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Ohne Spenden geht’s nicht

Der Christliche Hospizdienst in Görlitz freut sich über wachsende Zuwendung – vor allem für Kinder.

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© nikolaischmidt.de

Von Frank Seibel

Im November wird‘s manchmal richtig traurig. Das mag man bei einem Hospizdienst erwarten, der sich vorrangig mit Krankheit und Sterben befasst. Und der November ist nunmal der Monat, in dem Menschen besonders viel mit Trauern und Erinnern beschäftigt sind.

Aber die Düsterkeit, die Felicitas Baensch auch im vorigen November wieder eingeholt hat, ist ganz anderer Art. Das Kuratorium des Christlichen Hospizdienstes saß turnusgemäß beisammen und ging den Etat durch, kurz vor Ablauf des Jahres. „Und da war eine schmerzhafte Lücke im Budget“, sagt die Leiterin. Doch dann begann die Adventszeit, und bis Weihnachten war das Loch dicht. Seit einigen Jahren kommen immer einige Tausend Euro an Spenden in die Kasse des Christlichen Hospizdienstes, der mit drei hauptberuflichen Mitarbeiterinnen und 50 bis 60 ehrenamtlichen sehr kranken Menschen und ihren Angehörigen hilft.

Ämter sammeln bei der Weihnachtsfeier, zweimal wurde bei der Koch-Aktion auf dem Christkindelmarkt fürs Hospiz gesammelt, und die populäre Spendengala in der Landskron Brauerei brachte in den vergangenen Jahren ebenfalls immer eine vier- oder gar fünfstellige Summe ein.

Das war nicht immer so. In den ersten zehn Jahren nach der Gründung mussten die vier Sozialverbände, die den Christlichen Hospizdienst tragen, alle Kosten allein übernehmen. Entsprechend gering war der Spielraum für diese wichtige Art der Seelsorge und Sozialarbeit. In Westdeutschland, sagt Felicitas Baensch, sind Spenden für die Hospizarbeit schon seit Jahrzehnten üblich. Manchmal fließen sogar Erbschaften in diese Einrichtungen.

Hier begann der Spendenfluss erst vor gut sieben Jahren. Damals, im Jahr 2010, bekam der Christliche Hospizdienst ein neues Aufgabenfeld, die Kinderhospiz-Arbeit. „Dafür haben wir dann ziemlich viel Öffentlichkeitsarbeit gemacht“, sagt Baensch. Und die hat gewirkt. Wenn es um kranke Kinder geht, dann lassen sich auf einmal viele Menschen bewegen, vor allem in der Adventszeit. Aber natürlich war nicht dieser PR-Effekt der Ansatzpunkt, auch schwerkranken Kindern und ihren Familien zu helfen.

„Den Bedarf gab es schon lange davor“, sagt Felicitas Baensch. Bei der Uni-Klinik in Dresden gibt es ein so genanntes Brückenteam, das sich darum kümmert, dass schwerkranke Patienten auch nach ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus gut betreut werden, medizinisch, aber auch pflegerisch und organisatorisch. Aber für ein Kinderhospiz braucht man echte Fachkrankenschwestern oder -pfleger, die auf die Betreuung schwerstkranker Kinder spezialisiert sind. Und die gab es lange Zeit nicht in der Region. Bis vor acht Jahren Anja Hempel aus Potsdam nach Görlitz gezogen ist, die Felicitas Baensch von verschiedenen Seminaren kannte. Sie ist Palliativ-Krankenschwester, hat in Berlin und Potsdam im Kinderhospiz gearbeitet und ist aus familiären Gründen an die Neiße gezogen.

So begann im Jahr 2010 der Aufbau der Arbeit mit Kindern und ihren Familien. Und die ist in mancher Hinsicht ganz anders als die Hospizarbeit mit Erwachsenen. Hier stehen nicht allein die Patienten im Mittelpunkt, sondern ganze Familien, sagt Anja Hempel. So kann es sein, dass die Hospizhelfer sich auch mal um Geschwisterkinder kümmern, die sich vernachlässigt fühlen, weil sich alles um ihren kranken Bruder oder ihre kranke Schwester dreht. „Diese Unterstützung wird immer wichtiger, weil die Familien-Systeme immer kleiner werden“, sagt Hospizleiterin Felicitas Baensch. Wo früher Oma, Opa, Onkel, Tante und Nachbarn in der Nähe waren, bleiben heute meist nur Mutter und Vater, wenn überhaupt.

Und während erwachsene Patienten meist wirklich auf ihrem letzten Weg begleitet werden, können das bei Kindern viele Jahre sein. Denn ein Kinderhospiz ist per Definition – und somit von Krankenkassen anerkannt - für alle Kinder zuständig, die eine lebensverkürzende Krankheit haben. Das kann ein Tumor sein der eine genetische Erkrankung, das kann eine Stoffwechselkrankheit oder eine Kombination mehrer schwerer Behinderungen sein, wodurch jeder Schnupfen zur Gefahr wird.

Wie bei den Erwachsenen, sind auch für Kinder im Hospizdienst vor allem Ehrenamtliche im Einsatz. Anja Hempel kann mit ihrer halben Stelle nur alles koordinieren und die grundsätzlichen Gespräche mit den Familien führen. Die eigentliche Betreuung übernehmen meist Menschen, „die mitten im Leben stehen“, sagt Anja Hempel. Oft sind es selbst Eltern, deren Kinder gerade flügge werden oder die sogar selbst eine Erfahrung mit Krankheit oder gar Tod ihrer Kinder gemacht haben.

Die 25 ehrenamtlichen Helfer müssen ganz unterschiedliche Begabungen mitbringen. Vom Brüder-zum-Bolzplatz-bringen bis zum existenziellen Gespräch ist alles dabei. „Du, ich weiß, dass ich bald sterben werde“, sagte kürzlich ein Junge zu seiner Hospiz-Betreuerin. Ihr könne er das sagen, der Mama aber nicht– weil die dann so traurig werde.

Aber wozu braucht man Spendengeld für ehrenamtliche Hilfe? Anja Hempel hat noch einen Karton im Büro stehen. Ein paar Päckchen in Geschenkpapier liegen darin. Vor Weihnachten hat das nicht geklappt. Das sind nicht nur Nettigkeiten zu Weihnachten, sondern meist Notwendigkeiten. „Wir rufen vor Weihnachten die Familien an und fragen, was sie für ihr krankes Kind brauchen.“ Das sind oft Dinge, für die die Krankenkassen nichts oder zu wenig bezahlen. Eine spezielle Decke oder ein paar Lammfellschuhe, weil Beine und Füße im Rollstuhl so schnell kalt werden, zum Beispiel. Diese Geschenke werden aus dem Spendentopf finanziert.

Ein anderer Teil des Geldes fließt in ein Erholungswochenende plus einen Erholungstag für die Eltern, einmal im Jahr in Jauernick Buschbach. „Das sind allein 5 000 Euro, ohne Personalkosen“, sagt Hospizleiterin Feilicitas Baensch. „Das könnten wir ohne Spenden gar nicht finanzieren“.