Merken

Opfer lügt vor Gericht

Wegen Körperverletzung erhielt ein 26-jähriger Marokkaner einen Strafbefehl. Dagegen ging er in Widerspruch. Mit Erfolg.

Teilen
Folgen
NEU!
© dpa

Von Helene Krause

Döbeln. Schon vor der Verhandlung geht es im Amtsgericht Döbeln hoch her. Angeklagter und Zeuge beschimpfen sich gegenseitig. Vorgeworfen wird einem 26-jährigen Asylbewerber aus Marokko Körperverletzung. Am Nachmittag des 31. August 2016 soll er einem Iraker in der Burgstraße in Döbeln mit einer Fahrradkette in den Nacken und auf den Kopf geschlagen haben. Deswegen erhielt der Marokkaner einen Strafbefehl. Er sollte 600 Euro zahlen. Dagegen ging er in Einspruch.

„Ich hatte eine schwere Operation und konnte mich nicht ohne Krücken bewegen“, sagte der Beschuldigte zu seiner Verteidigung. Zum Beweis legt er Fotos vor, die einen Beinbruch dokumentieren. Allerdings war sein Krankenhausaufenthalt schon drei Wochen vor der mutmaßlichen Tat. An Krücken ging er trotzdem noch.

Der Geschädigte wohnte vor der Tat in einem Asylbewerberheim in Freiberg. Um Crystal zu verkaufen, kam er in das Döbelner Asylbewerberheim. Während eines Streites hatte er den Angeklagten dort aus dem Fenster geworfen. Dabei brach sich der Beschuldigte das Bein. Beide sind vor Gericht nicht unbekannt. Zurzeit verbüßt das Opfer eine Haftstrafe in der JVA Chemnitz. Unter anderem wurde er wegen Körperverletzung verurteilt, weil er den Angeklagten aus dem Fenster geworfen hatte. Zur Verhandlung wird er von zwei Justizbeamten vorgeführt.

„Er schlug mich mit der Fahrradkette in den Nacken und auf den Kopf“, sagt der Geschädigte als Zeuge in der Verhandlung. „Ich hatte eine blutende Wunde und habe heute noch eine Narbe.“ Von der Wunde hatte er bei der Polizei nichts erzählt. Auch stellte er damals, obwohl Täter und Opfer sich kannten, Strafanzeige gegen unbekannt. Im April 2017 war der Zeuge noch einmal bei der Polizei. Erst da nannte er den Angeklagten als den Täter. Eine medizinische Untersuchung kurz nach der Tat ergab beim Opfer keine Verletzungen.

„Dass der Angeklagte das Opfer geschlagen hat, ist aus medizinischer Sicht nicht möglich“, sagt Staatsanwältin Angelika Rickert. Genauso sieht es auch Richter Janko Ehrlich. Er spricht den Angeklagten frei. „Mit so einem Bruch hätte der Beschuldigte ohne Krücken gar nicht laufen können, geschweige den jemanden schlagen“, sagt er in der Urteilsbegründung.