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Opa treibt an

Mit 37 führt Dirk Nowitzki die deutsche Basketball-Auswahl noch einmal zur EM – und zu Olympia?

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© dpa

Von Thomas Wolfer

Dirk Nowitzki hat in seiner langen Karriere nie nach einer Sonderbehandlung gefragt, doch bei seiner letzten Basketball-EM gönnt sich der Superstar einen kleinen Luxus. Während sich seine Kollegen Doppelzimmer im Mannschaftsquartier in Berlin teilen, hat der 37-Jährige mit seiner Frau Jessica und den Kindern Malaika und Max ein Apartment bezogen. Um seinen erholsamen Schlaf braucht er sich dabei nicht zu sorgen. Das Hotel ist auf die Invasion der Riesen vorbereitet. „Wir haben 40 Bettverlängerungen beschafft“, sagte Sprecherin Anita Diedrigkeit.

Die Extra-Teile werden am Kopfende der Betten montiert, sodass sich insgesamt eine Liegefläche von 2,50 Metern ergibt. Darauf können sich sogar die Längsten – Tibor Pleiß mit 2,18 und Nowitzki mit 2,13 Metern – ausstrecken. Ausgeruht sollten sie also sein, wenn sie morgen, 15 Uhr, mit ihrem Auftaktmatch in Gruppe B gegen Außenseiter Island starten. Dass Nowitzki überhaupt noch mal für Deutschland dabei ist, liegt vor allem am Spielort.

„Wenn die EM woanders stattgefunden hätte, wäre das in meinem Alter kein Thema mehr gewesen“, sagte Nowitzki. Doch die „Basketballstadt Berlin“ habe den NBA-Profi der Dallas Mavericks gereizt, schließlich hat er bislang trotz mehr als 18 Jahren in der Nationalmannschaft und 148 Länderspielen kein wichtiges Turnier zu Hause gespielt. „Es kribbelt schon.“

Am Mittwoch reiste Nowitzki in der Hauptstadt an, absolvierte zum Auftakt ein etwa 150-minütiges Training. Danach schrieb er gewohnt gelassen Autogramme und machte Fotos. Natürlich wird er überall erkannt und will nach einer harten Vorbereitung einen guten Eindruck hinterlassen. „Die Fans müssen uns tragen. Das wird auf jeden Fall großen Spaß machen, denn alle Spiele sind ausverkauft“, sagte der Würzburger, und er mahnte zugleich: „Wir haben fünf Spiele in sechs Tagen, das ist ein Wahnsinnsprogramm.“

Ausverkaufte Arena in Berlin

Vor jeweils 12 500 Zuschauern wird in der Arena am Ostbahnhof gespielt. In der Sechser-Gruppe mit Island, Spanien, Serbien, Italien und der Türkei ist mindestens Platz vier nötig. Nowitzki sprach immer wieder von einer „Hammer-Gruppe“, aus der man „erst mal rauskommen muss“. Erst wenn die DBB-Auswahl in der Finalrunde im französischen Lille steht, dürfe man wirklich an Olympia denken.

Um eine Chance zu haben, 2016 in Rio de Janeiro dabei zu sein, muss mindestens EM-Platz sieben geschafft werden. Co-Kapitän Nowitzki soll dabei eine wichtige Rolle einnehmen. „Dirks Trend ist aufsteigend. Er weiß, wie man solch ein Turnier spielt“, sagte Bundestrainer Chris Fleming. 2002 holte Nowitzki mit dem deutschen Team WM-Bronze, drei Jahre später EM-Silber. Höhepunkt war die Olympia-Teilnahme 2008, obwohl die Auswahl dort schon in der Vorrunde ausschied. Noch heute schwärmt Nowitzki von den Erlebnissen in China. Damals durfte er als deutscher Fahnenträger ins Stadion marschieren. Die Erinnerungen würde er 2016 gerne auffrischen. „Natürlich ist Rio ein Traum.“

Auch deswegen ist Nowitzki nach vierjähriger Pause ins Nationalteam zurückgekehrt. Seine unbestrittene Klasse deutete der NBA-Champion von 2011 dabei mehrfach an, allerdings nicht mehr mit der Konstanz vergangener Tage. „Die ersten Wochen waren schwer für mich. Ich habe mich immer einen Schritt zu langsam gefühlt“, sagte Nowitzki: „Aber wenn die EM beginnt, will ich bei 100 Prozent sein.“

Mittlerweile hat sich „Dirkules“ auch an die vielen neuen Gesichter um sich herum gewöhnt. Bei seinen zuvor letzten Auftritten für den DBB vor vier Jahren bei der EM in Litauen standen die meisten Mitspieler noch nicht im Aufgebot. „Dieses Jahr sind ein paar dabei, die kannte ich nur vom Namen“, sagte Nowitzki. Integrationsprobleme aber kennt er nicht. „Dirk ist immer sehr positiv, vom ersten Tag an. Er hat sich extrem Mühe gegeben, um alle kennenzulernen und zu wissen, wie die Leute ticken“, sagt Bundestrainer Chris Fleming. Der 45 Jahre alte Amerikaner geht in sein erstes großes Turnier mit der deutschen Auswahl, und er setzt dabei auf den Leitwolf: „Dirk ist eine besondere Person.“

Und auch die Mitspieler sehen den Star als Mentor. „Er bringt gute Stimmung rein“, charakterisiert ihn der 25 Jahre alte NBA-Neuling Pleiß. „Viele sind noch jünger. Er nimmt sie sich ran und sagt, dass man einfach nur Spaß haben muss. Dirk ist wichtig durch seine Erfahrung.“ Nowitzki selbst nimmt sein Alter mit Humor: „Ich bin so ein bisschen der Opa von manchen, aber ich verhalte mich meistens auch nicht wie 37.“ (sid, mit dpa)