keine Aussagen, so Stadtsprecher Kai Schulz.

Jürgens hat abgelehnt. Beide Seiten werden das Verfahren nun wohl vor dem Landgericht durchfechten.