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Nitrat-Werte umstritten

Riesas Wasserversorgung gibt jetzt Auskunft darüber, wie belastet das Trinkwasser in der Stadt ist.

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© Sebastian Schultz

Von Christoph Scharf

Riesa. Wie gesund ist das Riesaer Trinkwasser? Diese Frage ist wieder aktuell, seitdem Zahlen des Landesamts für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie veröffentlicht wurden (SZ berichtete). Demnach ist das Grundwasser im Norden des Landkreises besonders stark mit Nitrat belastet. So wurden in Riesa 180 Milligramm pro Liter gemessen, in Großenhain und Lommatzsch je 170, auch in Zabeltitz und Wülknitz deutlich über 100 Milligramm pro Liter Wasser gemessen. Zum Vergleich: Die EU-Grundwasserrichtlinie sieht einen Höchstwert von nur 50 Milligramm pro Liter vor. Beim Trinkwasser ist dieser Wert sogar per Verordnung vorgeschrieben.

Am Riesaer Wasserwerk sind ausgediente Leitungen ausgestellt
Am Riesaer Wasserwerk sind ausgediente Leitungen ausgestellt © Sebastian Schultz

Die Unterscheidung von Grundwasser und Trinkwasser sorgt allerdings immer wieder für Verwirrung, zuletzt bei der Riesaer Stadtratssitzung am Mittwoch. Dort wunderte sich CDU-Fraktionsvorsitzender Helmut Jähnel, warum die Wasserversorgung Riesa/Großenhain eine Anfrage der SZ zum Thema unbeantwortet gelassen hatte. Deren Geschäftsführer Heiko Bollmann hat eine simple Erklärung: Die E-Mail mit der Anfrage sei versehentlich im Spam-Ordner gelandet und dort zu spät bemerkt worden. Gleichzeitig habe man aber nichts zu verbergen, teilte Bollmann jetzt auf Anfrage den Stadträten mit.

So habe der durchschnittliche Nitratwert im Wasserwerk Riesa vergangenes Jahr bei lediglich 13,5 Milligramm pro Lieter gelegen – also bei nicht mal einem Drittel des Grenzwerts. Der Wert sinke zudem seit sechs Jahren stetig. 2011 ging er einmal sogar stark zurück, weil damals die Rohwassergewinnung auf eine elbnahe Brunnenfassung umgestellt wurde, während gleichzeitig die Brunnenfassung in den Poppitzer Wiesen außer Betrieb ging.

Weil die Riesaer Einwohner und die Industrie täglich mehr Trinkwasser verbrauchen, als im Wasserwerk Riesa aufbereitet werden kann, stammt ein Teil des Wassers in der Stadt auch aus dem Wasserwerk Fichtenberg, das gleich hinter der brandenburgischen Landesgrenze liegt. Wenn etwa durch Hochwasser das Wasserwerk Riesa außer Betrieb geht, kommt das Trinkwasser sogar ausschließlich aus Fichtenberg.

Und dort ist der Nitratgehalt im Wasser deutlich höher. „Das Wasserwerk Fichtenberg liegt im Vergleich zum Wasserwerk Riesa in einer durch landwirtschaftliche Nutzung stärker geprägten Landschaft“, sagt Heiko Bollmann. So fanden sich dort vergangenes Jahr im Schnitt 32,2 Milligramm Nitrat in einem Liter Trinkwasser. Seit acht Jahren würde die Nitratbelastung zudem leicht ansteigen.

Ausgleichszahlungen an Landwirte

Seit der letzten Umstrukturierung 2002 mit der Inbetriebnahme der Brunnenfassung Jacobsthal liege der Nitrat-Mittelwert durchgängig im Bereich oberhalb von 30 Milligramm. 2016 wurde eine neue Brunnenfassung im Paußnitzer Elbbogen fertiggestellt. Dafür lägen noch keine langfristigen Werte vor. „Aktuelle Messdaten ergeben jedoch einen Bereich wie in der Brunnenfassung Jacobsthal.“ Bislang unternehme man bei der Wasserversorgung Riesa/Großenhain noch keine Aktivitäten, um Nitrat aus dem Trinkwasser zu entfernen. „Die aktuellen Analysewerte geben hierzu keinen Anlass“, sagt Heiko Bollmann.

Künftig müsse man die Agrarbetriebe zunehmend sensibilisieren, auf den Schutz des Trinkwassers Rücksitz zu nehmen. Schon seit 1998 aber habe man im Einzugsbereich des Trinkwassers Vereinbarungen mit den Agrargenossenschaften, die unter anderem eine geringere Zufuhr an Mineraldünger oder Gülle vorsehen. „Für die daraus resultierenden Mindererträge der Landwirte werden jährlich Ausgleichszahlungen durch die Wasserversorgung geleistet, allein im letzten Geschäftsjahr 2016 in Höhe von 167 000 Euro“, sagt Bollmann.

Stadtrat Manfred Kuge von der SPD-Fraktion bezeichnet es als „Schweinerei“, dass die Landwirtschaft so extensiv Dünger auf die Felder gibt und am Ende die Allgemeinheit dafür zahlt. Dirk Haubold (Freie Wähler) will sich von der Stadtverwaltung zuarbeiten lassen, welche Flächen Riesa zur landwirtschaftlichen Nutzung verpachtet hat – und wie ökologisch diese bewirtschaftet werden. (mit SZ/stl)