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Offene Tierhaltung rettet Pferden das Leben

In der Halle neben dem abgerannten Stall hat die Zukunft des Reiterhofes schon begonnen. Auch dank einer großen Spendenbereitschaft.

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© Dietmar Thomas

Von Sylvia Jentzsch

Mügeln. Claudia Stevens-Borda sind die Strapazen der letzten Tage kaum anzusehen. Der Stall des Reiterhofes Johanniswiese ist am Mittwochabend in der vergangenen Woche bis auf die Mauern abgebrannt. Auch ein Großeinsatz der Feuerwehr konnte das nicht verhindern. Noch immer liegt Brandgeruch über dem Areal. Der Wind lässt die abgerissenen und zur Seite gelegten Dachbleche klappern. Es wirkt alles sehr unheimlich und erdrückend.

Die Pferdehalterin vor dem ausgebrannten Stall.
Die Pferdehalterin vor dem ausgebrannten Stall. © Dietmar Thomas
Diana Thiel hat selbst gespendet und unterstützt beim Sortieren.
Diana Thiel hat selbst gespendet und unterstützt beim Sortieren. © Dietmar Thomas

Doch in der Reithalle nebenan hat schon ein Stück Zukunft begonnen. Im hinteren Teil sind 20 Pferde untergebracht. Ihnen stehen jetzt zwei große, eingezäunte Gehege zur Verfügung, die die Tiere durch je zwei Durchbrüche selbstständig verlassen können. Claudia Stevens-Borda setzt auf offene Tierhaltung. Diese hat den Pferden wahrscheinlich das Leben gerettet. „Sie haben den Stall verlassen können, sich als Herde zusammengefunden und ganz ruhig verhalten“, so Claudia Stevens-Borda. Sie sei sehr froh gewesen, als sie am Abend des Brandes die Tiere neben dem Stall sah. „Ich dachte gleich daran, dass ich gar keine Halfter habe, um die Tiere halten zu können. Die waren alle im Stall, der brannte“, so die Pferdehalterin. Doch es habe hilfsbereite Menschen gegeben, die Halfter brachten.

Sie selbst konnte es nicht glauben, als eine Freundin ihrer Tochter anrief und mitteilte, dass der Stall brennt. „Wir waren erst kurz vor 19 Uhr vom Füttern der Pferde zurück. 20.10 Uhr kam der Anruf. Wir sind sofort losgefahren. Doch da stand der Stall schon in Flammen. Dabei hatten wir kaum etwas darin, das schnell Feuer fangen konnte – es waren fünf Rundballen Heu und Stroh. Auf dem Dach befand sich allerdings eine Photovoltaikanlage“, so Claudia Stevens-Borda.

Am Abend und auch in den vergangenen Tagen habe sie eine unglaubliche Hilfsbereitschaft erlebt. „Ich hatte nicht gedacht, dass man mich so unterstützt.“ Gespendet wurden Futter, Heu, Möhren, Hafer und Pellets für die Pferde. Aber auch Putzzeug, Helme und Sattel wurden gebracht. „Von Kindern habe ich kleine Briefchen bekommen, die mir Mut machen. Wahrscheinlich haben sie ihr Taschengeld dazugelegt. Es ist einfach rührend“, sagt Claudia Stevens-Borda. Und sie sei auch weiterhin auf Unterstützung angewiesen.

Eltern von Reitkindern haben bereits einen Durchbruch für die Gehege im Stall hergestellt. Ein weiterer soll am Mittwochnachmittag durchgebrochen werden. Der Bauhof der Stadt Mügeln wird Rampen anbauen, sodass die Pferde ohne Probleme aus den Ställen kommen. Auch eine neue Raufe für das Heu wurde von Helfern gebaut. „Es ist einfach unglaublich“, so die Pferdehalterin. Sie packt seit vergangenem Donnerstag wieder kräftig zu. „Die Pferde sind da. Sie müssen versorgt werden. Da kann ich den Kopf nicht in den Sand stecken. Und ich brauche die Einnahmen vom Reitunterricht, um das Futter für die Tiere zu finanzieren“, sagt Claudia Stevens-Borda. Wichtig sei, dass alles wieder anlaufe und das gehe nur, wenn sie weitermache. Sie gibt allerdings zu, in den Tagen nach dem Brand kaum Schlaf gefunden zu haben. Denn neben dem Versorgen der Tiere, und dem Koordinieren der Spenden gibt es Termine mit dem Gutachter der Versicherung, der Polizei und mit Handwerkern.

So zum Beispiel liegt in der Halle zurzeit kein Strom an. Das Kabel wurde beim Brand zerstört. Der Strom wird aber nicht nur zum Ausleuchten benötigt, sondern auch zur Wasserversorgung der Tiere. „Wir benötigen den Strom für die Pumpe“, sagte Claudia Stevens-Borda. Zurzeit bekomme sie vom Autohaus Hirth nebenan Strom, allerdings nur während der Arbeitszeit. Aber das sei schon eine große Hilfe.

Auch Bürgermeister Johannes Ecke setzt sich für die Geschädigten ein. Er organisierte, dass die Volks- und Raiffeisenbank in Mügeln ein Spendenkonto eröffnet. Das soll am Donnerstag bekannt gegeben werden. Die Stadt habe schon viele Anfragen zur finanziellen Unterstützung des Reiterhofes bekommen. Und die wird auch benötigt. „Es gibt Dinge, die Leute nicht einfach mal so abgeben können. Das geht beim Kreiselmäher los, der zur Pflege der Weiden benötigt wird, und endet beim Kleintraktor, der ebenfalls verbrannte“, so Stevens-Borda.

Sie findet auch die Idee des in Ostrau lebenden Georgiers Paata Kvantidze sehr gut. Er ruft dazu auf, bei dem Reiterhof jetzt Reitstunden zu kaufen und sie erst später in Anspruch zu nehmen. So stehe Claudia Stevens-Borda das Geld jetzt zur Verfügung. „Und ich kann eine Gegenleistung erbringen“, so die Pferdehof-Besitzerin. Den Hof im Gewerbegebiet Niedergoseln/Schweta betreibt sie seit 2011. „Die Hallen, die Schweineställe waren, wurden seit der Wende nicht mehr genutzt und waren total verwildert. Wir haben alles in Ordnung gebracht und nach und nach einen Traum verwirklicht. Und den gebe ich nicht auf“, so Claudia Stevens-Borda.

Hilfsangebote an: Tel. 0157 72960223