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Nostalgie fürs Fest

Dorfhain wird bald 666 Jahre alt. Die Schnapszahl wird gefeiert – mit Prominenz und allerhand Krempel.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Verena Schulenburg

Dorfhain. Alte Bücher, verstaubtes Porzellan und großzügig umrahmte Gemälde. Auf den Dachböden der Dorfhainer schlummert so manche Rarität. Da ist sich Lothar Mende sicher. Der 65-Jährige ist in Dorfhain geboren, lebt noch heute dort. Er kennt seine Pappenheimer. Schließlich war er ein Vierteljahrhundert selbst Bürgermeister des rund 1 100-Seelen-Ortes.

Vom 1. bis 3. September will auch Lothar Mende Erinnerungen wecken. Anlässlich des 666. Bestehens von Dorfhain organisieren dessen Einwohner seit Monaten alles für das große Fest in der kleinsten Gemeinde des Landkreises. Dann wird auch der alte Trödel rausgeholt. Den ersten Krempelmarkt in Dorfhain organisiert Mende gemeinsam mit Rainer Paschke. Der Dorfhainer betreibt einen Antiquitätenladen in Tharandt und kennt sich mit altem Krempel aus.

„Alles, was sich in 666 Jahren angesammelt hat, ist zum Heimatfest gefragt“, scherzt Lothar Mende. „Ernsthaft“, sagt er, „ich habe selbst gestaunt, was für Antiquitäten im Ort lagern.“ Der Dorfhainer Krempel, erzählt er, wird sich von dem herkömmlichen Trödel abheben. Sogar eigene Intarsien und Drechslerarbeiten von Dorfhainern sollen zum Jubiläum rausgeholt werden. „Mützen und Socken kann doch jeder anbieten“, erzählt Mende schmunzelnd, „wir haben uns mal etwas anderes einfallen lassen.“ Wer glaubt, selbst etwas Nostalgie von seinem Dachboden entbehren und den Besuchern des Festes anbieten zu können, könne sich bei ihm melden, bekräftigt Rainer Paschke.

Was für den Krempelmarkt genau geplant ist, wolle er noch nicht verraten. Lediglich auf eine Besonderheit unter all der Dorfhainer Nostalgie macht er aufmerksam. Ein Marktstand ist für die Kirchgemeinde reserviert. Dort werden die alten Orgelpfeifen stehen. Jahrelang lagerten sie auf dem verstaubten Kirchboden. 1,70 Meter lang ist die größte Orgelpfeife. Anfang September sollen die rund 150 Jahre alten Pfeifen den Besitzer wechseln – nicht ohne Nutzen. Der Erlös aus dem Verkauf der heiligen Instrumententeile soll den neuen Kirchenglocken zugute kommen. Zwei von drei Glocken der Dorfhainer Kirche müssen dringend ersetzt werden, erklärt Lothar Mende. Damit für die anstehende Investition ein gutes Startkapital zusammenkommt, sind vor allem viele Besucher gefragt. „Wir feiern zwar ein Heimatfest, aber dazu sind vor allem Besucher von außerhalb eingeladen“, sagt der gebürtige Dorfhainer. Der Weg lohnt sich.

Neben dem alten Krempel zwischen Bierzelt, Hüpfburg, Seifenkistenrennen und Zuckerwattestand hat sich das Festkomitee ins Zeug gelegt und echte Promis für die Sause mit der Schnapszahl begeistert. Der Kabarettist Uwe Steimle wird sich in Dorfhain vor das Festpublikum stellen. Und auch alle Puhdys-Fans können sich freuen: Dieter Birr, der Sänger der 2016 aufgelösten Band, wird am Tharandter Wald rocken. Es sind nicht die einzigen Promis, die am ersten Wochenende im September in Dorfhain auf der Bühne stehen werden. Das Programm ist bereits gefüllt und verspricht Unterhaltung. Wenn auch die Kasse der Gemeinde knapp ist, Mühen haben die Dorfhainer dafür nicht gescheut. Vor allem haben sie alle Kräfte gebündelt.

Enthusiasmus und Unternehmergeist hatten die Einwohner des kleinen Ortes schon immer. Da ist sich der Altbürgermeister sicher. Dorfhain sei als letzter Ort in der Region besiedelt worden, von nicht mehr erbberechtigten Bauern oder Nachzüglern. Und offenbar hatte man für das Nachzügler-Dorf auch nicht so recht einen Namen parat. Dorfhain ist sozusagen das „namenlose Dorf im Wald“, erzählt Lothar Mende. Ein Name, den es kein zweites Mal gibt. Die „Nachzügler“ betrieben damals in Dorfhain nur wenig landwirtschaftliche Fläche. Dafür habe es recht zeitig findige Handwerker gegeben, wie Schmied oder Stellmacher. Auch der Bergbau war bedeutend. „Die Dorfhainer mussten sich schon immer etwas einfallen lassen, um überleben zu können“, erzählt Lothar Mende.

Dieser unternehmerische Geist und der Zusammenhalt zeichnen die Einwohner in dem kleinen Ort am Tharandter Wald noch heute aus. Das soll auch die Jubiläumssause zeigen. Die Dorfhainer sind eben speziell.

Dorfhainer, die zur 666-Jahrfeier des Ortes alten Krempel anbieten möchten, können sich bei Rainer Paschke unter 0351 4728800 melden.