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Noch Platz im Wilsdruffer Vogelhotel

Feldsperlinge, Blau- und Kohlmeisen haben sich im Trafohäuschen bereits eingenistet. Andere Arten zögern noch.

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© Andreas Weihs

Von Annett Heyse

Wilsdruff. Ein Turmfalke sei mal um das Gebäude herum geflogen. „Und ich habe Hausrotschwänze beobachtet. Die haben sozusagen vorbeigeschaut, sind aber wahrscheinlich nicht geblieben“, erzählt Horst Plettig. Genauer im Blick hat der Hobbyornithologe aus Wilsdruff dafür drei Arten, die in diesem Jahr erstmals seit seiner Eröffnung im Vogelhotel „eingecheckt“ haben: Feldsperlinge, Blaumeisen und Kohlmeisen. Das sei doch ein schöner Anfang, meint Plettig.

Das Vogelhotel ist ein ehemaliges Trafohäuschen. Es steht hinter dem Areal des Wilsdruffer Bahnhofs auf einer kleinen Anhöhe. Jahrelang verfiel es ungenutzt. Zuletzt bröckelte der Putz von der Fassade, Fenster und Tür waren mit Stahlblechen gesichert, die bedenklich rosteten. Eine Bekannte von Rentner Horst Plettig, die seit Jahren schon dem Naturschutzbund Deutschland (NABU) Geld spendet, kam beim Durchblättern von Informationsmaterial auf die Idee, im Trafohäuschen einen sogenannten Artenschutzturm einzurichten. Das sind meist ehemalige, turmähnliche Bauwerke, die mit Nistkästchen und Einschlupflöchern ausgestattet werden. Vögeln, Fledermäusen und sogar Insekten bietet sich so ein Unterschlupf. Über Deutschland verteilt gibt es bereits etliche solcher Artenschutztürme.

Warten auf die Fledermaus

Horst Plettig trug die Idee weiter zu einem Wilsdruffer Stadtrat, der wiederum bei der Stadtverwaltung vorsprach. Mit Geld aus dem naturschutzrechtlichen Ausgleichsfonds – insgesamt rund 13 000 Euro – wurde die Idee im Frühjahr 2015 umgesetzt. Die Fassade wurde saniert, das Dach ersetzt, allerlei verschiedene Nistkästen in unterschiedlichen Höhen angebracht. Löcher im Dachkasten sollen als Einschlupf für Fledermäuse dienen. Als alles fertig war, war es bereits Frühsommer und fürs Brutgeschäft zu spät. 2015 kam kein Vogelpärchen mehr zum Brüten ins Trafohaus.

Dieses Jahr nun verläuft erfolgsversprechender, wie Horst Plettig berichten kann. „Ich denke, dass sich in den kommenden Jahren auch noch mehr Arten niederlassen werden, Mehlschwalben und Mauersegler beispielsweise, vielleicht auch Turmfalken.“ Das Angebot müsse von den Tieren eben erst einmal entdeckt werden. Zielgruppe sind Höhlenbrüter, also Vogelarten, die sich keine Nester auf Bäumen oder am Boden bauen, sondern auf Hohlräume angewiesen sind. Das können ausgehöhlte Baumstämme sein, Löcher in Felswänden oder auch Brutstätten in Gebäuden. Letztere werden immer seltener, je mehr Häuser, Scheunen und Kirchen saniert werden. Zudem sind Gebäude heute besser abgedichtet als noch vor Jahren. Ein Vogelhotel ist da die Alternative und gerade ehemalige Trafohäuschen haben einen unschlagbaren Vorteil: Sie sind hoch genug und für kleine Räuber wie Marder, Waschbären oder Katzen schwer zu erklimmen.

Wilsdruffs Ornithologen macht derzeit ohnehin etwas anderes Sorgen: der Weißstorch vom Lokschuppen-Schornstein. Seit 2011 nistet dort jedes Jahr ein Brutpaar. Doch die beiden hatten bisher kaum Kinderglück. Nur in der Saison 2014 gelang es ihnen, ein Junges großzuziehen. In den anderen Jahren warfen die Eltern ihren Nachwuchs aus dem Nest oder die Tiere starben nach Wetterkapriolen. Auch dieses Jahr ist den Störchen kein Erfolg beschieden. „Es sind zwar Eierschalen gefunden worden“, sagt Horst Plettig. Angeblich hätten einige Wilsdruffer auch beobachtet, dass ein Köpfchen über den Rand des Horstes schaue. „Aber eigentlich müsste man Mitte Juli deutlich erkennen, ob ein oder mehrere Jungen im Nest sitzen“, zweifelt der Hobbyornithologe. In der Stadtverwaltung bestätigt man den Verdacht. Kürzlich habe die Feuerwehr einen Blick ins Nest riskiert: Es war leer. Woran es liege, dass die Wilsdruffer Störche so ein Pech beim Brüten haben? Hobbyornithologe Plettig kann nur mutmaßen: „Unsere Umgebung ist nicht ideal für Störche. Zu viele Felder, zu wenig Wiesen und Sümpfe – vielleicht findet der Storch nicht genug Nahrung.“