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Oldies sind Goldies

Das Strahwalder Kfz-Veteranentreffen erwartet am Wochenende Tausende Gäste. Was macht altes Blech so anziehend?

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© privat

Von Anja Beutler

Strahwalde. Dieses Gespann fällt aus dem Rahmen: Wenn Julia Rixrath mit dem alten Fahr aus dem Jahr 1960 bei einem Oldtimertreffen in der Region vorbeituckert, freuen sich Aussteller und Besucher gleichermaßen. Landmaschinen dieses Alters sind bei vielen Veranstaltungen rar – und Frauen Anfang 20 auch. Die junge Herrnhuterin selbst kann das Staunen oft gar nicht verstehen, denn für sie sind Oldtimer „einfach schick“. „Ich liebe es, so offen übers Land zu fahren. Ich mag auch dieses so ganz andere Fahrgefühl“, beschreibt die junge Frau. Auf den Oldie-Trecker ist ihre Familie vor zehn Jahren gekommen. „Ich habe ein Pferd und wir brauchten eine Maschine, um Heu zu machen“, erklärt sie. Opa und Vater hätten dann das alte Gefährt nach und nach wieder aufgemöbelt. Seitdem arbeiten die Rixraths mit dem Traktor, der auch noch Mähwerk und Ackerschienen dabei hat. Und Julia Rixrath führt den Fahr – natürlich blank gewienert – gern zu Oldtimertreffen aus.

Dass an diesem Freitagabend das 26. Oberlausitzer Kfz-Veteranentreffen in Strahwalde beginnt, hat die Herrnhuterin trotz Prüfungsstress in der Ausbildung fest eingeplant. Damit wird die junge Frau eine von rund 300 Ausstellern sein. Und wenn der Besucheransturm so stark wie im Vorjahr ausfällt, werden rund 12 000 Menschen den Fahr und all die alten Fahrzeuge bestaunen können. Ganz zu schweigen von all jenen, die am Sonnabend bei der großen Ausfahrt an der Strecke stehen oder auf dem Gelände an der Messehalle in Löbau zwischen 10 und 12 Uhr die Oldtimer betrachten werden.

Aber warum eigentlich ist das alte Blech so beliebt? Immerhin verzeichnen neben dem Strahwalder Treffen auch andere derartige Veranstaltungen – von Historik Mobil über das Lückendorfer Bergrennen, das Kemnitzer Treckertreffen bis zur Sachsen Classic – stetig viele Besucher. Für Siegfried Hertrampf gibt es gleich einen ganzen Strauß an Gründen, dass die Oldie-Schauen im Kreis eher wachsen statt aussterben. Der Mitorganisator des Strahwalder Veteranentreffens weiß, dass nicht jeder dasselbe in diesem Hobby sieht: Da seien die Fans, die einfach gern mit den alten Maschinen fahren, andere seien von der Technik und vom Selberbasteln fasziniert. Außerdem gebe es noch Militaria-Begeisterte, die sich für die besondere Technikausstattung an diesen Fahrzeugen begeistern – und natürlich auch die Trecker-Fans.

Für Erhard Gärtner, Mitstreiter beim Großschönauer Motorrad-Veteranen und Technik-Museum, gibt es aber noch einen weiteren Grund: die Tradition. „Dass wir hier so viele Fahrzeughersteller in der Region hatten, ist schon etwas Besonderes“, macht er deutlich. Mit Robur und Phänomen wecke man noch immer Erinnerungen – und Opa und Oma können den Enkeln außerdem zeigen, was zu ihrer Zeit auf den Straßen gerollt ist.

Das enge Netz an Fahrzeugherstellern ist auch die Basis für die diesjährige Rundfahrt beim Strahwalder Treffen: Vom einstigen Motorradkonfektionär Nietzschmann in Oberoderwitz über die Baustätten der Zweiräder „Eber“ und „Heros“ oder „Möfa“ – ist alles dabei. Hertrampf und seine Mitstreiter haben viele Spuren ausgegraben und eine Reise in die 20er Jahre des vorigen Jahrhunderts erdacht. Dazu soll es auch eine Broschüre geben. Von der Geschichte hinter den Fahrzeugen ist auch Erhard Gärtner überzeugt: Wer nicht wisse, dass hinter dem Motorrad Megola frühere Flugzeugkonstrukteure stecken, die ihren Beruf wegen der Restriktionen nach dem Ersten Weltkrieg nicht mehr ausüben konnten, der wird die Faszination für dieses seltsame Zweirad nicht so ganz begreifen können.

Motorräder sind übrigens auch der Türöffner für viele junge Oldtimer-Fans: „Sie sind erschwinglicher als die Autos“, meint Siegfried Hertrampf und denkt an viele Simson- oder Schwalbe-Liebhaber. Insgesamt sind die Zweiräder beim Veteranentreffen seltener geworden: „Wir werden alle älter“, sagt Hertrampf und lacht. Außerdem sei eine Anreise auf vier Rädern bequemer – immerhin kämen viele Teilnehmer aus anderen Teilen Deutschlands.

Dass es Unterschiede zwischen den Generationen gibt, ist aber nicht von der Hand zu weisen. Während die Älteren eher in Fahrzeugen aus den 50er oder 60er Jahren echte Oldtimer sehen, sind für die jüngeren auch Trabi und Wartburg interessant. Oldtimer sind sie durchaus: Alles, was älter als 30 Jahre ist, wird in der Regel als Oldtimer bezeichnet. „Mein Sohn fragt mich auch immer, warum manche Trabis und Co. so ablehnen – viele sind ja mit diesen Fahrzeugen groß geworden“, sagt Siegfried Hertrampf. Und weil die Geschmäcker so verschieden sind, will er beim Strahwalder Treffen nur eine Trennlinie ziehen: Die Fahrzeuge dürfen höchstens von 1985 stammen – sonst gebe es keine Beschränkungen. Julia Rixrath schafft diese Hürde mit dem Fahr locker. Sie persönlich mag aber auch lieber die richtig alten Gefährte: „Die haben irgendwie mehr Charakter.“