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Oldie-Bus spaltet die Gemüter

Im Internet wird gestaunt, dass ein 1986er Mercedes noch im Linienverkehr fährt. Einige Eltern finden das weniger toll.

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© Screenshot: SZ

Von Eric Weser

Wülknitz. Nächstes Jahr durchbricht er die Schallmauer. Nicht die echte, denn weder kann er fliegen, noch dürfte er je Geschwindigkeiten von über 1 000 Stundenkilometern erreichen. Gemeint ist vielmehr das Alter: Dreißig Jahre wird der Bus vom Typ Mercedes O405 alt – womit er theoretisch das „H“ im Kennzeichen bekommen könnte, das den Oldtimer-Status anzeigt. Was die Bus-Enthusiasten der Republik begeistert: Nach wie vor fährt der Wagen im Linienverkehr, verkehrt etwa als Schulbus zwischen Wülknitz und Gröditz.

Bei einigen Eltern sorgt das jedoch für Verstimmung. Sie sehen nicht ein, weshalb ihre Kinder in einem drei Jahrzehnte alten Auto in die Schule gelangen sollen. Mehrfach habe der Bus beim Einsatz schon Defekte gehabt, sagt etwa Jens Kraze aus Lichtensee. Kraze ist Vater schulpflichtiger Kinder und CDU-Gemeinderat in Wülknitz. Er kritisiert schon länger, dass der für die Schülerbeförderung zuständige Landkreis den Einsatz des Bus-Oldies duldet. Das Fahrzeug sei nicht mehr auf dem Stand der Technik, ist Kraze der Meinung.

Aus dem Landratsamt heißt es auf SZ-Anfrage, dass das Alter der Busse keine Rolle spiele. Entscheidend sei, dass die eingesetzten Fahrzeuge den Vorschriften der Verkehrssicherheit genügen, so Technik-Dezernent Andreas Herr.

Neue Busse sorgen für Entlastung

Und auch Auto-Experten sehen kein Problem im fortgeschrittenen Alter des Busses. „Vielleicht hat er keine Klimaanlage. Aber im Grunde entspricht so ein Bus noch immer dem Stand der Technik“, sagt der Kfz-Sachverständige Peter Müller. Beim Personentransport seien die Vorschriften sehr streng, die Prüfketten eng. „Alle drei Monate durchlaufen ältere Fahrzeuge die Sicherheitsprüfung.“ Die Ingenieure testen dabei alles: Bremsen, Reifen und Räder, Lenkung, Fahrwerk, Türen. Gibt es Mängel, müssen sie sofort behoben werden.

Die Bus-Eigentümerin verweist ebenfalls auf die ständigen Checks. „Solange das Fahrzeug in einem technisch verkehrssicheren Zustand ist, wüsste ich nicht, warum ich es nicht zum Einsatz bringen kann“, sagt Petra Henschel von der Firma AK Reisen aus Wülknitz. In anderen Gegenden würden sogar noch ältere Fahrzeuge eingesetzt, sagt sie. Die von den Eltern kritisierten Defekte des Busses seien keine Alterskrankheiten und könnten auch bei neuen Modellen vorkommen. „Ich wäre auch längst bereit, ein anderes Fahrzeug heranzuholen. Was mich aber schwer enttäuscht, ist der Vandalismus“, so die Unternehmerin weiter. Zerkratzte Fensterscheiben und abgerissene Verkleidungen – pfleglich werde der Bus von einigen jungen Passagieren nicht gerade behandelt.

Bei einem Problem, das die Eltern zuletzt kritisiert hatten, ist jetzt unterdessen reagiert worden: Beim Schulbeginn ab Montag setzt die Meißner Verkehrsgesellschaft einen Verstärker-Bus zwischen Lichtensee und Pulsen ein. Er soll auf der Strecke für Entlastung sorgen, denn in der kalten Jahreszeit kommt der normale Linienbus an seine Kapazitätsgrenze.

Laut Petra Henschel wird ihr Mercedes zu seinem 30. Geburtstag definitiv noch im Einsatz sein. Ob er dann das H aufs Kennzeichen bekommt, damit habe sie sich noch nicht beschäftigt, so Petra Henschel.