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Outlet-Läden für Görlitz

Der Unternehmerverband Görlitz wünscht sich einen größeren Fabrikverkauf. Doch es gibt auch kritische Stimmen.

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© nikolaischmidt.de

Von Ingo Kramer

Görlitz. Für Madlen Symolka ist Outlet längst Realität. In der oberen Berliner Straße steht sie hinter dem Ladentisch – und verkauft vor allem preisgesenkte Vorjahres-Markenware aus den vier Filialen der Bekleidungskette S 18, wie auch neue Mode von preiswerteren Marken. Auch wenn es im Laden gestern Mittag recht ruhig war: „Insgesamt läuft es ganz gut“, sagt sie.

Umso überraschender kommt eine Aussage der neuen Chefs des Unternehmerverbandes, Lutz Kühne und Christian Reichardt. Rechtlich sei es im Moment unzulässig, Outlet-Center in der Innenstadt anzusiedeln, hatten sie kürzlich im SZ-Interview erklärt. Das sei ein Problem, denn sie würden die Idee der Ansiedlung von Outlet-Centern unterstützen, in denen hochpreisige Modeunternehmen ihre Markenprodukte praktisch im Fabrikverkauf mit erheblichen Preisabschlägen verkaufen.

S-18-Chef Martin Stehr hingegen sagt, dass es für ihn im Jahr 2012 völlig unproblematisch war, den Outlet-Laden in der oberen Berliner Straße zu eröffnen: „Wir haben ganz normal ein Gewerbe angemeldet, da war nichts reglementiert.“

Kaum noch anderer Einzelhandel

Beide Aussagen stehen nicht im Widerspruch, erklärt Eva Wittig von der Europastadt GmbH, die auch für Wirtschaftsförderung zuständig ist: „Auf der Berliner Straße besteht ein kleiner Laden, aber der Unternehmerverband meint sogenannte Factory-Outlet-Center mit mindestens 10 000 bis 15 000 Quadratmetern Verkaufsfläche.“ Das sei ein riesiger Unterschied. Während Ersteres problemlos möglich ist, werden für die Center wenigstens 1 000 bis 1 500 Stellplätze benötigt. Dazu, ob das in Görlitz zu begrüßen wäre, will Eva Wittig keine Pauschalaussage machen: „So ein Center müsste auf die Bedürfnisse in Görlitz angepasst werden und zur jetzigen Struktur des Handels passen.“ Große Outlet-Center existieren im baden-württembergischen Metzingen und im nordrhein-westfälischen Bad Münstereifel. Diese Städte haben jeweils nur rund 20 000 Einwohner. „Doch sie liegen in Gegenden, in deren Einzugsgebiet richtig viele Menschen leben“, sagt Eva Wittig. Die Kehrseite: In diesen Städten gebe es kaum noch anderen Einzelhandel.

Doch auch Befürworter von Outlet-Centern beziehen sich genau auf diese Städte. Kommwohnen-Chef Arne Myckert erklärt, Metzingen habe mit einem Fabrikverkauf der Marke Hugo Boss erste Aufmerksamkeit erreicht. „Inzwischen ist aus der einst grauen Industriestadt eine Einkaufsstadt geworden, denn um das erste Angebot herum haben sich viele Marken mit großem Sortiment angesiedelt“, sagt Myckert. Auch für Görlitz sei das ein möglicher Weg, den Innenstadthandel wieder anzukurbeln, der durch den Internethandel viele Umsätze verloren hat. Da sei es notwendig. Alternativen zu prüfen. Für Kommwohnen könnte es den Vorteil bringen, die Outlet-Center als neue Ladenmieter zu gewinnen.

Schynol: „Outlet nie ein Thema“

Thomas Schynol, Chef des Aktionsringes Handel, gibt sich zurückhaltender: „Wir haben keine Positionierung dazu, denn in den Gesprächen des Aktionsringes war Outlet nie ein Thema.“ Anders sieht es beim Business Improvement District (BID) aus. Das ist ein privat initiierter Zusammenschluss von Eigentümern und Gewerbetreibenden eines Quartiers auf Zeit. Schynol wirkt im Görlitzer BID mit. „Das BID begrüßt ein Outlet-Konzept“, sagt er.

Allerdings ist ihm nicht bekannt, dass es in Görlitz jemanden gibt, der ein Outlet-Center plant. Eva Wittig bestätigt das. Es habe zwar schon unkonkrete Anfragen gegeben, aber die hätten sich auf den Stadtrand bezogen: „Das kam in Görlitz nicht infrage.“ Für die Innenstadt hingegen habe das Thema bisher kaum eine Rolle gespielt.

Reichardt würde sich wünschen, dass sich das ändert. Schwierigkeiten sieht er bei der Bundesbaunutzungsverordnung, aber auch bei der überregionalen Planung für ganz Sachsen. „Es wäre Aufgabe der Bauverwaltung, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu prüfen“, sagt er. Der Unternehmerverband werde das nicht tun, er kann nur Impulse geben. S-18-Chef Martin Stehr denkt derweil über einen Umzug nach. So richtig gut sei die Lage in der oberen Berliner Straße nicht. „Vielleicht suchen wir uns Ende 2016 oder Anfang 2017 einen anderen Standort.“