Von Jonny Linke
Vierundzwanzig Jahre dieselbe Prozedur und immer noch Spaß und Elan wie beim ersten Mal: Stefan Ziesche aus Tschaschwitz (Gemeinde Panschwitz-Kuckau) hat wie fast jeder Mann in der sorbischen Lausitz über Ostern keine Zeit für Ausflüge in der Republik. Sein Ostern spielt sich seit fast einem Viertel Jahrhundert auf dem Rücken der Pferde ab. Zum traditionellen Osterreiten, welches weit über die Landesgrenzen hinweg Jahr für Jahr Tausende Besucher anlockt, sitzt er ab Mittag stundenlang auf seinem Pferd.
Die Bilder vom Osterfest
„Ohne das Reiten am Ostersonntag ist Ostern kein richtiges Ostern“ sagt der 37-Jährige. Für den Osterritt nimmt er, wie jeder Osterreiter, sehr viel in Kauf, denn die eigentliche Arbeit beginnt Tage und Wochen vor dem Großereignis. Wer wie Stefan Ziesche kein eigenes Pferd hat, muss sich mit Pferdebesitzern in ganz Deutschland in Verbindung setzen und nach einem geeigneten Tier Ausschau halten. Keine leichte Aufgabe, bei der Vielzahl an Pferden die am Ostersonntag auf den Straßen und Wegen der sorbischen Oberlausitz unterwegs sind. Von bis 1 500 Pferden spricht man jährlich, die gebraucht werden. Eines zu bekommen, ist deshalb nicht immer ganz leicht. Aber wie immer hat es auch dieses Jahr geklappt. Zum wiederholten Male greift der 37-Jährige auf das Tier eines Pferdeliebhabers aus Kamenz zurück. „Passiert ist mit so einem fremden Pferd noch nie etwas“, erzählt Stefan Ziesche während der kurzen Pause in Schweinerden. Doch das Pferd bekommen und reiten ist eine Sache, es dafür vorzubereiten eine ganz andere. Seit Freitag vor dem Osterreiten steht die fünfjährige Fuchsstute im eigenen Stall in Tschaschwitz. Hier gewöhnt sich das Tier an die Umgebung und lernt den Reiter kennen. Bevor es jedoch los geht, stehen anderthalb Tage pflegen und putzen des Pferdes auf dem Plan. Zwischendurch ist noch der Gottesdienst in der Kirche. „Trotz all dem Stress ist der Gottesdienst für mich sehr wichtig und gibt mir die nötige Kraft für die nächsten 24 Stunden“, so Ziesche.
Seit Mittag im Sattel
Zusammen mit seinem perfekt verzierten und geputzten Pferd haben sie am Sonntag etliche Kilometer in dichter Formation mit anderen Pferden über Straßen, vorbei an Tausenden fremden Menschen beschritten. Das Gesangbuch in der Hand und mit lauter Stimme verkündeten sie die frohe Botschaft, dass Jesus Christus auferstanden ist. Ab 12 Uhr Mittag sitzt er im Sattel. Von Crostwitz führte es ihn und seine über 250 Pferde starke Prozession nach Schweinerden. Dort gab es eine kurze Pause, bei angenehmen 13 Grad und purem Sonnenschein. Auch die Pferde können sich hier nach diesem relativ kurzen aber ungewohnten Abschnitt erholen. Danach kommt einer der Höhepunkte für die Reiter und Pferde auf ihrer Prozession. Von Schweinerden aus ging es für die gesangstarken Reiter nach Panschwitz-Kuckau. Hier erwarteten weit mehr als 5 000 Besucher die festlich geschmückten Osterreiter. Das Kloster St. Marinestern ist wie jedes Jahr prall gefüllt. Mittendrin ist Stefan Ziesche. Mit Hingabe Stimme wird seit Stunden gesungen. In sorbischer Sprache. Eine anstrengende Prozedur für Reiter und Pferd, denn direkt nach dem Stopp in Panschwitz geht es weiter in Richtung Räckelwitz und anschließend nach Crostwitz zurück. Dort sind sie gegen am Abend wieder angekommen. Da ist auch Stefan Ziesche glücklich. Er und sein Pferd haben die Prozession gut gemeistert. Im kommenden Jahr feiert der sympathische Reiter sein 25-jähriges Jubiläum.