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Oster-Überraschung in der Dorfkirche

Beim Gottesdienst in Großerkmannsdorf wird es diesmal ganz besondere Woll-Decken geben. Die helfen auch der Seele, heißt es.

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© Bernd Goldammer

Von Bernd Goldammer

Großerkmannsdorf. Beim Oster-Gottesdienst in der Großerkmannsdorfer Kirche wird es eine Überraschung geben. Eine wärmende. Denn dann werden erstmals ganz besondere Wolldecken mit Kreuzsymbol für die Besucher ausgelegt. In den zurückliegenden Wintermonaten wurde dafür regelmäßig im Pfarrhaus gestrickt und gehäkelt.

Und diese Decken sind dabei durchaus typisch für Großerkmannsdorf; denn sie sind ein Beweis für das enge Miteinander im Radeberger Ortsteil. Die „Erksdorfer“ nehmen die Dinge eben einfach gern in die eigenen Hände und versuchen, sich gegenseitig für ihre Ideen zu begeistern. Wie Martina Grosse. Sie brachte strick- und häkelbegeisterte Frauen zusammen. Zunächst ging es nur um die wärmenden Decken für die Großerkmannsdorfer Kirche. Man wollte sie gemeinsam stricken. „Sie sollen Körper und Geist erwärmen“, sagt sie lachend. Aber es wurde mehr daraus, denn auf diese Weise wurde der Großerkmannsdorfer Stricktreff geboren. Wolle wurde herbeigeschafft und mit jedem Stricktreff wuchsen die Wolldecken mit den Kreuzsymbolen. Martina Grosse fühlte sich ermutigt und verteilte Flyer im Ort. Immer mehr Frauen kamen, denen die Treffs immer wichtiger wurden. Sie tranken gemeinsam Tee und hatten sich viel zu erzählen. „Dabei wurde uns immer klarer, dass es doch um viel mehr geht“, macht Martina Grosse deutlich: Was machen Menschen im Amazon-Zeitalter mit all den Fähigkeiten die sie von Eltern und Großeltern oder in der Schule erlernt haben? Verliert man mit der Zeit, was man nicht mehr gebraucht? Fragen wie diese gingen den Frauen durch den Kopf. Denn lange ist es her, dass in Großerkmannsdorf noch Schafwolle gewonnen, aufgearbeitet und später versponnen wurde. In der hiesigen Heimatstube sind die alten Spinnräder noch zu sehen. Manchmal zeigten ältere Damen bei Volksfesten, dass sie damit noch spinnen können. Bruchstücke dörflicher Traditionen wurden dann wieder erlebbar. Im Winter, wenn draußen der Frost zwickte und auf den Bauernhöfen weniger zu tun war, rückten die Menschen zusammen. In vielen Bauernstuben wurde auch gestrickt und gehäkelt. Die Bäuerinnen sehnten sich auch nach guten Geschichten. Manche Erzählerinnen berichteten und kommentierten die Ereignisse in den Nachbarorten. Und während die Frauen zuhörten, klapperten die Stricknadeln. Socken, Mützen, Schals, Handschuhe … Sogar Pullover und Strickjacken wurden gestrickt und viel Liebe zur Gemeinschaft war darin eingearbeitet. Moderne Strick- und Häkeltechniken brachten sich die Frauen gegenseitig bei.

Decken entstanden im Stricktreff

Im zurückliegenden Winter erwachte diese Tradition nun in Großerkmannsdorf urplötzlich wieder. Und eine Erinnerung wärmte Martina Grosse das Herz auf ganz besondere Weise. „Ich hatte wie erwähnt überall Flyer ausgelegt und irgendwann bekam ich von Gisela Kleinert aus Radeberg viele Teile geschickt, die sie liebevoll für uns gehäkelt hatte“, erzählt sie. „Beim Stricktreff haben wir sie dann zu einer Decke zusammengefügt“, freut sie sich. Einzelnes wurde damit nun zum Teil eines Ganzen. Genau so hatten sich die Frauen des Großerkmannsdorfer Stricktreffs das vorgestellt.

Beim Gottesdienst werden diese ganz besonderen Großerkmannsdorfer Decken nun also auch besonders wärmen. Körper und Seele nämlich.