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Ochsenherzen aus der Bio-Gärtnerei

Zwei Görlitzer Frauen betreiben einen Heidenaufwand, damit Gemüse und Blumen ihrer Gärtnerei das Biosiegel haben.

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© Nikolai Schmidt

Von Daniela Pfeiffer

Diese Tomate ist beeindruckend. Riesig groß, gerippt, herzförmig und natürlich rot. Dass diese Sorte Ochsenherz heißt, leuchtet ein. Uralt ist sie, in Deutschland eher wenig verbreitet. Das liegt daran, dass sie nicht allzu lange haltbar ist. Trotzdem gehört sie zu den Favoriten von Sabine
Reuter und Daniela Zenker. Beide Gärtnerinnen haben ein kleines Tomatenreich geschaffen – hier in der ab vom Schuss und völlig idyllisch gelegenen Gärtnerei Wagner in der Südstadt. Sabine Reuter ist die Inhaberin der traditionsreichen Gärtnerei, die vielen seit Jahrzehnten bekannt ist.

„Wir züchten am liebsten die Tomaten, die es so nicht zu kaufen gibt“, sagt sie. So nicht zu kaufen – heißt nicht in Supermärkten. Die ausgefallenen Sorten der Gärtnerei Wagner werden hauptsächlich auf dem Görlitzer Wochenmarkt verkauft. Jeden Sonnabend steht Daniela Zenker hier mit der frischen Ernte. Außerdem beliefern die beiden Frauen seit Neuestem das Gut Krauscha, das die Ware mit nach Berlin und Dresden nimmt und dort verkauft.

Das ist allerdings erst möglich, seit
Sabine Reuter sich entschieden hat, sich für ihre Erzeugnisse das Bio-Siegel zu holen. „Wir haben ja auch vorher schon ohne Chemie gearbeitet“, sagt sie. „Dann können wir es uns auch zertifizieren lassen, dachte ich.“ So leicht wie gedacht ist das dann aber doch nicht. Sie räumt ein, sehr blauäugig gewesen zu sein. „Dass das so kompliziert, mit solchem bürokratischen Aufwand verbunden ist, hätte ich nicht gedacht.“ Trotzdem ging sie den Weg – zusammen mit Daniela Zenker, die viele vielleicht noch vom Blumengeschäft Vergissmeinnicht auf dem Obermarkt kennen. Wer ein Biosiegel möchte, muss nachweisen, dass seine Pflanzen auch vom Ursprung her bio sind. „Man glaubt gar nicht, wie viele Pestizide schon in Jungpflanzen stecken können“, sagt Sabine Reuter. Also werden die Pflänzchen selbst gezogen – mit riesigem Aufwand. „Die Kontrolleure wollen sogar wissen, wo mein Saatgut her ist, sie schauen sich die Sackerde an, werfen einen Blick in meine Schränke, um zu sehen, was für Pflanzenschutzmittel ich habe.“ Zudem müssen die Gärtnerinnen Saatgut grammweise abwiegen, um nachweisen zu können, wie viele Pflanzen daraus entstehen und letztlich notieren, wie viele sie davon verkauft haben.

Manchmal frage sie sich: Warum tue ich mir die ganze Bürokratie überhaupt an? Aber die Antwort ist für Sabine Reuter einfach: „Mit so wenig wie möglich Pflanzenschutzmitteln auszukommen, war schon immer meine Überzeugung. Wir haben eine Verantwortung den Kindern gegenüber. All die Chemie geht in die Erde, wer weiß schon um die langfristige Wirkung.“ Bis jetzt haben sie das Biosiegel für Topfkräuter, Gemüse und sind ab nächstem Jahr wahrscheinlich eine von wenigen Gärtnereien, die auch Beet- und Balkonpflanzen und Freilandschnittblumen in Bioqualität anbieten.

Damit die Stammkunden, die sonst auf den Wochenmarkt kommen, aber auch Neukunden und sonstige Interessierte sehen können, wie das alles läuft, öffnet die Gärtnerei Wagner an diesem Sonnabend ihre Türen. „Die Leute sollen sehen, dass das hier wirklich gelebt wird und dass bio für uns eine Berufung ist“, sagt Sabine Reuter. Tochter und Schwester werden heute aushelfen. Zum Beispiel bei der Tomatenverkostung. Denn natürlich soll das Ochsenherz zeigen, wie lecker es ist. Oder die anderen, teils gelben oder sogar schwarzen Tomaten. Infos gibt’s darüber hinaus zum Kursprogramm der Gärtnerei. Denn auch das ist nicht ganz gewöhnlich: Neben dem Kräuterstammtisch oder Kräuterkursen für Kinder und saisonalem Kranzbinden können hier sogar Kindergeburtstage gefeiert werden. Vor allem für Mädchen ist das interessant, denn sie können von Daniela Zenker lernen, wie sie einen Blumenkranz fürs Haar selber herstellen. „Die Mischung macht großen Spaß: die Pflanzen ziehen und dann auch etwas Schönes draus machen“, sagt Daniela Zenker.

Tag der offenen Tür: 12. August, 9 bis 17 Uhr.

Sonst geöffnet: freitags, 9 bis 17 Uhr