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Mit Gummistiefeln in den Stadtwald

Die grüne Lunge von Neugersdorf dient der Forstwirtschaft und der Erholung. Beides zusammen scheint unmöglich.

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© Schubert/Herzog

Von Gabriela Lachnit

Neugersdorf. Wer sich ohne Gummistiefel nach einem Regenguss in den Stadtwald von Neugersdorf traut, muss anschließend kräftig Schuhe putzen. Das ist vor wenigen Tagen bei einer Waldinspektion festgestellt worden. Die Löbauer Ortsguppe vom Naturschutzbund Nabu und die Ortsgruppe von Bündnis 90/Die Grünen hatten zur Waldbegehung eingeladen.

Jetzt geht es darum, das abzustellen.
Jetzt geht es darum, das abzustellen. © Schubert/Herzog

Angesprochen waren alle, denen der Stadtwald am Herzen liegt. So haben sich an jenem Sonntag nicht nur die Bündnis-Grüne-Abgeordnete des Ebersbach-Neugersdorfer Stadtrates, Franziska Schubert, sondern weitere Stadträte auf den Weg gemacht. Mit dabei war auch der Technische Leiter des KiEZ Querxenland Seifhennersdorf, Thomas Noack, und der Leutersdorfer Wegewart Dietmar Eichhorn sowie einige Bürger. Sie alle wollten wissen, was genau im Neugersdorfer Stadtwald im Argen liegt. Und sie haben dabei schon bald festgestellt, dass die Sache mit dem Schuheputzen das kleinste Übel ist.

Immer wieder sind Beschwerden von Bürgern an einzelne Stadträte herangetragen worden, dass vor allem die Wege im Stadtwald kaum noch zu begehen sind, seit Forstwirtschaftsbetriebe im Januar dieses Jahres dort zugange waren. Mit großen Maschinen sind die im Wald gewesen und haben Bäume gefällt. Mit ähnlicher Technik sind die Bäume dann aus dem Wald geschafft und gestapelt worden. Lkw haben die Stämme in den letzten Wochen abgeholt und dabei den Waldwegen nochmals zugesetzt. Das ist übrigens noch nicht beendet. Noch immer liegt Holz im Wald zur Abholung bereit. „Das erfolgt in der kommenden Woche“, versichert Andreas Köhler, Leiter des Sachgebietes Liegenschaften in der Stadtverwaltung Ebersbach-Neugersdorf auf SZ-Nachfrage. Erst wenn das geschlagene Holz aus dem Wald heraus ist, könne man die Waldwege wieder herrichten, sagt Köhler und betont, dass man ansonsten die Arbeit zweimal macht.

Manche Waldwege haben bei der Durchforstung so sehr gelitten, dass sie nicht mehr passierbar sind. Große Pfützen, Schlammwälle, Reisig auf den Wegen – dieses Bild hat sich den Waldinspizienten bei ihrem Rundgang geboten. Aber auch mehrere abmontierte Bänke und fehlende Papierkörbe wurden festgestellt.

Zahlreiche Wege sind beschildert und als Wanderwege ausgewiesen. Dass gerade die derzeit kaum zu nutzen sind, ärgert nicht nur Franziska Schubert. „Die Wege sind so zerfahren, dass man auf vielen überhaupt nicht mehr gehen kann“, sagt sie. Wer mit einem Rollstuhl, Kinderwagen oder Rollator durch den Wald will, hat auf etlichen Wegen keine Chance. „Vor allem der Naturlehrpfad ist nicht zu begehen. Der Ferdinand-Steig und der Karasek-Weg sehen gruselig aus“, berichtet die Abgeordnete, die die Bündnis-Grünen auch im sächsischen Landtag vertritt. Sie weist darauf hin, dass der Eigentümer verpflichtet ist, erhöhte Waldsicherung zu leisten, wenn Wanderwege ausgewiesen sind. Das ist in diesem Fall die Stadt Ebersbach-Neugersdorf. Dazu gehöre auch, dass ausgeschilderte Wanderwege vernünftig passierbar sind.

Ein großes Problem sei, dass die Entwässerungsgräben an den Wegesrändern nicht gepflegt werden. Dort müsste mindestens einmal im Jahr das Gras gemäht werden. Früher hätten das Mitarbeiter innerhalb von ABM erledigt, erinnert sich Frau Schubert. Sie regt an, einen Bürgerstammtisch zu bilden. Dort sollen alle mitarbeiten, die Vorschläge haben, wie man die Situation im Stadtwald verbessern kann. Sie hofft, dass zumindest die am meisten zerfahrenen Wege bis zu den Sommerferien wieder so hergerichtet sind, dass sie gefahrlos genutzt werden können.

Das hofft auch Thomas Noack aus dem Querxenland. Der Neugersdorfer Stadtwald wird oft von Kindern begangen, die sich im KiEZ erholen. Der Naturlehrpfad sei dabei das Ziel. „Leider müssen die Kinder jetzt große Umwege zu einzelnen Stationen des Lehrpfades machen, weil manche Wege unbegehbar sind, und sie kommen deshalb an einzelnen Informationstafeln gar nicht vorbei“, bedauert Noack. Das Querxenland hat eine Patenschaft über den Naturlehrpfad übernommen und schon mehrere Schilder repariert, auf denen die heimische Natur erklärt wird. Thomas Noack bestätigt, dass auch er sieht, dass die Gräben über Jahre hinweg nicht richtig gepflegt worden sind.

Bei der Waldbegehung in Neugersdorf ist auch der Leutersdorfer Wegewart Dietmar Eichhorn dabei gewesen. Seit 41 Jahren hat er diese Funktion inne. Es sei ein großer Vorteil, wenn das jemand über einen langen Zeitraum macht. Die dabei gewonnenen Erfahrungen und Kenntnisse seien viel wert, sagt Eichhorn, der einmal im Jahr zum Treffen der Wegewarte einlädt. „Fehlt ein Wegewart, dann passiert nicht viel mit den Waldwegen“, ergänzt er und bedauert, dass der Neugersdorfer Wegewart die Waldinspektion verpasst hat oder gar nicht eingeladen war.