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Not-OP am Uniklinik-Anschluss

Die Fernwärmeleitung für eines der größten Dresdner Netze war kollabiert. Zum Glück gibt es einen Ersatz.

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© Sven Ellger

Von Peter Hilbert

Frank Döhnert ist froh. „Im kommenden Monat haben wir es geschafft“, sagt der Ingenieur. Dann soll ein besonders drastischer Fall gelöst sein. In der Fernwärme-Betriebsabteilung der Drewag Netz ist er für die Technik zuständig. Und die hatte ihm und seinen Kollegen am Fernwärme-Anschluss der Uniklinik eine böse Überraschung beschert.

Alles beginnt im September vergangenen Jahres. „Aus unserem Fernwärmekanal neben dem Eingang der Uniklinik hat es kräftig gedampft“, berichtet Döhnert. Der Fernwärmeanschluss ist undicht. Also müssen die Leitungen schnell abgestellt werden. Immerhin fließt 125 Grad heißes Wasser mit dem gewaltigen Druck von 17 Bar hindurch. Das Problem: Im gerade mal einen Meter hohen Betonkanal, in dem die Leitung liegt, kann nur mit Spezialtechnik nach der Ursache gesucht werden. Mit der rückt die Spezialtruppe der Drewag-Wasserversorgung an, die genügend Erfahrung mit solchen Fällen hat. Eingesetzt werden zwei Ultraschallköpfe. „Die zeichnen den Schall auf, der an den Stellen entsteht, wo das heiße Wasser austritt“, erklärt Döhnert. Am Computer wird das letztlich genau ausgewertet.

Das Ergebnis ist erschreckend. „Die Leitungen waren völlig kollabiert. So etwas hatten wir in den vergangenen Jahren nie“, so der Betriebsingenieur. Verwunderlich ist das allerdings nicht. Die beiden etwa 60 Jahre alten Stahlleitungen standen bei der Jahrhundertflut 2002 unter Wasser. Doch nicht nur das. Die Dichtungen zwischen den Betonstücken sind undicht. So tropfte jahrelang Wasser aufs Fernwärmerohr. Die Mineralwolle-Isolierung wurde zerfressen, die Rohre rosteten, sodass viele Löcher entstanden.

Versuche der Monteure, die Rohre zu reparieren, scheitern. Der 100 Meter lange Anschluss ist nicht mehr zu retten. Hier hilft nur eine Total-OP. Er muss komplett gewechselt werden. Dafür investiert die Drewag rund 70 000 Euro.

„Das Gute war, dass wir einen zweiten Fernwärme-Anschluss für die Uniklinik haben“, sagt Döhnerts Chef, Abteilungsleiter Bernd Lehmann. „Wenn wir nur diese Verbindung gehabt hätten, hätten wir ein Problem.“ Aber so können die OP-Säle und alle anderen Räume der Uniklinik weiter zuverlässig beheizt werden. Die Drewag setzt beim Netzausbau eben auf Sicherheit.

Seit Monaten arbeiten die Bagger. Nach dem Abbruch heben sie die jeweils einen Meter langen Stücke des Betonkanals ein. Eines davon wiegt immerhin eine Tonne. Eine Seilwinde zieht letztlich die mit dickem Kunststoff isolierten neuen Stahlleitungen ein, die auf Rollen liegen. Die Arbeiten sind weit fortgeschritten. Bald hat die Uniklinik wieder ihre zwei Fernwärme-Anschlüsse. Jetzt wird bereits die Dichtheit geprüft. „Wir haben die ersten Luftdruckproben in einigen Abschnitten durchgeführt“, erläutert Betriebsingenieur Döhnert. Die neuen Leitungen sind rostsicher. Würde jetzt ein Hochwasser wie 2002 kommen, könnte es ihnen nichts mehr anhaben.

„Die Uniklinik muss sich hundertprozentig auf uns verlassen können“, sagt er. Sie sei einer der größten Fernwärmekunden der Drewag. Das kilometerlange System in der Uniklinik hat mit 16 Megawatt deutlich mehr als ein Viertel der Leistung des gesamten Johannstädter Fernwärmenetzes, rechnet Döhnert vor.

Allerdings hat die Drewag in diesem Winter enorme Reserven. Denn es ist bisher so warm wie seit Jahren nicht mehr. Mit einer durchschnittlichen Tagestemperatur von minus einem Grad war es am 18. Dezember am kältesten, erklärt Abteilungsleiter Lehmann. Da erreichten die Kraftwerke ihre bisherige Höchstleistung von 491 Megawatt (MW). Die Drewag-Anlagen haben eine Spitzenleistung von 812 MW. Einen Frostschaden an Leitungen gab es bisher auch nicht. Die Investitionen ins Fernwärmenetz zahlen sich aus. Weit über die Hälfte der Leitungen sind neu und mit dickem Kunststoff isoliert. „Sie sind weitgehend störungsfrei“, so Lehmann. Dieses Jahr kommen zwölf Kilometer neue Fernwärmetrasse hinzu. Im vergangenen Jahr habe es im gesamten Dresdner Fernwärmenetz nur 171 Störungen gegeben. Meistens handelt es sich jedoch nur um kleinere Defekte. „Anfang der 1990er Jahre waren es dreimal so viele Störungen“, blickt der 62-Jährige zurück.