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Obdachlose im Sommer schutzloser als im Winter

Ein Schlafplatz und eine Mahlzeit sind für Berliner Obdachlose im Winter leichter zu haben als in der warmen Jahreszeit. Viele Notunterkünfte haben jetzt geschlossen.

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Berlin. Berliner Obdachlose haben im Sommer mitunter größere Probleme als im Winter. „Viele Notunterkünfte haben nur in der kalten Jahreszeit geöffnet. Im Sommer muss man auf eigene Faust schauen, wo man übernachten kann und etwas zu essen und trinken bekommt“, sagte die Sprecherin der Berliner Stadtmission, Ortrud Wohlwend, der Deutschen Presse-Agentur. Viele Obdachlose seien Sturm und Regen ausgesetzt und hätten keine Möglichkeit, irgendwo Unterschlupf zu finden. Nur die Notübernachtung in der Franklinstraße von Caritas und Stadtmission habe ganzjährig geöffnet. „Aber auch hier sind die Plätze ganz schnell belegt“.

„Im Winter kann man abends in die Notunterkunft gehen, da gibt es etwas zu essen und zu trinken, bei Bedarf auch Kleidung, nette Leute, ein Quartier für die Nacht, medizinische Hilfe und auch noch ein Frühstück am nächsten Morgen. Am Abend kann man dann wiederkommen“, sagt Wohlwend. Im Sommer gebe es das alles und den Rhythmus nicht. „Wahrscheinlich sterben mehr Leute im Sommer als im Winter an ihren Langzeiterkrankungen“, schätzt die Sprecherin. Dies geschehe zudem oft unbemerkt: „Wenn ein Obdachloser im Sommer stirbt, steht das nicht in der Zeitung.“ Im Winter würden die Kältetoten registriert.

Essen und Getränke können Obdachlose im Sommer in der Bahnhofsmission am Zoo bekommen. Dort werden laut Wohlwend täglich rund 600 Menschen versorgt. Wohlwends Schätzungen zufolge ist die Zahl der Obdachlosen in Berlin aber etwa zehnmal so hoch. Laut einer Studie seien 74 Prozent der Obdachlosen Alkohol- oder Drogenabhängig und 40 Prozent krank und behandlungsbedürftig. Die Lebenserwartung eines Obdachlosen ist demnach im Schnitt um mehr als 30 Jahre verkürzt und liegt bei 47 Jahren. Die Stadtmission versorgt Kranke unter anderem mit einer Ambulanz und mobilen Helfern.

Berliner können Obdachlose schon mit kleinen Spenden unterstützen. „Von fünf Euro werden zwei Erwachsene satt“, sagte Wohlwend. Auch Sommerkleidung, Sandalen und leichte Schuhe seien willkommen. An ihren Standorten hat die Stadtmission entsprechende Kleidercontainer aufgestellt. (dpa)