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Skandal am Deutschen Herzzentrum

Ein Spenderherz kann das Leben eines Kranken verlängern. Doch wenn Patienten bevorzugt werden, kann das für andere den Tod bedeuten.

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© dpa

Berlin. Deutschland hat einen neuen Organspende-Skandal. Die Berliner Staatsanwaltschaft ermittelt wegen versuchten Totschlags gegen das Deutsche Herzzentrum, eine der weltweit führenden Kliniken zur Behandlung von Herzkranken. Es gehe um den Verdacht, dass die Wartelisten für Herztransplantationen manipuliert wurden, sagte Staatsanwaltschafts-Sprecher Martin Steltner am Freitag. Ermittelt werde, ob Patienten auf der Liste bevorzugt wurden, während andere nach hinten rutschten und damit in Lebensgefahr gerieten. Geprüft werde auch, ob Patienten wegen möglicher Manipulationen starben.

Das Herzzentrum, eines der größten in Europa, hatte sich selbst an die Ermittler gewandt. „Wir haben bei der Staatsanwaltschaft Anzeige erstattet“, sagte seine Sprecherin Barbara Nickolaus. Der Berliner Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) sei informiert worden. Laut Staatsanwaltschaft übergab ein Rechtsanwalt Unterlagen des Zentrums. Laut Senator Czaja geht es um den Vorwurf, dass Patienten von 2010 bis 2012 hohe Dosierungen eines herzunterstützenden Medikaments bekamen. Ärzte sollen das Mittel unmittelbar vor einem Dringlichkeitsantrag verabreicht haben, um so den Status ihrer Patienten auf der Warteliste zu verbessern. Der Tagesspiegel und die Berliner Zeitung hatten berichtet, es gehe um knapp 30 Patienten des Herzzentrums. Demnach soll eine Oberärztin die hohen Dosen verschrieben haben.

Nach dem Organspende-Skandal von 2012 wurde eine Prüfungs- und Überwachungskommission eingesetzt. Sie prüfte nach eigenen Angaben vom Freitag 37 Klinik-Programme seit Oktober 2013, darunter das Herzzentrum. Die Prüfung dort sei abgeschlossen, die Gesamtuntersuchung aber noch nicht. Abschließende Ergebnisse sollen im September vorliegen.

Seitdem die Manipulationen bei der Zuteilung von Ersatzlebern, unter anderem in Leipzig, bekannt wurden, ging die Zahl der Organspender immer weiter zurück. Mit 2013 nur noch 876 Organspendern nach 1.046 im Jahr 2012 und 1.200 im Jahr davor sank die Zahl auf einen historischen Tiefstand. In diesem Jahr setzte sich diese Tendenz fort. (dpa)