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Oh, es riecht gut

Prüfer Michael Isensee hat in Bautzen 26 Stollen getestet, darunter einen besonderen. Weihnachtlich - und zwar nicht nur kulinarisch - geht es am Wochenende auch im Bischofswerdaer Land zu.

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© Carmen Schumann

Von Carmen Schumann

Bautzen. Der Mohnstriezel hat alles, was einen guten Stollen ausmacht. Vor allem schmeckt der Mohn nicht muffig. Diese Gefahr besteht bei Mohnstollen durchaus. Doch Michael Isensee gibt dem Weihnachtsgebäck gute Noten. Der Stollenprüfer schneidet an diesem sonnigen Dienstagvormittag einen Stollen nach dem anderen an und nimmt ihn kritisch unter die Lupe. Dabei bewertet er das Aussehen allgemein, die Form und die Farbe sowie die Kruste. Wichtig ist zum Beispiel, dass die Früchte gleichmäßig verteilt sind. Essen kann er nur ein kleines Häppchen, um die Kaubarkeit zu testen. Dabei stellt er fest, ob der Geschmack „rund“ ist. Ihm entgeht auch nicht, wenn das Gebäck überwürzt ist. Das bringt Punktabzüge. Maximal 100 Punkte kann der Stollenprüfer vergeben.

Die Stollenprüfung der Bäckerei-Innung Bautzen findet dieses Jahr verhältnismäßig spät statt. Voriges Jahr ging sie bereits Anfang November über die Bühne. Michael Isensee muss nur noch diese Woche ran. Dann ist die Prüfungssaison für ihn beendet. Bereits Ende Oktober hat er in Thüringen die ersten Stollen getestet. Von Montag bis Freitag ist er in der Saison in insgesamt elf Bundesländern unterwegs, um im Auftrag der Innungen die Stollen zu prüfen. Da kommen unterm Strich zwischen 30 und 35 Prüfungstage zusammen. Das bleibt nicht ohne Spuren. „In der Weihnachtszeit brauche ich die Hosen eine Nummer größer“, sagt der Stollenprüfer scherzhaft. Und er gibt zu, dass er dann zu Weihnachten zu Hause keinen Stollen mehr isst und stattdessen lieber auf Kekse oder Lebkuchen zurückgreift.

Auch ein veganer Stollen

Mehr als 40 Stollen kann Michael Isensee nicht auf einmal testen. Da von der Bautzener Bäckerinnung aber insgesamt 51 Stollen eingereicht wurden, wurde das Prozedere auf zwei Tage aufgeteilt. Die erste Prüfung fand am Montag in Kamenz statt, die zweite am Dienstag in der Bautzener Kreissparkasse. Hierher brachten die Bäcker aus Bautzen und Umgebung bis hin zum Rödertal ihre Stollen. Steffen Haufe aus Bischofswerda, der auch Chef der Gesellenprüfungskommission ist, sammelte die Stollen seiner Kollegen westlich von Schiebock ein und brachte sie nach Bautzen. Er selbst hat wohl den exotischsten Stollen eingereicht, nämlich einen veganen. Dabei wird die Butter durch gute Margarine ersetzt. Michael Isensee kommentiert dies so: „Eigentlich geht es gar nicht, einen veganen Stollen herzustellen, denn dann müsste man auf die Hefe verzichten, die ja bekanntlich aus einzelligen Lebewesen besteht.“ Dass Steffen Haufe, der natürlich nicht auf Hefe verzichtet, überhaupt veganen Stollen herstellt, liegt an seinen Kindern, die in Leipzig, Berlin und Chemnitz studieren. Unter den Studenten sei vegane Ernährung total „in“. Während er seine veganen Stollen in den Universitätsstädten gut verkaufen kann, liegen sie in Schiebock wie Blei in den Regalen. „Den kauft hier keiner“, sagt er.

Den Hauptteil der zu prüfenden Stollen bilden die Rosinenstollen. „Die sind einfach am beliebtesten“, sagt Innungsobermeister Lutz Neumann. Gleichauf folgen die Mohn- und die Mandelstollen. Von den 68 Innungsbetrieben reichten diesmal 31 Bäckereien insgesamt 51 Stollen ein. Die Teilnahme an der Stollenprüfung ist freiwillig. Michael Isensee bewertete 15 Stollen mit „Sehr gut“, neun mit „Gut“ und nur zwei mit „Zufriedenstellend“. Jeder Teilnehmer erhält eine schriftliche Bewertung mit Hinweisen, was noch zu verbessern ist. „Anhand der Urkunden, die sich die Bäcker in den Laden hängen können, erkennen die Kunden, dass sie gute handwerkliche Ware bekommen“, sagt Lutz Neumann.