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Oh, wie gut schmeckt der Riesenstollen!

Beim großen Fest stand das Gebäck im Mittelpunkt. Zehntausende feierten mit. Darunter ein königlicher Bäckermeister.

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© Christian Juppe

Von Annechristin Bonß

Ob der Dresdner Stollen mit der Hochzeitstorte für Schwedens König mithalten kann? Oder mit dem Sahnebackwerk, das dessen Tochter Kronprinzessin Victoria bei ihrer Hochzeit anschnitt? Diese Frage kann wohl nur einer beantworten: Günther Koerffer. Der 63-jährige Konditormeister aus dem rheinländischen Merzenich lebt und arbeitet in Schweden und bäckt schon lange für die königliche Familie – auch die beiden Hochzeitstorten. Am Wochenende war er zusammen mit anderen internationalen Bäckern aus Italien, Griechenland, Spanien und Frankreich beim diesjährigen Stollenfest zu Gast.

Dresdens Stadt-Prominenz probierte das erste Stück: Kurfürst August, Bürgermeister Dirk Hilbert, Stollenmädchen Hanna Haubold, Bäckermeister René Krause und Augusts Hofbäckermeister Zacharias (v.l.).
Dresdens Stadt-Prominenz probierte das erste Stück: Kurfürst August, Bürgermeister Dirk Hilbert, Stollenmädchen Hanna Haubold, Bäckermeister René Krause und Augusts Hofbäckermeister Zacharias (v.l.). © Christian Juppe
Stundenlang haben die Stollenfans auf den Verkauf gewartet. Für sechs Euro bekamen sie 500 Gramm.
Stundenlang haben die Stollenfans auf den Verkauf gewartet. Für sechs Euro bekamen sie 500 Gramm. © Christian Juppe
Internationale Bäcker haben das Stollenfest besucht. Darunter auch Günther Koerffer (2.v.r.) aus Schweden.
Internationale Bäcker haben das Stollenfest besucht. Darunter auch Günther Koerffer (2.v.r.) aus Schweden. © Christian Juppe

Zum 24. Mal haben die Dresdner Bäcker damit den Höhepunkt der diesjährigen Saison gefeiert. Wochenlang wurde vorbereitet, am ersten Advent trafen sie sich, um den Riesenstriezel zusammenzusetzen. Nun konnten sie das Ergebnis präsentieren. Das ist 3,26 Meter lang, 1,76 Meter breit, 92 Zentimeter hoch und ganze 2980 Kilogramm schwer. Unter anderem 800 Kilogramm Mehl, 2 700 Stück Butter, 90 Liter Rum und 160 Liter Milch sowie über eine Tonne Rosinen, Mandeln, Zitronat und Orangeat steckten darin. Ein Viergespann zog den XXL-Stollen durch die Stadt. Bäcker, Stollenmädchen, Spielmannszug, Fahnenschwinger und Weihnachtsmann haben sich in den Festumzug eingereiht. Begeistert jubelten Tausende am Straßenrand. Handys wurden emporgestreckt, Fähnchen geschwenkt.

Auch Günther Koerffer und seine Kollegen sind mitgelaufen. Der Schwede ist Mitglied im Vorstand des europäischen Bäcker- und Konditorenverbandes. Sonst treffen sich die Mitglieder in Brüssel. Auch die Städte der anderen Vorstandsmitglieder wurden schon besucht. Erstmals war nun Dresden der Tagungsort. Bäckermeister Michael Wippler aus Pillnitz ist ebenfalls im Vorstand. Klar, dass er seinen Kollegen das Stollenfest zeigen wollte.

Die kennen das berühmte Dresdner Backwerk bereits. Günther Koerffer verkauft den Stollen zum Beispiel in seinem Café im schwedischen Ulricehamn. „Nur weniger kompakt und mit sehr viel mehr Rum in den Rosinen gebacken“, sagt er. Und mit einer kleinen sprachlichen Zusatzinfo. Denn Stolle bedeutet im schwedischen eigentlich Narr, Tor oder auch verrückt. Als süßes Weihnachtsgebäck kannten die Schweden den Stollen deshalb eigentlich nicht. Auch Christian Vabret aus Paris verkauft den Striezel in seinem Café. Er ist der Vorsitzende der internationalen Bäcker. Als junger Mann hat er den Stollen bei Reisen kennengelernt. „Der schmeckt wunderbar“, sagt er. In Frankreich nennt er das Gebäck Weihnachtsbrot. Bei seinen Kunden komme das gut an, sagt er.

Genau wie bei den Zehntausenden Besuchern des Stollenfestes. Das ist mittlerweile über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt. Dutzende Fotografen haben sich angemeldet. TV-Teams aus Israel und Tschechien sowie vom Sender Al-Arabiya sind nach Dresden gekommen. Der Stollen und das Fest sind Inbegriff für deutsche Weihnachtstradition. Auf dem Altmarkt war kein Durchkommen mehr. Jeder wollte ein Stück vom Riesenstollen kaufen. Für sechs Euro gab es rund 500 Gramm. Das Geld kommt in diesem Jahr einem Dresdner Verein zugute, der damit einen Spielplatz in der Johannstadt finanziert.

Günther Koerffer beobachtete gebannt die Szenerie. Die Massen, die Begeisterung, ein Fest nur für ein Backwerk – so etwas hat er noch nie erlebt. Das weihnachtliche Dresden, der prächtige Striezelmarkt und all die erzgebirgischen Holzfiguren haben es ihm angetan. „Einfach phänomenal“, sagt er. Und was schmeckt nun besser? Torte oder Stollen? Der Schweden bleibt diplomatisch: „Beides gleich gut“.