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Ohne Krippenplatz kein Job

Meißen nimmt ein neues Portal für Kitaplätze in Betrieb – das ist schön. Aber neue Plätze entstehen dadurch auch nicht.

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© Claudia Hübschmann

Von Udo Lemke

Meißen. Ronny Hertl ist frustriert: „Wir suchen seit vergangenem Mai einen Kitaplatz.“ Zwar ist die kleine Abigail erst am 9. Oktober 2016 geboren worden, aber Ronny und seine Frau wollten alles richtig machen, und rechtzeitig einen Betreuungsplatz finden, um nach der Elternzeit wieder arbeiten gehen zu können.„Die Stadt hat gesagt, kommen sie wieder, wenn das Kind geboren ist. Wir waren beim Kinderhaus ,An der alten Ziegelei`, da hieß es, dass Geschwisterkinder Vorrang hätten. Und im Franziskus Kinderhaus wurde uns gesagt, sie nehmen erst Kinder ab zwei Jahren.“ Die Hertls haben sämtliche Pflegemütter der Stadt durchtelefoniert, aber nirgends war ein Unterkommen. „Das Babyjahr endet diesen Oktober, wir wissen nicht, wie es weitergehen soll.“

Katrin Schlehahn meldet als erste Meißener Mutter ihren kleinen Sohn Bruno am neuen Portal „Little Bird“ an, sie sucht für ihn einen Kita-Platz ab April 2018.
Katrin Schlehahn meldet als erste Meißener Mutter ihren kleinen Sohn Bruno am neuen Portal „Little Bird“ an, sie sucht für ihn einen Kita-Platz ab April 2018. © Claudia Hübschmann

Damit nicht genug. Eigentlich wollte Ronny Hertl, er ist gelernter Koch, von April bis Oktober in Elternzeit gehen. Doch sein Arbeitgeber, ein Meißner Gastronom, habe ihn deshalb gekündigt. „Weil er damit natürlich nicht durchgekommen wäre, hat er offiziell angegeben, er wäre mit meinen Leistungen nicht zufrieden“.Seit Ende Februar ist Ronny Hertl nun arbeitslos und die Elternzeit mit seiner Tochter Abigail kann er trotzdem nicht nehmen. „Wenn ich irgendwo unterkommen will in diesem Jahr, muss ich jetzt anfangen.“ Und: „So traurig es ist – seitdem unser Kind da ist, gingen die Probleme los. Meine Frau sagt jetzt schon – sie arbeitet beim gleichen Gastronomen – sie will kein weiteres Kind mehr.“ Für Ronny Hertl wäre die Elternzeit auch noch aus einem anderen Grund besonders wichtig gewesen: „Ich wollte auch deshalb viel Zeit mit meinem Kind verbringen, weil mein erstes Kind mit meiner damaligen Partnerin vor zwei Jahren eine Totgeburt gewesen ist.“

„In der Stadt gibt es 355 Krippenplätze“, rechnete Oberbürgermeister Olaf Raschke (parteilos) am Freitag im Rathaus bei der Vorstellung des Portals zur Suche von Kinderbetreuungsplätzen „Little Bird“ vor. „Das ist eine Deckung von 63 Prozent“. Bis 2019 solle diese auf 66 Prozent steigen. Und da nicht alle Eltern ihre Kinder in die Krippe geben, sei dies ein guter Wert. Insgesamt, so der Oberbürgermeister, hat Meißen derzeit 1 001 Plätze in Krippen, Kitas, bei Pflegemüttern und in Horts. Im September kommenden Jahres soll diese Zahl auf 2 172 steigen, unter anderem deshalb, weil die Stadt am Kalkberg eine neue Kita mit 60 Plätzen baut und die Elblandklinik einen eigenen Betriebskindergarten eröffnen will.

Eltern in Ausbildung bevorzugt

Das neue Portal „Little Bird“ ist über die Seite der Stadt Meißen aufrufbar. Es soll verhindern, dass die Eltern wie bislang von Einrichtung zu Einrichtung, von Tagesmutter zu Tagesmutter laufen müssen, erklärte Ines Ritter, die amtierende Leiterin des Familienamtes.

Was die Vergabe von Krippenplätzen betrifft, so erklärte der Oberbürgermeister, „so bekommen diese vorrangig Meißener Eltern, die sich in der Ausbildung befinden, oder andernfalls nicht weiter arbeiten gehen könnten.“

Ronny Hertl wird die Nachricht gern hören. Doch nach einem Jahr vergeblicher Suche, wird ihm der Glaube daran fehlen.