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Panzer rollt durch Großenhain

Technikfreunde bereiten sind auf militärhistorisches Treffen und die Airshow vor.

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© Klaus-Dieter Brühl

Von Birgit Ulbricht

Großenhain. Da guckte die Frau vom Pflegedienst in ihrem kleinen Ford ziemlich erschrocken: Auf die Kreuzung Albertstraße/ Elsterwerdaer Straße (B 101) in Großenhain schwenkte Freitag gegen 14. 30 Uhr ein riesiger Panzer ein. Zwar war die Kreuzung dafür kurzzeitig von zwei Begleitfahrzeugen gesperrt worden, aber mit so einem Koloss hatte die Autofahrerin natürlich nicht gerechnet. So wie auch die anderen Autofahrer, die gleich den schaulustigen Fußgängern bei Bäcker Faust ihre Handys herauskramten, um das Spektakel aufzuzeichnen. Der ehemalige Flakpanzer der Bundeswehr ist eines der vielen Rad- und Kettenfahrzeuge, die Samstag und Sonntag beim Militärhistorischen Treffen auf dem Großenhainer Flugplatz zu sehen sind. Erwartet werden weitere Vereine aus Königsbrück, Dresden, Koselitz sowie Bastler und Sammler, die ihre Militäroldtimer mitbringen. Dazu gehören verschiedene Geländewagen, Schützenpanzerwagen und andere Kettenfahrzeuge.

Die Geschütze sind nach KSZE demilitarisiert, das heißt Verschlüsse sind zugeschweißt, das Laden ist nicht mehr möglich.
Die Geschütze sind nach KSZE demilitarisiert, das heißt Verschlüsse sind zugeschweißt, das Laden ist nicht mehr möglich. © Klaus-Dieter Brühl
Die Ketten werden mit diesen Gummistollen belegt, eh es auf die Straße geht.
Die Ketten werden mit diesen Gummistollen belegt, eh es auf die Straße geht. © Klaus-Dieter Brühl

Gepard als Spielzeug restauriert

Der „Gepard“, der durch Großenhain donnerte, hat knapp 1000 PS, schafft eine Geschwindigkeit von rund 70 km/h und verbraucht etwa 80 Liter Diesel in der Stunde im Gelände. Zur Wende wurde dieser von der Bundeswehr außer Dienst gestellt und laut KSZE-Vertrag verschrottet, das heißt nicht einsatzfähig und fahrtüchtig gemacht. Der Großenhainer Unternehmer Wolfgang Bothur kaufte den Flakpanzer und restaurierte ihn mühevoller Kleinarbeit „als Spielzeug“, wie er selbst sagt. Die Maschine musste komplett aufgebaut, herausgeschweißte Teile eingesetzt werden. Die beiden Flakgeschütze von Heckler & Koch sind natürlich nach wie vor nicht einsatzfähig, so wie es das Kriegswaffengesetz sozusagen für militärhistorische Oldtimer vorschreibt. Vorgestellt wird der Flaggpanzer vom „Militärhistorischen Verein Großenhain „Panzerregiment 16 Leo Jogiches“ – benannt nach dem frühzeitig zum kommunistischen Führer im Spartakusbund avancierten Jogiches und der übrigens der Lebensgefährte von Rosa Luxemburg war.

Dem Großenhainer Verein steht seit Jahren der Enthusiast Bothur vor, der in der Stadt schon einige Male auch für öffentliche Auftritte mit seinen urigen Fahrzeugen sorgte. Von manchen wird Wolfgang Bothur wegen seines Faibles für Militärfahrzeuge belächelt. Andere sehen diese Leidenschaft kritischer und werfen ihm Militarismus vor. Doch der Großenhainer Bauunternehmer zeigte immer wieder, dass seine Technikbegeisterung einen praktischen Nutzen hat und dass er offen mit Geschichte umgehen kann. Als beim Tunnelbau in Leipzig im Jahr 2008 nichts mehr ging, zog Bothurs Raketenschlepper den Bohrkopf durch die Tunnelröhre. Der Freistaat war heilfroh und übernahm die Kosten. Auch beim Bau der Fußgängerunterführung an der Berliner Straße in Großenhain mussten seine Fahrzeuge her, um ein 80 Tonnen schweres und 17 Meter langes Abwasserrohr aus dem Baugrund unterm Bahndamm zu zerren, das angeblich keiner dort vermutet hatte. Der Bergepanzer T55T mit 40 Tonnen Eigengewicht und der BAT-Panzer mit 18 Tonnen kamen damals zum Einsatz.

Schornstein umgezogen

Spektakulär war nur ein Jahr später der Schornsteinabriss von der ehemaligen Schuhfabrik im Citycenter. Hier war es die Seilwinde eines Bergepanzers, die als Problemlösung in der Not fungierte, als nichts mehr ging. Und, die Bothurschen Sammelobjekte düsen einmal im Jahr im Auftrag des Naturschutzes über die Kleinraschützer Heide, um die zur Exer-Ära entstandene Trockenrasenfläche zu erhalten. Panzerketten wirken da Wunder.