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Ohrfeige für Hans-Jürgen Behr

Die CDU-Parteibasis lehnte eine Stadtratskandidatur des Ortsvorstehers aus Schönfeld-Weißig ab. Auch in anderen Wahlkreisen gab es Streit.

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© Steffen Füssel

Von Bettina Klemm

Hans-Jürgen Behr ist ein Urgestein in der Dresdner CDU. Seit 1987 lenkt er die Geschicke am Stadtrand in Schönfeld-Weißig. Im Mai nächsten Jahres wollte der 67-Jährige gern als Stadtrat gewählt werden. Doch die Parteibasis sah es am Sonnabend anders. Nur 50 Mitglieder stimmten für ihn, 75 waren gegen seine Kandidatur.

In der Dresdner Altstadt stritten die Stadträte Hans-Jürgen Brauns (l.) und Joachim Stübner um den zweiten Listenplatz. Stübner gratulierte als fairer Verlierer. Auf den ersten Platz wurde Angela Malberg (Mitte) gewählt. Foto: Eric Münch
In der Dresdner Altstadt stritten die Stadträte Hans-Jürgen Brauns (l.) und Joachim Stübner um den zweiten Listenplatz. Stübner gratulierte als fairer Verlierer. Auf den ersten Platz wurde Angela Malberg (Mitte) gewählt. Foto: Eric Münch

Was war geschehen? Hans-Jürgen Behr steht in der Kritik, weil asbesthaltiges Material in seiner Kita verbaut wurde. In einem Brief an alle CDU-Mitglieder hatte er dazu seine Sicht mitgeteilt. Er fühle sich unschuldig und habe selbst erst aus der Zeitung von den Vorwürfen erfahren. Arbeitskollegen der eigenen Firma hätten schon ein Jahr zuvor die Wellasbestplatten eingebaut und fotografiert.

Bei seiner Vorstellung zum Parteitag erklärte er, wie viel er seit der Eingemeindung auch für Dresden getan habe. Kein Wort über die Asbest-Kita. Das ärgerte CDU-Mitglied Frank Pawassar, und er fragte nicht nur nach der Kita, sondern auch danach, warum die private Alte Gärtnerei für 33.000 Euro aus dem Ortschaftsbudget saniert wird. Vor der Abstimmung hatte noch CDU-Mitglied Johann von Keyserlingk vorgeschlagen, dass Daniela Walter vom dritten auf den zweiten Listenplatz, anstelle von Behr, rücken sollte. Doch sie lehnte dankend ab. Am Ende ist Behr nun ganz von der Liste geflogen. Er trat im zweiten Wahlgang nicht mehr an, brachte aber mit Hermann Kulzer einen weiteren Verbündeten aus Schönfeld-Weißig auf den dritten Listenplatz. „Es lohnt sich, mutig zu sein, auch wenn man meist ganz allein dasteht“, sagte Pawassar hinterher, er habe an die innerparteiliche Demokratie kaum noch geglaubt. Nach der Wahl zeigte sich Behr wieder zuversichtlich. Seine Frau werde sich freuen, wenn er nicht noch ein zusätzliches Amt übernehme. Zudem trete ja nun im Hochland ein gutes Team an. Die Liste im Loschwitzer Wahlkreis führt Christa Müller an. Die 61-Jährige ist schon seit 1990 im Dresdner Stadtrat aktiv.

Spannend wurde auch die Abstimmung im Wahlkreis 1, Altstadt. Spitzenkandidatin wurde Angela Malberg, die ebenfalls schon seit 1990 die Dresdner CDU im Stadtrat vertritt. Der CDU-Kreisvorstand hatte die Stadträte Hans-Joachim Brauns auf den zweiten und Joachim Stübner auf den dritten Platz gesetzt. Doch Stübner, der sich ebenfalls vor dem Parteitag mit einem Brief an die Mitglieder gewandt hatte, beanspruchte den zweiten Platz. Am Ende entschieden sich die Mitglieder für Brauns.

Enttäuscht schien auch Helfried Reuther zu sein, ebenfalls ein Stadtrat der ersten Stunde. Parteichef Christian Hartmann hatte Stadtrat Peter Krüger auf dem ersten Listenplatz vorgeschlagen, zum Nachteil von Reuther. Krüger wird seit längerer Zeit als künftiger Fraktionschef gehandelt.

SPD-Räte treten erneut an

Ruhiger ging es offensichtlich bei der Wahlkonferenz der Dresdner SPD zu. Alle neun bisherigen Stadträte treten in den zwölf Wahlkreisen wieder an. Sieben von ihnen auf den ersten Listenplätzen. Nur im Wahlkreis Löbtau/Plauen kämpften Wilm Heinrich und Ekkehardt Müller um den Spitzenplatz. Heinrich setzte sich durch.

SPD-Parteichefin Sabine Friedel kandidiert in der Dresdner Neustadt nur auf dem vierten Platz. „Als ich vor zehn Jahren in den Stadtrat kam, hatten junge Leute kaum eine Chance. Deshalb möchte ich jetzt für den Studenten Vincent Drews Platz machen“, sagt sie. Zudem sei sie bekannt genug, um auch auf dem vierten Platz gewählt zu werden. Die SPD wolle ohnehin nicht nur für die Spitzenkandidaten in den einzelnen Wahlkreisen werben. Auf ihren Listen stehen mehrere Personen, die in der Dresdner Öffentlichkeit bekannt sind, wie die frühere Chefin des Ausländeramtes Marita Schieferdecker-Adolph, Stolperstein-Vereinschef Alexander Zieschang und Awo-Vorstand René Vits.

Die Dresdner SPD wählte am Sonnabend auch die Kandidaten für den sächsischen Landtag. Es traten an: Eva-Maria Stange, Sabine Friedel, Christian Avenarius, Harald Baumann-Hasske, Richard Kaniewski, Albrecht Pallas sowie Marc Dietzschkau. Thomas Blümel hatte seine Kandidatur mit Blick auf sein neues Amt als Aufsichtsratsvorsitzender der SG Dynamo Dresden zurückgezogen.

Beide Parteien hatten zuvor Bilanz über die bisherige Stadtratsperiode gezogen. Sie arbeiten an ihren Wahlprogrammen und wollen sie im Frühjahr vorstellen. „Wir werden für jeden der zwölf Wahlkreise ganz konkrete Probleme benennen und Programme aufstellen“, kündigte CDU-Parteichef Christian Hartmann an.