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Nur Oldtimer im Depot

Die Feuerwehrleute von Oßling rücken mit uralter Technik aus. Das führten sie dem Gemeinderat jetzt vor Augen.

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© René Plaul

Von Manuela Reuß

Bodo Kretschmer ist sauer. Denn den Feuerwehrleuten der Gemeinde Oßling dürfte eine Rekordmarke sicher sein. Allerdings eine, auf die wahrlich niemand stolz ist: Die Oßlinger haben die wahrscheinlich älteste Technik in ihren Gerätehäusern stehen, ärgert sich der Gemeindewehrleiter. Das jüngste der fünf Autos – das Löschfahrzeug der Oßlinger Wehr – hat 23 Jahre auf dem Buckel, die ältesten Gefährte 46. Das sind der W 50 der Weißiger Kameraden und das Döbraer Tragkraftspritzenfahrzeug. Dagegen erscheinen die 32 Jahre alten Autos der Liesker und der Skaskaer Wehr fast schon jung. Dafür haben die zwei Fahrzeug-Anhänger, die in Milstrich und Liebegast stehen, noch mehr zu bieten. Beide sind schon über 50 Jahre alt. „Und als Einsatzleiter muss ich mit meinem Fahrschulauto rausfahren“, ärgert sich der Feuerwehrchef.

Würden sie sich in so ein Fahrzeug setzen? Ohne ABS und ohne Sicherheitsgurte? Diese Frage stellten die Feuerwehrleute jetzt den Gemeinderäten. Denn die sollten über den neuen Brandschutzbedarfsplan entscheiden. Eine Stunde vor Sitzungsbeginn reihten die sieben Ortswehren ihren Fuhrpark auf, boten den Räten die Möglichkeit die Technik selbst zu inspizieren. Damit sie auch wissen, wovon sie reden.

Konkretes Datum gefordert

Das zeigte Wirkung. Der Rat lehnte den vorliegenden Brandschutzbedarfsplan ab. Der Plan sei zu unkonkret. Das hatten auch schon der Technische Ausschuss und der Feuerwehrausschuss bemängelt. Dort wo im Plan beispielsweise steht „Mittelfristig ist für die Feuerwehr Milstrich/Döbra ein Löschgruppenfahrzeug zu beschaffen“, möchten die Kameraden lieber ein konkretes Datum lesen, sagt der Oßlinger Gemeindewehrleiter. „Statt ,mittelfristig‘ sollte dort ,bis 2017‘ stehen.“

Doch nicht nur die Technik bereitet Bodo Kretschmer schlaflose Nächte. Auch die Gerätehäuser sind hoffnungslos veraltet. Den Namen Feuerwehrdepot verdienen sie eigentlich nicht. Die Fahrzeuge stehen allesamt in mehr oder weniger alten Garagen. Die einzige Ausnahme ist das Oßlinger Gerätehaus. Das wurde 2002 gebaut. Seitdem gab es keine größere Investition mehr. Weder in Häuser, noch in Technik, weiß der Gemeindewehrleiter.

Keine Heizung im Depot

Entsprechend mies sieht die derzeitige Lage aus. Was eine Rundreise durch die Oßlinger Ortsteile beweist. Der Gemeindewehrleiter zeigt die Abstellmöglichkeiten für die Feuerwehrautos, die er als untragbar einschätzt. Eine Heizung gibt es beispielsweise nur im Liesker Depot. Die Kameraden in Skaska und Döbra haben als Notlösung wenigstens noch Ölradiatoren. Auch mit Toiletten oder Waschmöglichkeiten sieht es vielerorts schlecht aus. Am schlechtesten schneidet das Milstricher Depot ab. In der vier mal sieben Meter großen, alten Garage gibt es nichts – außer Strom und etwas Platz für den Tragkraftspritzenanhänger. Ausrücken kann die Ortswehr Milstricher damit allerdings nicht. Es fehlt am Zugfahrzeug. Die Milstricher haben weder Funk, noch Telefon oder Fax. „Das ist eigentlich ein Skandal.“ Ihre Einsatzkleidung haben die Feuerwehrleute mit nach Hause genommen. Damit sie nicht schimmelt. Dabei sind die Milstricher die größte aktive Truppe. Als die Wehrmitglieder jüngst in der Sächsischen Zeitung lasen, dass ihre Kollegen in Großgrabe ein neues Gerätehaus bekommen, war das Fass zum Überlaufen gebracht. „In der Zeitung stand, das alte Großgraber Depot gehört zu den schlechtesten im Kreis. Da kann ich nur sagen: Es geht noch schlechter“, schimpft der Gemeindewehrleiter.

Das größte Problem seien die Finanzen, sagt Bodo Kretschmer. Er weiß, wovon er spricht. Seit 1998 gehört er zur Wehrleitung. Zunächst als Stellvertreter, seit vier Jahren als Chef der Gemeindewehr. In der Ortswehr Oßling hat er seit 2000 den Hut auf. In all den Jahren habe es immer „am Geld gehangen“. Mehr als rund 20 000 Euro pro Jahr war seit dem Bau des Oßlinger Gerätehauses an Investitionen nie drin. Dadurch ist zwar die persönliche Ausrüstung der Kameraden in den sieben Ortswehren auf dem notwendigen Standard und man habe einen recht guten Ausbildungsstand erreicht, „doch am Rest hapert es gewaltig“. Natürlich ist dem Feuerwehrchef bewusst, dass sich die Oßling in einer prekären finanziellen Lage befindet – in Haushaltskonsolidierung. Dennoch könne und dürfe „ein Brandschutzbedarfsplan nicht hauptursächlich auf die finanzielle Lage der Gemeinde abgestellt werden“, schrieb er dem Bürgermeister. Eine Lösung muss her. Sonst laufen der Wehr die Leute davon. So auch der Konsens im Gemeinderat.

Das Geld fehlt

Wann der überarbeitete Bedarfsplan wieder auf der Tagesordnung im Rat stehen wird, kann Bürgermeister Siegfried Gersdorf nicht sagen. Momentan weiß er noch nicht, woher er die Mittel für die nötigen Investitionen nehmen soll. Für die vielen anstehenden Pflichtaufgaben reiche das Geld im Gemeindesäckel keinesfalls. Deshalb sieht Bodo Kretschmer auch den Freistaat in der Pflicht. „Er hat dafür Sorge zu tragen, dass Gemeinden ihre Aufgaben auch erfüllen können.“ Zumal immer wieder zu lesen ist, dass mehr Steuereinnahmen da seien. „Fragt sich nur, wo sie bleiben.“ Bisher stand die Feuerwehr zugunsten anderer Pflichtaufgaben immer hintenan. „Doch das machen wir nicht mehr mit.“ Es gehe schließlich nicht um irgendwas. Sondern um die Sicherheit der Bürger.